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Everybody’s Gone to the Rapture (Adventure) – Menschenleere Idylle voller Rätsel

Was für eine ungewöhnliche Geschichte: Die Wurzeln von „Everybody’s Gone to the Rapture“ reichen zurück ins Jahr 2008, als nicht ein Publisher, sondern ein Professor namens Dan Pinchbeck eine Spielidee hatte, die mit klassischem Design wenig zu tun hatte. An der Universität Portsmouth experimentierte er mit seinem Forschungsprojekt „techchineseroom“ an einer neuen Art des Storytellings in der Half-Life-2-Modifikation Dear Esther – und die erlangte bald Kultstatus auf dem PC. Das kommerzielle Remake überzeugte 2012 mit seinem außergewöhnlichen Konzept und ebnete mit seinem Erfolg nicht nur den Weg für Spiele wie Gone Home, sondern auch diesen Nachfolger. Kann das Team von The Chinese Room auch auf der PlayStation 4 so „verzücken“ wie es der englische Titel andeuet?

© thechineseroom / Sony / PlayStation Mobile

One-Four, Zero-Four, Zero-Eight…

…rattert es aus dem Radio. Was hat diese Zahlenfolge zu bedeuten? Ein militärischer Geheimcode? Was sind das für komische Graffiti an den Wänden, die wie Brillen aussehen? Wo sind all die Menschen hin? Das sind nicht die einzigen Fragen, die man sich in der Rolle eines unbekannten Reisenden stellt – es gibt keine Vorgeschichte, man spaziert einfach mitten rein in ein Geheimnis. Nach etwas Erkundung weiß man lediglich, dass man sich im Jahr 1984 im Shropshire County befindet, das wie ein modernes Auenland anmutet.

In Egosicht wandert man durch eine südenglische Landschaft, die im Sonnenlicht mit ihren sanften Hügeln, hübschen Hecken und Reet gedeckten

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Das sieht doch aus wie ein C-64! Das Spiel entführt euch nach England ins Jahr 1984 – auch Zauberwürfel sind dabei. Vorerst erscheint es nur auf PS4; eine PC-Version ist nicht in Sicht. © 4P/Screenshot

Landhäusern sehr idyllisch wirkt – die CryEngine inszeniert eine prächtige Kulisse, die nur ganz selten von Texturauffüllungen geplagt wird. Und egal ob Tante-Emma-Laden oder Autowerkstatt, Wohnzimmer oder Viehstall – das Interieur sorgt für authentisches Flair der 80er, zumal man C-64, Zauberwürfel und Walkman entdecken kann.

Allerdings muss man sich viel Zeit und Geduld nehmen, zumal man nicht sprinten kann und die offene Spielwelt keinerlei Action oder Rätsel wie in The Vanishing of Ethan Carter anbietet. Sie ist komplett entschleunigt und auf das Wesentliche beschränkt: Man darf weder rennen noch springen, es gibt weder Statusanzeigen noch ein Inventar – Gegenstände kann man nicht aufnehmen und als 3D-Objekte untersuchen wie z.B. in Gone Home. Es gibt nicht einmal einen Zoom, obwohl sich so manche Kinderzeichnung mit gekrakelter Schrift oder kleine Texte auf Büchern dafür angeboten hätten.

Der X-Knopf dient allerdings u.a. dazu, Türen und Gatter zu öffnen oder klingelnde Telefone und

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Egal ob Landschaft oder Architektur: Die Kulisse lockt mit südenglischem Flair. Viele Häuser und Gärten lassen sich erkunden. © 4P/Screenshot

Funkgeräte einzusetzen. Schade ist, dass es manchmal willkürliche Beschränkungen in der Bewegung gibt, wenn man ein kniehohes Hindernis nicht überwinden, die Toilette des Pubs nicht betreten oder ein halb geöffnetes Gartentor nicht aufschieben kann, und dass viele Häuser geschlossen bleiben. Trotzdem gibt es reichlich Freiraum für die Erkundung – nicht nur in kleinen Wäldern oder an Flussufern, auch innerhalb von Gebäuden. The Chinese Room hat auch tatsächlich einige subtile Sammelreize eingebaut, denen man folgen kann, falls man denn Trophäen jagen will.

Schön ist, dass Aktivierbares nicht schon aus der Distanz leuchtet und dass es keinerlei überflüssige Oberflächen gibt. Die pure Kulisse ist hier der Star, die die komplette Flora Südenglands abbildet; oder besser: Die mysteriöse Geschichte, die sich hinter dieser menschenleeren Idylle verbirgt. Denn schnell wird über Aushänge klar, dass es eine Art Katastrophe gegeben haben muss.

Folge dem Radiorauschen oder dem Licht

Wenn man durch die kleinen Gassen und pittoresken Gärten von Yaughton schlendert, findet man nicht nur Häuser, die offiziell unter Quarantäne gestellt wurden oder Aufrufe zum Notfalltreffen, sondern auch Straßensperren oder Briefe von Bewohnern, die alle sieben Sachen packen und abreisen wollten – selbst der Pub ist leer. Seltsam ist nur, dass so manche Zigarette und so mancher Grill noch qualmt, dass frische

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Wenn man das Gamepad nach links oder rechts kippt, den richtigen Winkel findet und es hält, verwandeln sich die Lichtpunkte in schemenhafte Dorfbewohner. © 4P/Screenshot

Wäsche an Leinen baumelt, dass man sowohl Schmetterlinge sieht als auch Bienen summen hört, aber weder einen Hund, eine Katze oder gar einen Menschen sieht. Es ist also nicht alles tot und von Leichen keine Spur. Aber obwohl zu Beginn noch Vögel zwitschern, findet man bald ihre gefiederten Überreste und anderes Blut. Also doch eine Seuche? Während man grübelt, entfaltet sich abseits der sonst so trostlos inszenierten Endzeit-Szenarien ein nahezu anmutig-schaurige Idylle in fast stillen Phasen des Spazierens.

Aber gibt einen surrealen Kontrapunkt, der aufmerksam macht: Wesentlich merkwürdiger als die toten Vögel sind nämlich die Begegnungen der grellen Art. Man trifft sehr früh auf hin und her schwebende Lichtkugeln, deren zauberhafte Inszenierung ein wenig an Flower erinnert – hier wirken sie zunächst wie kitschige Fremdkörper in der realistischen Welt. Aber dann wird es bizarr, denn einige dieser Wesen scheinen einen tatsächlich wie Irrlichter irgendwo hin locken zu wollen – so kann man sie auch wie Orientierungshilfen nutzen, wenn man mal nicht weiter weiß.

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Was ist hier tasächlich geschehen? Die leuchtenden Fragmente der Bewohner geben immer wieder Einblicke in die Zeit während der Katastrophe. © 4P/Screenshot

Andere wiederum kann man über das Kippen des Gamepads so aktivieren, dass sie sich nach einer kleinen Explosion in leuchtende Gestalten verwandeln – etwas fummelig zu Beginn, aber man muss lediglich den richtigen Winkel finden und es halten. Danach lauscht man einer kurzen Szene aus der nahen Vergangenheit des Dorfes, während man die schemenhaften Partikel der Bewohner sieht. Man kann ihnen weder Fragen stellen noch eingreifen, sondern hört dem Spuk zu, bis er vorbei ist. In diesen Dialogen überzeugt die deutsche Sprachausgabe übrigens auf ganzer Linie; man kann allerdings auch auf die englische oder andere Tonspuren umschalten und Untertitel anzeigen lassen.

Geschichte auf zwei Ebenen

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Was hat es mit diesen Graffiti auf sich? Ist das Vandalismus oder eine Botschaft? © 4P/Screenshot

Über etwa fünf Stunden entfaltet sich also eine Geschichte auf zwei Ebenen, einer real sichtbaren und hörbaren sowie einer surrealen. Zum einen erzählen die verlassenen Häuser, die Autos mit ihren offenen Türen, die auf plötzliche Flucht deutenden Überreste in Gärten oder auf Straßen sowie all die Zeichnungen, Titel von Büchern wie „The Voice of the Stars“ und vor allem Radios einen Teil. Findet man Letztere, weil man z.B. ihr Rauschen aus der Distanz hört, gibt es nicht nur weitere wirre Zahlencodes, sondern auch Sprachaufnahmen der Leute, die vor allem die Krankheiten und den Katastrophenschutz, Tratsch und Gerüchte, aber auch das private Milieu und menschliche Konflikte betreffen, so dass Vorurteile, Eifersucht und Neid spürbar werden. Nebenbei können aufmerksame Beobachter auch einige andere Indizien finden, wenn sie nur lange genug stöbern.

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Mit der Zeit ändert sich auch die Stimmung in der Kulisse. © 4P/Screenshot

Zum anderen gibt es das Surreale: Man wird in bestimmten Gegenden z.B. plötzlich von der Musik geleitet, die mit sphärischen Chören aufspielt, so dass man sich genauer umschaut. Und natürlich folgt und lauscht man immer weider den Lichtwesen, die als Abbilder der Bewohner zu einer Reise in deren Vergangenheit einladen. Die Regie geht so weit, dass sie bei den wesentlichen Protagonisten kurz deren Vornamen einblendet, so dass man über das Verfolgen ihrer Spuren die Geschehnisse während der Katastrophe aus der Perspektive von „Wendy“ oder „Frank“ erlebt.

Mit der Zeit kennt man auch ihr Alter und ihre Berufe, ihre verwandtschaftlichen Beziehungen sowie Techtelmechtel und

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Wo sind all die Menschen hin? Was hat sie so in Panik versetzt? © 4P/Screenshot

Feindschaften. So lernt man auch Lizzie und Stephen, Kate und Charlie immer besser kennen. Diese indirekte kapitelartige Führung beugt auch geschickt dem Fluch der Tatenlosigkeit in einer offenen Welt vor, in der es ja keine Quests oder Minispiele gibt. Man kann auch nicht einfach eine Karte aufrufen und sich ein Ziel anzeigen lassen; man muss sich immer selbst orientieren und sollte die Kartenaushänge nutzen, die manchmal den eigenen Standort anzeigen. Während sich das Mosaik aus Personen füllt, ergeben sich auch immer klarere und interessantere Einblicke in die tatsächlichen Geschehnisse – da es kein Tagebuch gibt, lohnt es sich übrigens Notizen zu machen.

  1. Habe es vor paar Wochen über PS+ durchgespielt und...nee grafisch ja ganz hübsch und die Musik war auch nicht schlecht. Aber selbst für ein "entspanntes" Spielen war das Spiel von Anfang bis Ende zähe.
    Da lobe ich mir ein Gone Home was zwar Grafisch nicht so super aussieht aber dafür vieles andere richtig macht.

  2. Ein fantastisches Spiel um einmal zu entspannen.
    Die Grafik ist atemberaubend und die langsame Bewegung fördert noch die Atmosphäre.
    Es ist aber nicht für Adrenalin Junkies geeignet.

  3. Die Grafik ist der Wahnsinn, ich dachte sowas sieht man erst auf der PS5. Die Story und die Gespräche sind ebenfalls sehr interessant, trotzdem wirds langweilig weil man eigentlich nichts macht. Und das sehr langsam :Hüpf: :Hüpf: :Hüpf:

  4. Ich habs auch gern gespielt, aber das Schneckentempo ging mir doch gewaltig auf die Nerven. Okay, es ist ein Walking Simulator und will auch als solcher verstanden werden, kapiert. Aber darf ich bitte selbst enscheiden, wie schnell oder langsam ich durch die Welt gehe? Ich denke, diesen Sehen-Staunen-Erholen-Effekt hätte ich auch mit ein paar km/h mehr gehabt. Die Jagd auf Trophäen auf der PS4 oder gar einen kompletten 2. Durchgang hab ich mir dann mal komplett geschenkt, dafür war mir die Zeit zu schade.

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