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Verstöße gegen die EU-Wettbewerbsregeln: Europäische Kommission untersucht geografische Sperren für PC-Spiele

Verstöße gegen EU-Wettbewerbsregeln: Europäische Kommission untersucht Geoblocking auf PC

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Aktualisierung vom 07. April 2019, 11:39 Uhr:

Valve Software hat sich zur laufenden Untersuchung der Europäischen Kommission (siehe unten) zu Wort gemeldet. Der Betreiber der digitalen Vertriebsplattform Steam erklärt, weshalb Regionssperren (Geoblocking/Geolocking) eingesetzt werden bzw. wurden und meinte, dass sie dieses Verfahren seit mehreren Jahren ohnehin zurückfahren würden. Außerdem würde der Einsatz in Zusammenhang mit der lokalen Gesetzgebung und den Vorgaben/Wünschen der Vertriebspartner stehen. Sie würden nur Keys und die Plattform zur Verfügung stellen.

Auszüge aus der Stellungnahme: „Die Ausführungen der Europäischen Kommission [EK] beziehen sich jedoch nicht auf den Verkauf von PC-Spielen über Steam – Valve’s PC-Gaming-Service. Stattdessen behauptet die EK, dass Valve die Geoblockierung ermöglicht habe, indem es Steam-Aktivierungsschlüssel zur Verfügung gestellt und – auf Wunsch des Publishers – diese Schlüssel für bestimmte Gebiete („Region Locks“) innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums gesperrt habe. Solche Schlüssel ermöglichen es einem Kunden, ein Spiel auf Steam zu aktivieren und zu spielen, wenn der Benutzer es bei einem Drittanbieter erworben hat. Valve stellt Steam-Aktivierungsschlüssel kostenlos zur Verfügung und erhält keinen Anteil am Kaufpreis, wenn ein Spiel von Drittanbietern (z.B. einem Einzelhändler oder einem anderen Online-Shop) verkauft wird.“

„Die Regionssperren gelten nur für eine kleine Anzahl von Spieltiteln. Etwa nur 3% aller Spiele, die Steam verwenden (und keines der eigenen Spiele von Valve), waren damals Gegenstand der umstrittenen Regionssperren im Europäischen Wirtschaftsraum [EWR]. Valve ist der Ansicht, dass die Ausweitung der Haftung der Europäischen Kommission auf einen Plattformanbieter unter diesen Umständen nicht durch geltendes Recht untermauert wird. Aufgrund der Bedenken der EK hat Valve jedoch ab 2015 die Regionssperren innerhalb des EWR abgeschaltet, es sei denn, diese waren aufgrund lokaler gesetzlicher Anforderungen (z.B. deutscher Gesetzesvorgaben für Inhalte) oder geografischer Grenzen, in denen der Steam-Partner zur Verbreitung eines Spiels berechtigt ist, erforderlich. Die Beseitigung der Regionalsperren wird auch bedeuten, dass die Publisher wahrscheinlich die Preise in weniger wohlhabenden Regionen erhöhen werden, um Preisarbitrage [die Ausnutzung der Preisunterschiede] zu vermeiden. Es entstehen keine Kosten für den Versand von Aktivierungsschlüsseln von einem Land in ein anderes und der Aktivierungsschlüssel ist alles, was ein Benutzer benötigt, um ein PC-Spiel zu aktivieren und zu spielen.“

Ursprüngliche Meldung vom 05. April 2019, 14:20 Uhr:



Die Europäische Kommission hat Valve Software (Vertriebsplattform Steam) und fünf Videospielverleger (Bandai Namco, Capcom, Focus Home, Koch Media und ZeniMax) über ihre vorläufige Auffassung unterrichtet, dass die Unternehmen gegen die EU-Wettbewerbsregeln verstoßen und Verbraucher daran gehindert haben sollen, PC-Spiele grenzüberschreitend in anderen Mitgliedstaaten zu erwerben. Nach der vorläufigen Ansicht der Kommission haben Valve und die fünf Publisher bilaterale Absprachen getroffen, um Verbraucher daran zu hindern, PC-Videospiele, die nicht in ihrem Wohnsitzland erworben wurden, zu nutzen (sogenanntes Geoblocking). Dies verstößt gegen die kartellrechtlichen Vorschriften der EU.

Kommissarin Margrethe Vestager, zuständig für Wettbewerbspolitik, erklärte: „In einem echten digitalen Binnenmarkt sollten die europäischen Verbraucher das Recht haben, Videospiele ihrer Wahl unabhängig davon, wo in der EU sie wohnen, zu kaufen und zu spielen. Sie sollten nicht daran gehindert werden, in dem Mitgliedstaat zu kaufen, in dem sie das günstigste Angebot finden. Valve und die fünf Videospielverleger haben nun Gelegenheit, auf unsere Bedenken zu antworten.“

Die Kommission ist insbesondere über Folgendes besorgt:

  • „Valve und die fünf Verleger von PC-Videospielen vereinbarten unter Verstoß gegen die EU-Wettbewerbsregeln, grenzüberschreitende Verkäufe durch Einsatz von Produktschlüsseln mit geografischen Sperren zu verhindern, auch als Antwort auf unaufgeforderte Bestellungen (sogenannte passive Käufe) von PC-Videospielen aus verschiedenen Mitgliedstaaten (nämlich Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei und in einigen Fällen Rumänien). Dadurch wurden Verbraucher möglicherweise daran gehindert, Spiele in anderen Mitgliedstaaten zu günstigeren Preisen zu erwerben.“
  • „Bandai Namco, Focus Home, Koch Media und ZeniMax verstießen gegen EU-Wettbewerbsregeln, indem sie Vertragsbestimmungen zur Beschränkung von Ausfuhren in ihre Vereinbarungen mit einer Reihe von Vertriebsunternehmen außer Valve aufgenommen haben. Den Vertriebsunternehmen war es nicht gestattet, die betreffenden PC-Videospiele außerhalb der zugewiesenen Gebiete, die einen oder mehrere Mitgliedstaaten umfassen konnten, zu verkaufen. Die Verbraucher wurden durch diese Praktiken möglicherweise daran gehindert, Videospiele, die von diesen Vertriebsunternehmen entweder auf physischen Medien wie DVDs oder als Downloads angeboten wurden, zu kaufen und zu spielen.“

„Nach der in den Mitteilungen der Beschwerdepunkte dargelegten vorläufigen Auffassung der Kommission haben diese Unternehmen ihre nationalen Märkte abgeschottet und passive Käufe der Verbraucher beschränkt. Durch diese Geschäftspraktiken wurde den europäischen Verbrauchern letztlich ein Vorzug des digitalen Binnenmarkts der EU, nämlich die Möglichkeit, grenzüberschreitend das attraktivste Angebot zu wählen, verwehrt. Sollte sich dies bestätigen, läge ein Verstoß gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vor, der wettbewerbswidrige Vereinbarungen verbietet. Mit der Übermittlung der Mitteilung der Beschwerdepunkte wird dem Ausgang der Untersuchung nicht vorgegriffen“

, heißt es weiter.

Über die Geoblocking-Verordnung heißt es weiter: „Die Untersuchungen zum Geoblocking von PC-Videospielen ergänzen die Verordnung 2018/302 über ungerechtfertigtes Geoblocking, die seit dem 3. Dezember 2018 in der gesamten EU gilt. Die Verordnung verbietet Geoblocking und sonstige geografische Beschränkungen, die das Online-Shopping und grenzüberschreitende Verkäufe erschweren, indem sie die Möglichkeiten von Verbrauchern und Unternehmen, die Vorteile des Online-Handels zu nutzen, beschneiden. Die Verordnung gilt derzeit für PC-Videospiele, die auf CDs oder DVDs vertrieben werden, aber nicht für Downloads. Die Kommission wird bis zum 23. März 2020 eine erste Bewertung der Verordnung vornehmen. Sie wird dabei vor allem den Geltungsbereich der Verordnung und auch ihre mögliche Anwendung auf bestimmte elektronisch erbrachte Dienstleistungen, die urheberrechtlich geschützte Inhalte wie Musik, E-Books, Software und Onlinespiele anbieten, sowie auf Dienstleistungen in Bereichen wie Verkehr und audiovisuelle Dienste bewerten.“

Das aktuelle Verfahren wird folgendermaßen skizziert: „Die Kommission eröffnete am 2. Februar 2017 ein förmliches Kartellverfahren über die bilateralen Vereinbarungen zwischen der Valve Corporation und den fünf Verlegern von PC-Videospielen. Dabei handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren, das zwar unabhängig von der wettbewerbsrechtlichen Sektoruntersuchung zum elektronischen Handel ist, jedoch eine Folgemaßnahmen zu einigen der darin aufgezeigten Probleme darstellt. Eine Mitteilung von Beschwerdepunkten ist ein förmlicher Schritt bei Untersuchungen der Kommission zu mutmaßlichen Verstößen gegen die Kartellvorschriften der EU. Die Kommission unterrichtet die Parteien schriftlich über die gegen sie vorgebrachten Beschwerden. Die Parteien können daraufhin die Untersuchungsakte der Kommission einsehen, schriftlich Stellung nehmen und eine mündliche Anhörung beantragen, um Vertretern der Kommission und der nationalen Wettbewerbsbehörden ihren Standpunkt darzulegen. Wenn die Kommission, nachdem die Parteien ihre Verteidigungsrechte wahrgenommen haben, zu dem Schluss kommt, dass ausreichende Beweise für einen Verstoß vorliegen, kann sie einen Beschluss erlassen, mit dem sie das Verhalten untersagt und gegen die betreffenden Unternehmen eine Geldbuße von bis zu 10 % ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängt.“

  1. NewRaven hat geschrieben: 05.04.2019 16:05
    greenelve hat geschrieben: 05.04.2019 15:35
    PanzerGrenadiere hat geschrieben: 05.04.2019 15:33 Hieß es nicht mal, dass steam einem den account sperren kann, wenn man vpn benutzt?
    Möglich. Aber was ist mit VPN den Key im Netz kaufen und dann bei Steam aktivieren?
    Exakt, es ist in den Nutzungsbedingungen explizit verboten.
    Das Kaufen des Keys ist auch ohne VPN meist kein Problem. Das Aktivieren ohne VPN ist das Problem. Es wird bei vielen Titeln schlicht nicht funktionieren - siehe Sleeping Dogs Definite Edition.
    Das ist das Schöne daran, wenn man beruflich regelmäßig im europäischen Ausland unterwegs ist: Man kauft den Key, wenn er im Angebot ist im entsprechenden Keystore. Dann wartet man auf die nächste Dienstreise und aktiviert Abends im Hotel den Key bei Steam.

  2. Wenn man bedenkt, wie groß die Bibliothek von Steam ist, dann sind 3% echt nicht wenig...

    ...der Aktivierungsschlüssel ist alles, was ein Benutzer benötigt, um ein PC-Spiel zu aktivieren und zu spielen...
    Außer, man lebt in Deutschland, dann braucht man manchmal zusätzlich VPN :biggrin:

  3. Todesglubsch hat geschrieben: 05.04.2019 15:14 Hm. Square ist nicht darunter. Keine Liebe für Sleeping Dogs.
    Das Problem dürfte sein, dass SD in der Neuauflage ja immernoch indiziert ist und laut SE eine Veröffentlichung so mit generell gegen hier geltendes Recht verstößt.
    Da das Spiel auf Listenteil B der Liste der jugendgefährdenden Medien geführt wird, ist es Square Enix verboten, dass Spiel in irgendeiner Form zu verbreiten - außerdem sind wir verpflichtet, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung und den Import nach Deutschland zu unterbinden.
    Quelle
    Das ist natürlich Unsinn (und nicht einmal inhaltlich richtig, SD steht mittlerweile im Listenteil A), interessiert SE aber nicht, folglich dessen würden sie das trotzdem weiter blocken, denn es geht nicht darum, dass der User hier einen Vorteil hätte, wenn er in einem Nachbarland kaufen könnte, sondern um die Einhaltung des Gesetzes... oder zumindest dessen, was SE so fehlinterpretiert. Dieser EU-Vorstoß wird an den Regeln, was Indziert ist und wie es verfügbar- b.z.w. nicht verfügbar ist, nichts ändern. Hier geht es letztlich einfach darum, dass Kunden etwas, dass sie eh kaufen können auch legal und ohne künstliche Hürden auch in einem anderen EU-Land kaufen können sollten, nicht darum, Kunden zu ermöglichen, Dinge zu kaufen, die sie sonst hier nicht kaufen könnten. Und obwohl Ersteres sicher nett ist, hätte ich auch lieber Letzteres - also nein, keine Liebe für Sleeping Dogs - aber die hätte es in dem Kontext auch nicht gegeben, wenn SE darunter gewesen wäre. Auf eine Lösung des "Indizierungsproblems" werden wir wohl ewig warten, weil auch Steam selbst ja offenbar 0 Interesse dran hat, endlich ein rechtssicheres Alterverifikationssystem zu implementieren, womit das ganze Problem weitgehend vom Tisch wäre (naja, außer für SE, deren Rechtsabteilung da irgendwie ein paar Dinge nicht verstanden hat...).
    greenelve hat geschrieben: 05.04.2019 15:35
    PanzerGrenadiere hat geschrieben: 05.04.2019...

  4. greenelve hat geschrieben: 05.04.2019 15:35
    PanzerGrenadiere hat geschrieben: 05.04.2019 15:33 Hieß es nicht mal, dass steam einem den account sperren kann, wenn man vpn benutzt?
    Möglich. Aber was ist mit VPN den Key im Netz kaufen und dann bei Steam aktivieren?
    laut absatz zur geoblocking verordnung in der news sollten keys nicht betroffen sein. da geht es, soweit ich das jetzt verstanden habe, ums online shoppen von physischen datenträgern.

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