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Hintergründe zu „Online Durchsuchungen“ und „Bundestrojanern“

© VALVe / Vivendi Universal

 

Zuerst dachte ich mir noch „Da will uns wohl jemand für Dumm verkaufen“. Als dann aber weitere Informationen in meiner zum Glück nur sehr schwer anzapfbaren Schaltzentrale, auch als Gehirn bekannt, eingingen, manifestierte sich dann doch eher der Gedanke „Da hätte man wohl besser jemanden Fragen sollen, der sich damit auskennt“ in meinem Kopf.

 

Aber fangen wir von vorne an. Zur Zeit beschäftigt die Politik sowie freiheitsliebende Bürger die Frage nach dem Recht oder Unrecht der so genannten „Online Durchsuchungen“ von Seiten der Polizei- und Geheimdienste. Auch der Begriff „Bundestrojaner“ wurde während der Debatte geprägt. Praktisch jeden Tag kommen neue Ideen zur Verschärfung der Sicherheit aus den Reihen unserer gewählten Volksvertreter. Und immer hinterlassen Diese den Eindruck, als werden „freie Bürger“ noch nicht genug überwacht und man müsse noch mehr tun, um für deren Sicherheit zu sorgen.


Warum denn nicht einfach alle Bürger in vorsorgliche Sicherheitsverwahrung nehmen? Richtig, weil sie dann keine „freien Bürger“ mehr wären. Ausgangssperren und andere restriktive Möglichkeiten in der Lebensentfaltung- und Gestaltung des Einzelnen sind also zu offensichtliche Mittel, um sie in einem freiheitlichen Staat, einer Demokratie, anzuwenden. Wie kommt man also zu dem selben Ergebnis ohne aber dabei als offenkundig totalitär abgestempelt zu werden. Nun, man weitet die „Sicherheitsverwahrungszonen“ einfach auf ganze Staaten aus. Kameras, Mikrofone an vielen Orten und nun auch noch Programme, die den eigenen Personal Computer, auf dem persönliche Daten gespeichert sind und der quasi eine Auslagerung unseres Intimsten auf Festplatte darstellt, durchsuchen. So kann man davon ausgehen, dass man jeden „freien Bürger“ genügend gesichert hat.


Ganz besonders angetan hat es mir ein Bericht der Heise Redaktion, in dem auch kurz darauf eingegangen wird, wie es überhaupt zu den bereits durchgeführten Durchsuchungen privater Rechner kommen konnte. Und das war auch der Punkt wo sich die beiden in der Einleitung genannten Gedanken in meinem Kopf festigten. Hier ein Auszug des Artikels:

„[…]Das Bundeskanzleramt hatte jüngst im Innenausschuss des Bundestags eingeräumt, dass die umstrittenen Bespitzelungsmaßnahmen von Festplatten privater PCs und virtueller Speicherplattformen im Internet auf Basis einer Dienstvorschrift von Ex-Innenminister Otto Schily (SPD) bereits durchgeführt würden. Zwischenzeitlich erklärte der frühere Innen- und jetzige Justizstaatssekretär Lutz Diwell, er habe die Anweisung unterzeichnet. Die gegenwärtig gestoppten Online-Durchsuchungen seien damit jedoch weder beabsichtigt noch bezweckt gewesen, beteuerte der SPD-Politiker.[…]“

Da unterzeichnet also Herr Diwell die Anweisung, beabsichtigt und/oder bezweckt damit aber nicht die durchgeführten Bespitzelungen. Nicht genug das Diese gegen das Grundgesetz verstoßen, was das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteilsspruch auch nochmals bestätigte. Nein, da unterzeichnet besagter Herr eine Anordnung in der folgende Möglichkeiten gewährt werden: „[…]das heimliche Beobachten und sonstige Aufklären des Internets sowie insbesondere die verdeckte Teilnahme an seinen Kommunikationseinrichtungen, beziehungsweise die Suche nach ihnen, sowie den heimlichen Zugriff auf IT-Systeme unter Einsatz technischer Mittel.[…]“ und beteuert im Nachhinein, dass damit der „Einbruch in persönliche Bereiche“ nicht beabsichtigt war? Will man uns für dumm verkaufen?

Ganz schnell änderte sich dann aber meine Auffassung als ich diesen Absatz lesen musste: „[…]Was sich hinter der Formulierung genau verbarg, entging Mitgliedern des parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) für die Geheimdienste nach eigenen Angaben. „Ich verstehe nicht, was damit im Einzelnen gemeint ist und wozu die Dienste befugt sein sollen“, sagte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl dem rbb. Auch das grüne PKG-Mitglied Hans-Christian Ströbele entwickelte erst 2006 überhaupt eine Vorstellung davon, dass ein Geheimdienst in einen privaten Computer gleichsam „über das Telefon reinkriechen kann“.[…]“


Das angesprochene Parlamentarischen Kontrollgremium ist eine Einrichtung, die jährlich über alle Aktionen der Geheimdienste und bei Vorgängen von besonderer Bedeutung unterrichtet werden muss. Paragraph 1 des Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes besagt:

„[…](1) Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium.[…]“

Demnach ist das PKG der regulierende Faktor und sollte dringlichst Wissen, was einzelne Vorgänge genau bedeuten und welche Gesetze und Grundrechte durch sie gebrochen werden können. Scheinbar ist aber genau dies den Mitgliedern des Gremiums nicht bekannt. „Da hätte man wohl besser jemanden Fragen sollen, der sich damit auskennt“.

Fassen wir also nochmal zusammen: Zuerst gibt der damalige Bundesinnenminister Schily die Anweisung für heimliche Online Durchsuchungen, welche nach dem Grundgesetz verfassungswidrig sind. Diese unterzeichnet der damalige Innenstaatssekretär Diwell und beteuert nachher, dass das Ausspionieren der persönlichen Dinge einer Person nicht beabsichtigt war. Das zuständige Kontrollgremium versteht den gesamten Vorgang nicht, scheint aber auch keine Versuche zu unternehmen, sich Klarheit darüber zu verschaffen, was da vor sich geht.

Abschließend möchte ich noch einige Zitate des Frankfurter Rechtsprofessors Peter-Alexis Albrecht wiedergeben. Dieser erklärte in einem Beitrag, des auch oben schon angesprochenen Senders rbb: „[…]“Das ist strafbarer Verfassungsmissbrauch. Das ist organisierte Kriminalität gegen die Verfassung“[…]“ und bezog sich damit auf die „[…]Durchführung heimlicher Online-Durchsuchungen ohne gesetzliche Basis und den gegen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gerichteten Regierungskurs beim Ausbau des Überwachungsnetzes[..]“.

Als „[…]verfassungsrechtliche Schweinerei[…]“, bezeichnete Albrecht die Pläne der Bundesregierung, welche nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht die Online Durchsuchungen auf Druck offiziell gestoppt hatte, aber weiterhin bestrebt ist Diesen eine rechtliche Grundlage zu schaffen. Dies kommentierte Albrecht wie folgt: „[…]hier ist die Grundrechtsgrenze erreicht und die aktive Exekutive hat nichts anderes im Sinn, als die Gesetzeslage auf ihre Absurdität hin anzupassen.[…]“

„[…]“Wenn das Verfassungsgericht innerhalb der letzten Jahre fünf oder sechs Gesetze kippt, dann ist die Politik nicht demütig“. Vielmehr versuche sie, die Gesetzeslage zu ändern und sie wieder ihrer „absurden Optik der Welt anzupassen“.[…]“ zitiert die Heise Redaktion den Rechtsprofessor weiter.


Drängt sich nur mir der Eindruck auf, dass hier Menschen am Werk sind, die nicht wirklich wissen was sie tun?

 

„Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewinnen, der wird am Ende beides verlieren.“

Benjamin Franklin

 

 Link zum vollständigen Heise.de Artikel

  

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