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Far Cry 2 (Shooter) – Far Cry 2

Müde drückt sich ein dunkles Gelb hinter dem Horizont empor. Noch bevor es seine trägen Finger gen Himmel strecken kann, wird es von den Blättern einer dünnen Baumkrone in tausend Stücke zerbrochen. Nur als schmale, lange Scherben erreichen sie ihr Ziel – wo sie ein hungriges Buschfeuer leidenschaftslos verschlingt. Krieg wütet in der afrikanischen Idylle: ein Kampf um Macht, um Waffen, um Menschenleben. Ein Kampf mit der Zerrissenheit zwischen einer fabelhaften Welt und ihren seelenlosen Einwohnern…

© Ubisoft Montreal / Ubisoft

Die Last des Vergangenen

„Wieder so ein sinnloser Krieg, der das Land zerstört. Bin gerade auf dem Flughafen angekommen, da kommen mir Männer, Frauen und Kinder entgegen, die ihre Heimat mit der nächsten Maschine verlassen wollen. Mein Fahrer sagt, es wird keine mehr kommen.

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Beeindruckender Tag/Nachtwechsel: So sieht die Savanna in der Abenddämmerung aus.

Fährt mich nach Pala, dem einzigen Gebiet, in dem noch Waffenstillstand herrscht, und erklärt mir, wie Militärs sich im Land breit machen – aber nichts unternehmen. Mir geht es schlecht. So schlecht, dass ich ohnmächtig werde. Als ich zu mir komme, blättert ein Typ in meinen Unterlagen. Es ist der Typ,

wegen dem ich überhaupt in diesem Krieg gelandet bin. Nennt sich der Schakal 

und lässt mich aus irgendeinem Grund am Leben. Ich muss dringend aus diesem Schlamassel raus!“

Auf den Schultern von Ubisofts Entwicklern in Montreal liegt eine schwere Last: Auf der linken sitzt ein Vorgänger, der technisch sowie spielerisch als wegweisend gilt und auf der anderen Schulter sitzt mit Crysis ein inoffizieller Nachfolger eben dieses wegweisenden Far Cry, der als die aktuelle Messlatte für das technisch Machbare gilt. Ubisofts Fortsetzung des Actionspektakels muss also visuell beeindruckend und spielerisch enorm abwechslungsreich sein – schließlich waren es vor allem die smarten Gegner und die offene Spielweise, mit der Far Cry von sich reden machte. Erreicht Far Cry 2 also die technische Brillanz des Kontrahenten, während es die Handlungsfreiheit seines Vorgängers erweitert?

New  Africa

Immerhin ersetzt Ubisoft die ehemals nur scheinbar offenen Levelschläuche durch eine echte offene Welt. Ihr dürft euch während der ersten Hälfte eures Abenteuers zwar nur im Norden des Staates bewegen, aber egal, ob 50 oder 25 Quadratkilometer: Der afrikanische Schauplatz ist enorm weitläufig. Ich habe mich jederzeit so verlassen gefühlt, wie ich es von einer Savanne, einem Dschungel oder einer Wüste erwartet hätte. Natürlich mussten die Entwickler ihre drei Vegetationszonen komprimieren – so schnell wie hier gehen endloser Sand und Regenwald nie ineinander über. Aber die Entfernungen sind ähnlich glaubwürdig wie jene in Rockstars New York, Verzeihung: Liberty City. Mit dem Unterschied, natürlich, dass euch in Afrika deutlich weniger Einwohner pro Quadratkilometer begegnen.

Leider muss ich sogar feststellen, dass jede einzelne Menschenseele, die nicht als Soldat in diesem Krieg verpflichtet wurde, das Land bereits verlassen hat. Es gibt keinen einzigen Zivilisten in Far Cry 2, und das wirkt trotz des überzeichneten Szenarios sehr

unglaubwürdig. Wieso geht nicht wenigstens eine Hand voll Menschen ihrem täglichen Geschäft nach? In den vereinzelten Ansammlungen 

Herrliche Weitsicht in einem der seltenen Paraglider.

kleiner Hütten hätte es dafür mit Sicherheit erzählerische und technische Möglichkeiten gegeben. Es wäre vor allem deshalb wünschenswert gewesen, weil auch die gebliebenen Soldaten und Söldner kein wahrnehmbares Eigenleben entwickeln. Wenn euch die Milizen nicht gerade im Kampf begegnen, laufen sie entweder auf wenigen Metern Patrouille oder stehen stur am Fleck. Ja: Es gibt eine offene Welt, in der ihr euch frei bewegen dürft. Aber Ubisoft hat das Innenleben vergessen.

Der Messias nach dem Messias

Und auch technisch ist Far Cry 2 nicht der Messias nach dem Messias. Selbst am PC erstrahlt Afrika nie mit der Brillanz des koreanischen Dschungels. Dafür geht Ubisofts Kontrahent schonend mit eurer Rechenkraft um; selbst mein oller 3,1 Duron XP stemmt (mehr schlecht als recht, aber immerhin!) den Dschungel – der mit minimalen Details immer noch gut aussieht. Crysis entpuppte sich bei ähnlichen Einstellungen als hässliches Entlein und war kaum noch spielbar. Falls halbwegs potente Hardware unter eurem Tisch steht, solltet ihr deshalb zur PC-Version greifen, denn Far Cry 2 deutet an, dass flotte Rechner einer aktuellen Konsole tatsächlich überlegen sind. Deutlich schwächere Texturen, einige richtig böse flackernde Schatten, später in der Entfernung auftauchende Bäume oder Felsen sowie die gelegentlich erst spät ins Bild streamende Umgebung sprechen eine deutliche Sprache. Nicht zuletzt zeigt Far Cry 2 wieder einmal, dass man Ego-Shooter auch per Gamepad hervorragend steuern kann – trotzdem ist die Kombination aus Maus und Tastatur immer noch bequemer. Und zwar nicht nur wegen der Möglichkeit, jederzeit Speichern zu können.