Tote Mädchen, rote Bäume
Die Geschichte von Deadly Premonition beginnt im Jahr 2005: Unter dem Namen „Rainy Woods“ wurde es wohl als Adventure für Sonys PSP konzipiert – Spielszenen existieren davon leider nicht. Dafür von der drastischen Neuausrichtung im Jahr 2007: In einem Trailer waren erste Aufnahmen in Spielgrafik zu sehen, das Horror-Action-Adventure hatte noch einen anderen Hauptcharakter und sollte 2008 für Xbox 360 und PS3 erscheinen. Daraus wurde erstmal nichts: Der FBI-Agent David Young Henning verwandelte sich in Francis York Morgan, aus dem Namen Rainy Woods wurde Deadly Premonition bzw. in Japan Red Seeds Profile und statt 2008 erschien der Titel 2010. Der Release war dann zerstückelt: Im Februar 2010 erfolgte die US-Veröffentlichung als Deadly Premonition, exklusiv für die Xbox 360, im März kam dann die Japan-Fassung Red Seeds Profile (PS3 & 360) und im Oktober waren schließlich wir Europäer an der Reihe; allerdings wiederum nur die Xbox-360-Besitzer. Ich selbst versuchte mich an dieser Fassung, weil mich das Szenario neugierig gemacht hatte – doch die üble Baller-Steuerung und die scheußlichen Texturen ließen mich rasch das Handtuch werfen.
Erst 2013 kamen europäische PS3-Spieler (und PC-Besitzer) in den Genuss von Deadly Premonition – der Director’s Cut machte dann tatsächlich deutlich mehr Spaß. Nicht wegen 3D-Modus und optionaler Move-Unterstützung, sondern wegen schärferer Optik und verbesserter Kontrollen. Der 2019er Switch-Release mit dem Namenszusatz Origins basiert übrigens leider auf der 360-Fassung. Das Spiel selbst ist ein schrulliger Horrortitel mit kleiner aber offener Spielwelt, von Resident Evil 4 inspirierten Ballereien gegen Untote und viel Fokus auf seine Geschichte. Die handelt von einem brutalen Mord in dem fiktiven US-Städtchen Greenvale, den FBI-Agent Francis York Morgan untersucht. Im Spielverlauf tun sich Abgründe auf: Es geht um tödliche rote Samen eines Baumes, den sogenannten Raincoat-Killer, Verwicklungen wichtiger Amtsinhaber, die gespaltene Persönlichkeit der Hauptfigur – und um Filme. York liebt das Hollywood-Kino, noch mehr aber, darüber zu sprechen!
Muss ich Deadly Premonition…
…kennen, um bei Teil 2 durchzublicken? Nein! Es ist zwar hilfreich, um ein paar Anspielungen zu verstehen, aber A Blessing in Disguise spielt großteils vor dem Erstling, setzt Kenntnisse davon also nicht voraus. Doch natürlich hilft die Wiedersehensfreude ob des kauzigen Agenten, den Technik-Schock der ersten Spielminuten zu verdauen: Die Grafik von Deadly Premonition 2 ist grob modelliert, allgemein schwach texturiert und altmodisch beleuchtet, die Gespräche wirken roboterhaft, die Figuren sind lausig animiert. Dezente Outlines bei den Charakeren und Objekten sorgen für einen leichten Cel-Shading-Look – das hilft auf jeden Fall, um d
en generellen Gra
fikeindruck eines überaus scharfen PS2-Spiels abzumildern. Wenn da nur nicht die Performance wäre: In den Innenräumen läuft das Spiel halbwegs sauber, doch sobald sich York (vorzugsweise auf dem Skateboard) durch die Straßen des Südstaaten-Ortes Le Carré bewegt, ruckelt das Spiel wie die Hölle. Man muss es so deutlich sagen: Wer überwunden geglaubte Technik-Probleme, allen voran die stotternde Bildrate, aber auch lange Ladezeiten beim Betreten von Gebäuden, nicht mal eben ausblenden kann, der sollte einen Bogen um das Spiel machen!
Ich muss auch sagen, dass der Gothic-Vergleich, der hier natürlich in erster Linie aufgrund der Technik gebracht wurde, sich wunderbar auf's gesamte Spiel ausweiten lässt.
Und nochmal, wenn man direkt vom hochglanzpolierten Last of Us 2 kommt, wirkt das hier nochmal deutlicher wie eine absurde "Anderswelt".
Ich konnte gestern auch den ersten Tag inklusive Nacht spielen. Ja, das Spiel ist objektiv schlecht. Aber die Technik ist schlicht zweitrangig. Wer den ersten Teil aufgrund der Dialoge, Story und Charaktere gespielt und geliebt hat, dürfte auch Teil 2 mögen (sofern ich das nach den ersten Stunden beurteilen kann). Ich bin jedenfalls trotz all der nervigen Elemente - wobei die zeitgebundenen Quests schon jetzt auf Platz 1 stehen - wieder voll drin. Warum York Skateboard fährt, erklärt er übrigens gleich am Anfang, allein das ist schon herrlich
So, konnte gestern endlich mal selbst Hand anlegen und die ersten vier Stunden abspulen. Beim Start wurde auch direkt ein kleiner Patch geladen, weiß aber nicht, ob dieser zur Performance-Verbesserung dient. Optisch hat das Spiel definitiv wieder viel Charme, ist aber technisch mies. Die Framerate innerhalb von Gebäuden ist in Ordnung, draußen wird's teils arg ruckelig, aber mMn nicht unspielbar. Hab mich zumindest recht schnell dran gewöhnt.
Der Einstieg war direkt wieder ganz fantastisch, ganz allgemein trifft man hinsichtlich der (bisherigen) Charaktere sehr gut den Nerv des Vorgängers. Die Dialoge sind umfangreich, albern, voll mit Filmverweisen und nicht selten schrecklich unnötig. Das, ich nenne es jetzt mal Missionsdesign ist derzeit ebenfalls dezent ulkig, bestehen diese meist schon aus einfachen Dingen wie "Fahre oder gehe da und da hin".
Actioneinlagen hatte ich bislang tatsächlich noch gar nicht, ebenso keinen Einbruch der Nacht, was unter anderem damit zusammenhängt, dass die Tage schrecklich langsam und auch nur draußen außerhalb von Storymissionen vergehen. Ich glaube, das wird noch halbwegs nervig, zumal Schlafen im Hotel absurd teuer ist und Missionen eine bestimmte Uhrzeit vorraussetzen. Ich glaube aber mit den Zigaretten kann man hier wieder ganz gut tricksen und Zeit totschlagen.
Fans wird es wohl definitv gefallen. Habe mich gestern nur schwer davon lösen können, da es, besonders nach einem Brocken wie Last of Us 2 eine wunderbar angenehme Leichtigkeit versprüht, die ich jetzt zur Abwechslung ganz gut vertragen kann. Das Gameplay ist aber bislang eher sehr seicht und wenig fordernd. Sofern man die im Erstling teils ultra-lästigen Kämpfe aber auch im weiteren Spielverlauf auf das Nötigste reduziert, kann ich damit sehr gut leben.
- Diese völlig beschissene Weltkarte die man über eine scheinbare Zoomstufe von 30% nicht rauszoomen kann;
- Die ewigen Animationen beim durch die Türe gehen (wehe du rennst nicht);
- Die völlig spaßbefreiten Kämpfe, insbesondere gegen die Viecher die an Wänden kraxeln können (eine einzige Geduldsprobe ohne irgendeine Herausforderung);
- Nicht abbrechbarer Bildschirm beim Aufheben von Objekten;
- Steuer- und Kameraprobleme;
- Ewige spaßbefreite Fahrwege mit katastrophaler Fahrphysik;
- Tonprobleme;
- Die schlimmsten QTEs in irgendeinem Spiel mit viel zu kurzer Reaktionszeit.
Aber das Spiel war bzw. ist absolut einzigartig in der Art und Weise wie es die Charaktere und seine Spielwelt darstellt. Es hat einen der spannensten Hauptcharaktere der letzten Jahre, der Soundtrack ist stellenweise phänomenal, die Story ist äußerst interessant, und die Grundideen im Spielablauf sind ebenfalls toll.
All das lässt einen die oben genannten Probleme eben nur ertragen, wie der zitierte Poster sagt: "trotz" nicht "wegen". Deshalb habe ich mich auf einen Nachfolger gefreut der die oben genannten Probleme beseitigt, dem Spieler weniger Hürden in den Spielspaß legt.
Und das kommt dabei raus? Im Jahr 2020? Ich bin kein Swery Fan, sondern Deadly Promonition Fan und deswegen kann ich da auch keine Fanboybrille aufziehen.
Und es geht nicht mal nur um die absolut beschissene Technik (ich finde die Grafik sogar deutlich hässlicher als im ersten) und die erneut enttäuschende Open World. Sondern ganz allgemein: Wtf? Ein Skateboard fahrender...