Die 90er-Jahre waren das Jahrzehnt, in dem das Mesozoikum zurück in unsere Gegenwart katapultiert wurde. Die Dino-Thriller rund um einen überambitionierten Milliardär, der auf einer Insel vor Costa Rica einen zoologischen Garten hochzieht, um dort prähistorische Schreckensechsen auszustellen, faszinierten als Jurassic Park und Fortsetzung Millionen Kinozuschauer*innen und Leser*innen weltweit.
Beim Ausklingen der 90er, im Jahr 1999, schleuderte plötzlich eine japanische Videospielfirma einen Titel auf den Markt, die sich im Bereich Survival Horror bis dato eher mit stinkigen Zombies in noch stinkigeren Herrenhäusern profiliert hatte. Capcom goss den Hype um T-Rex, Raptoren und anderen vorzeitlichen Paradiesvögeln endlich in einen Action-Thriller zum Mitspielen: Dino Crisis. Damit polterte die Dino-Hatz erst richtig los!
Dino Crisis: Wie Resident Evil, nur ohne Albert Wesker (und Zombies)
Der Erfolg von Dino Crisis mündete bereits 2000 in Dino Crisis 2 (gut) und Dino Crisis 3 (dem Vernehmen nach fürchterlich). Seither liegt die Saurier-Reihe, abgesehen vom Seitenableger Dino Stalker, brach – fühlt sich an wie ausgestorben. Eine verpasste Chance, denn in den alten Knochen steckt noch Marken-Potenzial. Und auch die Fans wollen laut einer Umfrage nur eins: Regina im Lederdress und ledrige Saurier. Daher lautet mein plakatives, nichtsdestotrotz liebevoll gemeintes Motto: „Capcom, du Feigling-saurus!“
Um eure DNA aufzufrischen: So wuchtig kündigt sich damals das Dreiergespann Regina, Gail und Rick an – und natürlich die Dinos.
Sprung in die Gegenwart – und auch ein bisschen in die Vergangenheit: Als Resident Evil 2 und 3 die Gaming-Welt zum Zittern brachten, ballerte ich mich als Space Marine durch Aliens versus Predator von Rebellion Software – und war bitterlich enttäuscht, weil mein Goldstandard Half-Life war.
Gleichviel. Im Oktober 2022 habe auch endlich ich mit Jill Valentine und Claire Redfield den waffenstarrenden Kampf gegen Umbrella aufgenommen – und war hellauf begeistert. Sicher: Meine Perspektive auf die Neuauflagen ist nicht eingetrübt durch nostalgischen Kitt. Ich habe die Remakes zu Resident Evil 2 und 3 verspeist, als wären es frisch gepflückte Zombie -Leichen (die natürlich am Zombie-Baum wachsen).
Seither frage ich mich: Wieso will es Capcom nicht gelingen, das Erfolgsrezept seiner RE-Remakes auf Regina und ihre Dino-Hatz zu übertragen? Überhaupt: Jedes Mal, wenn Capcom nur einen Compsognathus-Pups macht, der hartnäckig nach Dr. Ellie Sattler riecht, dreht das Internet am Rad – so auch geschehen auf Twitter, als die Japaner*innen das 25-jährige Jubiläum der Dino-Reihe mit einem simplen Post der ikonischen Raptoren-Mittelzehe würdigten. Ziemlich zügig versammelten sich tausende Kommentare und mittlerweile über 26.000 Herz-Emojis darunter, die eins einforderten: Dino Crisis gehört wiedergeboren!
Auferstehung der Saurier dank RE-Engine?
Die Fachpresse blies in ein ähnliches Horn, von E wie Eurogamer bis T wie The Gamer. Gerade Resident Evil 7 hat doch eindrucksvoll bewiesen, wie eine altehrwürdige Grusel-Reihe richtig in Frischhaltefolie gewickelt wird. Und vom Horrorfilm The Texas Chain Saw Massacre von Regisseur Tobe Hooper als Inspirationsquelle schöpft.
Nur ein Serienteil davor das Kontrastprogramm: Resident Evil 6 war ein wirklich gruseliges Spiel – aber leider aus den falschen Gründen. Klar, ich fand’s spaßig, Teil 6 zusammen im Coop-Modus mit Freunden zu spielen, doch als herausragendstes Alleinstellungsmerkmal von Resi 6 ist mir heute der Gameplay-Gag geblieben, dass man über am Boden liegende Leichen stolpern kann. Und neben Resident Evil 5 gelegt, mit dem ich in puncto Coop nur heißeste (ergo: gute) Erinnerungen verbinde, stinkt Zombie-Odyssee Part 6 ab.
Und wie gesagt Resident Evil 7 erst. Ich werde davon Abstand nehmen aufzurollen, wieso Biohazard 7 die Reihe wieder auf ein sicheres Gleis geschubst hat, aber die Ego-Perspektive und ein Setting inspiriert vom klassischen Horrorfilm The Texas Chain Saw Massacre von Regisseur Tobe Hooper haben garantiert nicht geschadet.
Weiterer Erfolgsfaktor, wenn ihr mich fragt: die RE Engine. Die kam bei Resi 7 erstmals zum Einsatz und hat sich bis zu diesem Tage bei unzähligen Veröffentlichungen aus dem Hause Capcom bewährt – Devil May Cry 5, Monster Hunter Rise, Street Fighter 6, Dragon’s Dogma 2 und mehr. Wenn Capcom seit dem jetzt zehnjährigen Bestehen des Grafikgerüsts sein sollte, dann versiert darin, mit RE Engine blickschöne Spielewelten zu bauen. Wieso nicht auch eine Regina, die auf mysteriösen Inseln dubiose Dr. Edward Kirks aufgabelt – und im Vorbeigehen Raptoren ungestüm in düstere Korridore schubst?
Auch einer der reichweitenstärksten YouTuber zu Jurassic Park hat sich schon vor einem Jahr zugunsten eines neuen Dino Crisis ausgesprochen.
„Das Leben findet einen Weg“ – und Dino Crisis auch?
Heißt es also bald, in Anlehnung an das geglückte Requel Jurassic World: „Willkommen in der Dino Crisis?“ Weiß ich nicht, denn weder habe ich Glaskugel noch Dritte-Energie-Generator im Kleiderschrank versteckt. Was ich mit Gewissheit sagen kann, ist, dass die originale Pappverpackung von Dino Crisis eine der wenigen ist, mit der ich bis heute meine Wohnstube dekoriere. Prähistorischer Wille zur Innenausstattung muss sein.
Unter dem eingangs erwähnten Twitter-Posting brachte es Nutzer Jamie Sharp treffend auf den Punkt – den er schrieb: „Einen neuen Teil würde ich lieben.“ Manch ein Fan kommt sogar mit kreativen Ideen um die Ecke: „Ich habe einen Wunsch für das mögliche Remake: einen alternativen Story-Modus, in dem man einen der Dinosaurier spielen kann“, schreibt TrueKrillos. Bleibt abzuwarten, die Glock 34 zu polieren und die staubige CD-Rom mit Dino Crisis darauf ins nicht mehr vorhandene Laufwerk zu schieben, bis Capcom endlich aufwacht – und abliefert, was den Horror-Experten aus Japan mit Resident Evil schon so trefflich gelungen ist.
Quellen: Twitter / @Capcom, @Jamie Sharp, YouTube / @Video Detective, @Klayton Fioriti, Eurogamer, The Gamer, MSN