Karma: The Dark World ist eines dieser Spiele, das in Trailern wahnsinnig beeindruckend wirkt, dessen Gameplay aber wenig greifbar scheint. Wie praktisch also, dass ich auf der gamescom zumindest für eine halbe Stunde selbst in den Albtraum eintauchen und mir aus erster Hand ein Bild davon machen konnte, was sich hinter dem chinesischen Horror-Thriller verbirgt.
Karma: The Darkworld auf der gamescom 2024 – Wenig Antworten, viel Neugier
1984, Ostberlin, eine alternative Realität zu der unseren: Der Megakonzern Leviathan wacht wie Big Brother über seine Angestellten, die Feiertage und Wochenenden wurden gerade abgeschafft und um mit der von oben verlangten Produktivität mithalten zu können, schlürfen die Mitarbeitenden mysteriöse blaue Flüssigkeiten, die nicht nur Erschöpfung vorbeugen, sondern auch äußerst süchtig machen. Die Ausgangslage in Karma: The Darkworld ist eine beklemmende – und es gibt keine Aussicht auf Besserung.
Inmitten dieses verkommenen Systems steuere ich Daniel, der als sogenannter Roam-Ermittler in die Erinnerung von Leuten eindringen muss, um an Informationen zu gelangen. Warum, wieso, weshalb erfahre ich in der knappen halben Stunde auf der gamescom nicht wirklich: Es sind Fragen, deren Antworten wohl erst im fertigen Spiel zu finden sein werden. Zunächst habe ich aber ohnehin keine Zeit zum Grübeln, denn der Lohnsklave Shawn, dessen Erinnerung ich in der Demo erlebe, sieht sich gerade einem schrecklichen Monster gegenüber.
Also nehme ich seine Beine in die Hand, fliehe durch sich windende und verändernde Wege, biege gerade noch so nach links ab, als eine Welle von Türen sich ruckartig vor mir verschließt und lande schließlich in einem Raum voller eingeschalteter Fernseher. Das Bürogebäude erinnert mit seinen langen Gängen und vielen Zimmern zwar eher an ein Hotel, fühlt sich aber schon in der kurzen Demo herrlich lebendig an und erinnert an das Federal Bureau in Control oder das Hotel in Alan Wake 2.
Berühmte Anleihen und stotternde Technik
Remedys aktuellere Titel war eine der Inspirationen, wie mir ein Entwickler erzählt, genau wie die TV-Serien Twin Peaks und Dark sowie George Orwells 1984 – das Jahr, in dem Karma: The Dark World spielt, hat man also nicht ohne Grund gewählt. Der bürokratische und stilsichere Albtraum in Rot, Schwarz und erbrochenem Gelb hält nicht damit hinterm Berg, welche Medien seine Schöpfer*innen mögen und wertschätzen – ohne jedoch dreist oder gedankenlos zu kopieren.
Und diese faszinierende, mysteriöse, ja bedrückende Atmosphäre könnte sich auch noch besser entfalten, wenn Karma bereits in einem besseren technischen Zustand wäre. Optisch sehr beeindruckend, war meine Flucht durch den Leviathan-Firmensitz durchzogen von extremen und wirklich häufigen Rucklern, die mir zwar keinen vorzeitigen Tod beschert, aber doch ganz schön an den Nerven gezehrt haben.
Eindeutig noch die größte Baustelle des Spiels; dass sich das Gameplay auf sehr seichte Rätsel begrenzt und Karma sonst größtenteils wie ein atmosphärischer und intensiver Walking-Simulator wirkt, finde ich weniger gravierend. Gerade, die monotone Arbeit am eigenen Leib zu spüren und stumpfes Abstempeln von Dokumenten passen gut zu der Botschaft, die der Titel transportieren will.
Wenn das verantwortliche Pollard Studio also noch die Technik in den Griff bekommt und sich abseits der von mir gespielten Demo noch mehr interessante Erinnerungen verstecken, kann aus Karma: The Dark World durchaus ein gelungener Horror-Thriller für Twin Peaks- und Remedy-Fans werden. Auch das Remake von Silent Hill 2 soll laut Blooper Team so richtig schön schaurig werden.
Quelle: YouTube /Pollard Studio