Warum Fahrenheit vor zehn Jahren zwar nicht in allen Belangen herausragend, aber letztlich prägend für die Spielewelt und viele kommende Adventure war, wird im Test (Wertung: 86%) erläutert. Das Team von Quantic Dream überraschte mit einer reifen Dramaturgie, mit situativer Dialogspannung, Stress in Extremsituationen sowie einem Auf und Ab der Emotionen – inklusive spürbarer Konsequenzen: Je nach Aktion folgten Depression oder Glück, Selbstmord oder Sex. Das, was Telltale Games heute alle paar Monate in Häppchen an hungernde Entscheider verteilt, wurde damals im großen Stil von David Cage gekocht.
Schmeckt die Mystery-Suppe noch im Zeitalter von The Walking Dead, The Wolf Among Us oder Life Is Strange? Oh ja, ganz vorzüglich. Nicht etwa weil es gerade draußen und im virtuellen New York schneit, als ich das Abenteuer nach zehn Jahren das erste Mal wieder starte. Schon eher, weil sich der Mord und die anschließende Recherche im Diner anfühlen wie ein Nach-Hause-Kommen, wie ein Déjà-vu mit diesem Kribbeln im Nacken.
Aber man muss den Klassiker nicht kennen, um ihn zu schätzen. Es ist nicht Nostalgie, sondern ein Spieldesign mit zeitloser Qualität, das auch heute innerhalb der etablierten filmischen Adventure-Schule eine klasse Figur macht. Man erlebt eine interessante, stimmungsvoll inszenierte Geschichte, die mit ihren Perspektivwechseln, den Gemütsverfassungen der Protagonisten sowie dem Fokus auf Investigation und Entscheidungen auch heute noch sehr gut unterhält. Aber wie spielt sich „Fahrenheit: Indigo Prophecy Remastered“ auf dem Tablet?
Die Frage der Steuerung
Das iPad hat ja ein bekanntes Problem: Dazu gehört alles, was irgendwie mit Action zu tun hat, in der man eine Figur plus Kamera und vielleicht Zielerfassung im Raum bewegen muss. Sobald man dann auf einen virtuellen statt realen Analogstick zugreifen muss, verflüchtigt sich meist die punktgenaue Steuerung – und damit die Bindung an das Erlebnis. Deshalb ist es kein Wunder, dass David Cage in einem optionalen Tutorial erklärt, wie man die Figuren in Fahrenheit bewegt. Auch hier wird unten links über einen blauen Kreis so etwas wie ein Stick simuliert. Und auch daran muss man sich erstmal gewöhnen, weil man sich falsch dreht oder daneben tippt – das langsame Drehen der Sicht über die mittige Positionierung ist z.B. fehleranfällig. Das Laufen und Rennen in Schulterperspektive selbst ist weniger problematisch.
Im Zweifel empfehle ich die zeitgleich erschienene modernisierte PC-Version. Aber selbst wenn die Präzision von Maus plus Tastatur oder Gamepad nicht erreicht wird, spielt sich Fahrenheit mit etwas Übung auch auf dem Tablet solide. Man kann zudem abseits der Schultersicht zusätzliches Kamerapotenzial nutzen und in die Egosicht wechseln, indem man z.B. irgendwo in den Raum tippt. Ärgerlich wird es nur, wenn man die
Figur plötzlich schnell bewegen muss und die Steuerung noch nicht intus hat. Gar kein Problem bereiten hingegen die Entscheidungen in den Dialogen oder die Reaktionstests, die man entweder mit einem Wischer in eine Richtung oder dem schnellen abwechselnden Tippen auf leuchtende Flächen erledigt. Und man darf nicht vergessen: Die meiste Zeit über ist man eher mit dieser indirekten Action beschäftigt.
Die Frage der Technik
Sieht Fahrenheit besser aus als 2005? Ja. Man hat die Grafik überarbeitet, so dass sowohl Interieur als auch Figuren etwas detaillierter und plastischer wirken. Davon kann man sich auch auf Knopfdruck überzeugen, wenn man zwischen HD und SD wechselt – ein schöner Service. Ansehnlich ja, aber überragend ist die leicht modernisierte Kulisse nicht: Auch auf dem iPad gibt es mittlerweile deutlich beeindruckendere Spiele. Die sind dann allerdings weder so umfangreich noch so ausgefeilt, was Charaktere und Inszenierung angeht. Wollt ihr es komplett auf Deutsch erleben, könnt ihr das Sprachpaket übrigens kostenlos runterladen. Wer des Englischen mächtig ist, sollte allerdings beim Original bleiben.
Ich würde eher sagen den Leuten fehlt einfach die nötige Phantasie um über Schwächen hinweg gucken zu können.
Ich kann sowas durchaus aber wenn die Charaktere ihre Emotionen in etwa so gut rüberbringen wie Dolph Lundgren an einem schlechten Tag dann haut das einfach nicht hin. Leider verlässt sich QD beim rüberbringen von Emotionen so sehr auf eine realistische Optik dass die defizite in der Mimik deutlicher Ausfallen als etwa bei einem Pixar Film.
So ist das eben wenn man Emotionen und menschliche, durchaus realistische Problemen darstellt. Die einen zucken da mit den Schultern und die anderen jubeln. Und ich behaupte mal, etwas Empathie und Einfühlungsvermögen schadeen nicht, um Heavy Rain wirklich würdigen zu können. Wer sich auf die Charaktere und Story einlässt, der hängt sich doch nicht an kleineren Logiklöchern auf.
Ist es unlogisch wie das Kind am Anfang verschwindet und stirbt?
Vielleicht. Aber kann man nachvollziehen wie der Vater sich fühlt, als er durch die Menschenmengen läuft und sein Kind sucht?
Wie er sich auch danach fühlt? Das ist doch die Stärke des Spiels, die Inszenierung und die Vermittlung von Emotionen, die einen mit dem Charakter mitfiebern lassen. Und wer fiebert da nicht mit, wer vorher im Garten mit dem Kind Flugzeug gespielt hat oder ihn beim Schwertkampf hat gewinnen lassen, damit er happy ist?
Wer das nicht erkennt, ist entweder gefühlskalt oder spielt solche Spiele mit Rockmusik im Hintergrund und Smartphone in einer Hand(sprich, hat sich nicht richtig darauf eingelassen). Anders kann ich es mir nicht erklären.
Ich hab Heavy Rain auch durchgespielt, fand es aber überwiegend sehr langweilig. Es hatte ziemoiche Logiklöcher und war weit davon entfernt eins der besten games aller Zeiten zu sein. Wäre nichtmal in meiner Top 50 schätze ich.
Du siehst, alles immer auch Ansichtssache.