Wenn ein Beitrag mit »Sturmgewehr und Handgranaten – Menschen abknallen als Feierabendspaß!« beginnt, kann man hierzulande mittlerweile gewiss sein, dass a.) die ARD dahinter steckt und b.) mal wieder aus allen Computer- und Videospielern mordlüsterne Serienkiller gemacht werden, die ihre kranken Phantasien nicht mehr nur in »Killerspielen«, sondern vermutlich auch abends im Park mit Raketenwerfern bewaffnet ausleben. Gestern abend um 21.45 Uhr demonstrierte Panorama mit Nachdruck, dass die GEZ-Gebühren in objektives und sachliches Fernsehen mit Bildungsauftrag investiert werden: Da wurde aus GTA San Andreas‘ »Hot Coffee«-Mod ein Spiel mit einem Credo, das man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: »Wer hier möglichst viele Frauen vergewaltigt, gewinnt!« – begleitet von Nirvanas »Rape me«. Da ist bei Call of Duty »das Ziel, möglichst viele Menschen zu töten – je blutiger, desto besser« – übrigens dasselbe Spiel, das man mit einfachen Modifikationen, die »jeder machen kann« mit Hakenkreuz und SS-Runen »problemlos« in ein echtes Nazi-Spiel »auffrisieren« kann. Klar, macht jeder. Es spielen ja auch »Familienväter, Schüler, Nazis«.
Argh!
Dass der Panorama-Beitrag den Händen von Fachfremden und offensichtlich leider auch -hassern entstammt, war nicht schwer zu erkennen: Da wurde von Ego-Shootern geredet, und es wurden 3rd Person-Szenen gezeigt. Da ging es um »hinrichten, quälen, morden« – als ob sich ausnahmslos jedes Spiel ausschließlich um dieses Thema dreht. »Das aktive virtuelle Ermorden und das makabre Spielziel, möglichst viele Menschen zu töten, reichen nicht für ein Verbot« wird da beklagt. Dazu das übliche Argument gegen Paragraph 131 StGB, dass man nicht nur passiv zusehe, »wie ein Mensch mit einer Kettensäge zerstückelt wird wie bei einem Video, sondern ich bin derjenige, der mit Gewalt gegen eine andere Person tätig wird« – das, so die Aussage eines Mitarbeiters des Landeskriminalamts Bayern, sei »das eigentlich Entscheidende«, dem der Paragraph 131 »nicht gerecht« wird. Uwe Schünemann, Ministerpräsident von Niedersachsen, berichtet von einer Spielanleitung, die dazu auffordert »erstmal jemanden zu quälen, und dann kriegt man mehr Punkte, bevor man ihm mit der Kettensäge den Kopf absägt«. Und natürlich Günther Beckstein, der seine übliche Rede abspulte, die mit »Mit dem heutigen Gesetz kommen wir nicht aus« begann – den Rest kann man sich vermutlich denken.
Argh!
Aber es kamen ja auch Pro-Gaming-Stimmen zu Wort: Der schielende Sohn, der »so viel Blut« für einen »guten Nebeneffekt« hält, der das Spiel, das »auf dem Computer fast schon wie in echt« aussieht »mehr spaßiger« (sic!) macht. Und die Bundesjustizministerin Brigitta Zypries, die sich »beharrlich sträubt« und »ungehört an die Wirksamkeit ihres Paragraphen glaubt«, durfte in einem auf das Mindeste zusammengestückelten Beitrag fragen, was ein ausgeweiteter Paragraph 131 »besser machen will, als das, was im Moment im Strafgesetzbuch steht.«
Wer den Beitrag verpasst hat, kann ihn hier gerne nachholen. Übrigens: Bei einer Umfrage auf der ARD-Website zum Thema »Sollten die so genannten Killerspiele generell verboten werden?« stimmte ein überwältigend großer Part der Teilnehmer (gegenwärtig 99,56%) mit »Nein«. Das wurde in dem Beitrag überraschenderweise nicht erwähnt.
Insgesamt also eine logische Fortsetzung dessen, was mit Bernd Graffs Beitrag in der SZ und dem berüchtigten Frontal 21-Beitrag seinen unheiligen Anfang nahm. Nur von Kinderpornographie war nichts zu hören, was mich ehrlich gesagt verwundert hat. Würde eine derart die reale Welt verachtende Hetze in jeder beliebigen anderen Branche die Runde machen, die ARD könnte sich vor Klagen und Aufforderungen zur Gegendarstellung kaum retten. Und was passiert in der deutschen Gaming-Welt? Unmutsbekundungen und Kommentare wie dieser hier, ein kurzer Aufschrei, eine verpuffende Wolke ohne nachhaltige Wirkung. Wo bleibt der gülden glänzende Ritter, der zur Abwechslung mal die Interessen der Gamer vertritt?
Argh!
Paul Kautz
Redakteur
Der 4P-Kommentar: Killer sein und Spaß dabei
Killer sein und Spaß dabei
ich bin auch nicht immer moralisch mit dem einverstanden, was in spielen gezeigt wird.
das mit den gefangenen bei medieval 2 stößt mir auch unangenehm auf. wenn ich ein general wäre, würde ich nie gefangene machen, das wäre unehrenhaft. genauso wenig würde ich meine leute vom schlachtfeld flüchten lassen. das fand ich schon bei shogun - total war ziemlich desillusionierend.
aber was soll ich mich darüber beschweren? spiele müssen nunmal so sein. wie max_headroom auch schon sagt, müssen spiele uns etwas bieten, was wir in der realität nie erleben werden.
wer von uns wird oder will schon einen echten krieg erleben? sicherlich macht ein krieg immer spaß und ist sehr faszinierend, nur hat man in der realität eben den nachteil des menschlichen verlustes. wenn das aber nicht mehr vorkommt ist krieg doch eigentlich garnix schlimmes.
@Help:
Es ist Krieg. KRIEG. Da stehen fliehende bzw. ergebene und bewaffnete Truppen die den Spieler an die Gurgel wollten, keine Omas und Bordsteinschwalben, die einfach nur mal auf dem Bürgersteig rumlaufen und "zufällig" in der Schusslinie landen. Ich schätze, in Medievil 2 haben dich die Gegner vorher mit Waffen attackiert. Meine Aussage bezog sich auf die Aktionen in Grand Theft Auto III, nicht auf Medieval oder C&C:Generals, wo ebenfalls eine (weitaus unmoralischere) "Schlachtsequenz" vom Spieler erwartet wurde. Ja, das herausschneiden dieser C&C-Sequenz ist in meinen Augen hart, aber aufgrund der hier herrschenden Gesetze leider unumgänglich. Doch das Spiel bietet nur in einem (1) Level eine solche Aktion. In allen anderen Levels und allen anderen Fraktionen sind generell nur Kämpfe gegen die Soldaten der gegnerischen Armee vorhanden - ausgenommen der "Mob" der GLA-Truppen, aber das ist ein anderes ThemaDas heisst also, das das eigentliche Ziel des Spieles (in diesem Falle C&C:Generals) die Vernichtung der gegnerischen ARMEE darstellt, nicht die Vernichtung aller möglichen Bewohner des Dorfes oder der Großstadt. Man wird mit dem Levelende belohnt, wenn man die Basis des Gegners "platt macht", und bekommt keinen Punktebonus, wenn das Krankenhaus per Flammenwerfer "geröstet" wird. Ergo... Belohnung durch "unmoralische Taten" beschränken sich auf ein absolutes Minimum.
Zu GTA 3 war ja schon alles gesagt... von alleine und ohne Grund Fußgänger mit dem Raketenwerfer in handliche...
...hat einen weiterreichenden Hintergrund, wie diesem Artikel hier zu entnehmen ist:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24745/1.html
Es geht (mal wieder) um Geld, Lobbyisten und die unheilige Allianz aus sog. "freier" Wirtschaft, Journalisten und Politikern.
Greets
Mann, Mann, Mann
Als PC Gamer wird man im TV nur noch als mordende und vergewaltigende Bestie dargestellt, als Leute die niemand mag und die auch niemand mögen sollte.
Alle werden in eine Schublade gesteckt.
Als Beispiel: Kürzlich schrieben einige Leser einer PC Zeitschrift einen Brief an ARD wo sie eine Richtigstellung verlangten dass sie keine Amokläufer seien.Dies wurde mir der Antwort quittiert dass die Verfasser dieses Schreibens sich als "Statistische Ausreißer" bezeichnen können.
Das ist eine richtige Unverschämtheit....
Mfg