Veröffentlicht inTests

Detroit: Become Human (Adventure) – Was bin ich?

Führt der Erfindungsreichtum des Menschen zu seinem Untergang? Kann
künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickeln – und wie geht die
Gesellschaft damit um
, wenn sich ein eigener Wille formt? Diese Fragen
stellen sich derzeit nicht nur Wissenschaftler, sondern auch David Cage,
der drei Androiden auf eine dramatische Reise zwischen Selbstfindung
und den Kampf gegen feindselige Menschen schickt. Auf die technischen Besonderheiten der PC-Umsetzung  gehen wir übrigens auf Seite 5 ein.

© Quantic Dream / Sony

Gedankenspiele

Als Sahnehäubchen der Gedankenspiele gibt es dann auch noch die Meta-Ebene des Spielers vorm Fernseher: Als Mensch befindet man sich doch eigentlich auf der Seite seiner Artgenossen – und nicht auf der der Blechkameraden. Ich liebe solche Gedankenspiele, die damit allerdings noch nicht aufhören: Zusätzlich wird man im Hauptmenü noch von einer KI beobachtet, die einen immer mal wieder anspricht, um kurze Kommentare über die Handlung loszuwerden oder sich ihrer eigenen Position bewusst zu werden – ein schöner Kniff, den Quantic Dream sich vermutlich bei Metal Gear Solid abgeschaut hat. Wie dem auch sei: Sobald man wieder mit Connor unterwegs ist, kann man meist gar nicht anders, als der spannenden Frage nach dem Grund für all die Fehlfunktionen auf den Grund zu gehen. Viele Abweichler lassen bizarre Opferstätten zurück, die mit dem mysteriösen Kürzel rA9 markiert wurden. Wirkliche kriminalistische Deduktionen wie in Sherlock-Holmes-Spielen gibt es leider nicht. Schade, dass das Studio hier nicht etwas mehr Mut zum Anspruch gezeigt hat. Trotzdem kommt es auch hier manchmal zu spannenden Szenen, in den man sich unter Zeitdruck in der Asservatenkammer durch einen Haufen Beweismittel wühlt und nur mit cleveren Tricks an die besten Hinweise fürs nächste Verhör gelangt.

[GUI_STATICIMAGE(setid=83676,id=92564094)]
Beim Verhör eines Abweichlers gibt es ebenfalls unterschiedliche Strategien. © 4P/Screenshot

Am nächsten Tatort hält man dann immer wieder Rücksprache mit Hank. Bei ihm handelt es sich im Grunde um ein wandelndes Klischee aus Buddy-Cop-Filmen – der eigentlich fähige, sympathische Kumpeltyp, der sich im Laufe der Zeit zum Zyniker entwickelt, sich gehen lässt und seinen Frust im Alkohol ertränkt. Trotzdem habe ich ihn auf Dauer richtig lieb gewonnen – das gilt auch für einige andere Figuren, deren Persönlichkeit mir zu Beginn flach vorkam. Später bemerkte ich, wie gut solch bewährten Gegensätze funktionierten: Es macht eben einfach Spaß, dem grummligen Hank mit einem unbeirrt zielstrebigen Pedanten auf die Nerven zu gehen. Das Spiel mit den Gegensätzen funktioniert besonders gut an zwielichtigen Orten wie einem Androiden-Stripclub: Dort muss der fluchende Hank erst einmal jede Menge synthetische Prostituierte mieten, bevor Connor ihre Kameraaufzeichnungen auslesen kann. Der Griff in die Klischeekiste erweist sich hier also als durchaus nützlich, um die Vielzahl an Figuren und Handlungssträngen schneller erfassen zu können, was hier deutlich besser klappt als im sperrigen Einstieg von Die Säulen der Erde.

Der Weg zum Aufstand?


Das erwähnte Auslesen von Kameradaten und das Scannen der Umgebung ist eine der zentralen Ermittlungstechniken: Mal versucht man, unter Zeitdruck die Spur des geflüchteten Androiden durchs Bordell zu verfolgen, anderswo sucht Markus im Stadtzentrum der Industriemetropole nach Graffiti-Hinweisen auf andere Flüchtige. Der Unterhaltungswert dieser Passagen schwankt: Mal ist es interessant, sich auf die Suche neuer Erkenntnisse zu begeben, anderswo wird das Abklappern der Gassen aber auch schon mal monoton oder nervt mit seinen etwas hakeligen Steuerung. Es war nicht besonders clever von den Entwicklern, manche Eingabegesten direkt auf den rechten Stick zu legen, mit dem man sich natürlich auch umschaut. Hat man genügend Orte in der Umgebung gescannt, die teils erst nach Kameradrehungen sichtbar werden, wird die Szene vom Elektronengehirn nachgestellt. Jemand hat sich also das Messer geschnappt, bevor er aus der Küche in den Flur flüchtete, wo die Ermittler auf eine synthetische blaue Blutspur treffen.

[GUI_STATICIMAGE(setid=83676,id=92564070)]
Auch unter Markus‘ Mitstreitern gibt es verschiedene Fraktionen, die sich nicht immer einig sind, wie rigoros man gegen die „menschliche Bedrohung“ vorgehen soll. Die Loyalität der Gruppe wird nach Entscheidungen mit einem entsprechenden Logo visualisiert. © 4P/Screenshot

Auch der Pfad für Überraschungsangriffe wird auf diese Weise vorgezeichnet und auf seine Erfolgschancen überprüft. Beim Austüfteln wird die Zeit eingefroren – was hier viel natürlicher wirkt als in vielen anderen Spielen. Warum schließlich sollte ein blitzschnell rechnendes Elektronengehirn nicht die Zeitwahrnehmung verlangsamen können? Kommt es letztlich zur Konfrontation, starten schnellere Reaktionstests, in denen man rechtzeitig auf Knöpfe hämmert oder per Stick Halbkreisbewegungen eingibt. Klick klick klick – und schon hüpft der Roboter agil über Geländer, erwischt nebenbei eine Wache mit einem Kick und startet eine Schlagkombo gegen seine zwei Kollegen. Diese Passagen gehen gut von der Hand, wobei sich der Schwierigkeitsgrad eher an Einsteiger richtet. Manchmal wird man aber auch als erfahrener Spieler von plötzlichen Wendungen in den Actionsequenzen überrascht, was bittere Konsequenzen für das Überleben der Gefährten nach sich ziehen kann. Vor allem der agile Markus muss auf seiner Suche nach Verbündeten oft seine Akrobatik und Kampfkunst beweisen.

  1. Waticorp hat geschrieben: 18.12.2019 22:13Ohne SSD und moderne 8-Kern-CPU dürften da einige PCler trotz teurer Grafikkarte dumm aus der Wäsche schauen.
    ...ich denke, die einzigen die "dumm aus der Wäsche" schauen sind die Entwickler, wenn sie es nicht gebacken bekommen. Das Gros der PC-Spieler ist doch gar nicht an der Masse der PS4 Spiele (insbesondere) interessiert. Da sind mal einzelne dabei aber gut, kann man sich halt auch ne Konsole für holen. Nur gut für QD, dass der EPIC Store kein Bewertungssystem hat. Tatsächlich wollte ich mir das Spiel im Sale holen

  2. Das Spiel wurde der PS4 auf den Leib geschneidert, deswegen sieht es so viel besser aus als die meisten anderen PS4-Spiele. Daher ist es kein Wunder, dass ein PC, der in der Regel keine acht CPU-Kerne besitzt und eine ganz andere API als die PlayStation nutzt, durchaus gefordert wird von dem Port. Das ist nicht wie ein Gears 5 parallel für Konsolen und PC entwickelt worden. Dann hat der PC natürlich klare Vorteile. Das wird noch interessant in der nächsten Konsolengeneration. Ohne SSD und moderne 8-Kern-CPU dürften da einige PCler trotz teurer Grafikkarte dumm aus der Wäsche schauen.

  3. @CutOff: Wie man zu diesen Dingen steht, hängt offenbar sehr vom Weltbild der jeweiligen Person ab. Für mich ist ein Mensch eigentlich auch nur eine Maschine, bloß aus Knochen, Muskeln und Blut statt Metall, Motoren und Öl. Die Seele ist für mich einfach die Software, die in der Hardware Gehirn läuft. Wenn man das alles auf menschlichem Niveau künstlich nachbilden kann, hat man in meinen Augen einen dem Menschen ebenbürtigen Androiden erschaffen, mit Gedanken, Gefühlen und entsprechenden Ausdrucksmöglichkeiten. Ich glaube, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das technisch möglich ist. An ein Leben nach dem Tod glaube ich nicht. Wenn das Betriebssystem im Gehirn runtergefahren wird, ist auch alles Bewusstsein und Empfinden vorbei. Damit ist die Person als solche nicht mehr existent. Es bleibt ein lebloser Körper zurück, der dann von anderen Lebenwesen verwertet wird. Androiden hingegen könnten ihren Gehirnzustand als Backup jederzeit sichern und nach der Zerstörung des Körpers in einen neuen Körper transferieren, ganz wie in NieR:Automata mit dem Bunker. Man verliert höchstens die Erinnerungen seit dem letzten Backup. Damit ist man praktisch unsterblich.

  4. VaniKa hat geschrieben: 16.12.2019 18:15 Total spannendes Thema, das in Zukunft sicher mal wirklich relevant wird. Hab mich schon bei NieR:Automata gefragt, was denn diese Androiden eigentlich von "echten Menschen" unterscheiden soll. Im Prinzip haben die Menschen da einfach eine physiologisch alternative Form des Menschen erschaffen. Und spätestens, wenn diese Androiden eine echte KI sowie Empfindungsfähigkeit besitzen, stellen sich ethische Fragen. Sofern diese Androiden also vor allem für den Zweck geschaffen werden, die Dinge zu tun, die man Menschen nicht (mehr) zumuten will (schwere oder anspruchslose Arbeit und Sexarbeit - moderne Sklavenhaltung), darf man das eigentlich genau so wenig zulassen wie bei "echten Menschen". Androiden dürfen also insofern eigentlich nie wirklich empfindungsfähig und sich ihrer selbst bewusst sein, sonst hätte man damit nicht wirklich etwas gewonnen. Ich persönlich stelle mir eine Zukunft mit Androiden als Spezies neben dem "herkömmlichen" Menschen aber durchaus interessant vor. Und wer weiß: Vielleicht lösen diese den Menschen aus Fleisch und Blut ja auf Dauer auch ab, weil Dinge wie Unsterblichkeit, einfache Reparierbarkeit und Immunität gegenüber Krankheiten doch durchaus vorteilhaft wären. So etwas muss also nicht zwangsläufig durch eine "feindliche Übernahme" passieren, wie sie gerne prophezeit wird.
    Tatsächlich ein sehr spannendes Thema. Ob Androiden jemals ein Bewusstsein eines Menschen erlangen ist fraglich. Wozu ein Bewusstsein eines Menschen möglich ist, lässt sich sehr gut mit psychoaktiven Substanzen (alternativ mit jahrelangen Meditation) veranschaulichen. Man spricht mit anderen Entitäten in scheinbar anderen Dimensionen (andere Realitäten?). Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich ein Android in diesen Bewusstseinszustand versetzen kann. Das würde höchstens funktionieren, wenn ein Android das simuliert und das würde nur auf groben Erfahrungen von Menschen basieren (es wäre als nur eine Simulation und kein...

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1