Am Anfang war der Rhythmus
Musik- und Rhythmusspiele sind mittlerweile nicht mehr aus der Videospielewelt wegzudenken. Dabei hätte zu Zeiten von Parappa the Rappa oder Space Channel 5 vermutlich niemand damit gerechnet, dass man irgendwann einen Heidenspaß daran haben würde, mit Plastikinstrumenten und Mikrofonen vor dem Bildschirm herumzuturnen und einen auf Rockstar zu machen. Zwar ist nach der Hero-Schwemme von Activision Ende letzten Jahres momentan abgesehen von den üblichen SingStar-Auskoppelungen etwas Flaute eingekehrt. Doch das ist genau die richtige Zeit, um etwas Ruhe einkehren zu lassen, bevor das Duell von Harmonix (den Originalentwicklern der Guitar Hero-Serie) und Nevermind (den jetzigen Verantwortlichen) mit den neuesten Ablegern der Rock Band- und Guitar Hero-Serien in eine weitere Runde geht.
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Ês wird wieder gerockt – so wie man es spätestens seit dem Beatles-Ableger kennt! |
Doch Electronic Arts und Harmonix haben offensichtlich etwas gegen eine ruhige Auszeit. Denn ein gutes dreiviertel Jahr nachdem die Beatles sich mit schier unzählig scheinenden Helden in diversen Bands oder am DJ-Mischpult aus dem Stalle Activisions duellierten und knapp vier Monate nachdem der Auskopplungswahn mit Guitar Hero Van Halen einen vorläufigen Tiefpunkt erlebte, ruft man die kalifornischen Punkrocker von Green Day auf den Plan, die seit ihrem Durchbruch mit dem Album Dookie im Jahr 1994 einen Höhenflug sondergleichen hinlegten.
Bekannt. Funktioniert. Gut. Meistens.
Damit Green Day Rock Band (GDRB) nicht den Spaß-Schiffbruch erleidet, den Eddie Van Halen & Co erleben mussten, besinnt man sich mechanisch auf die bekannt gute Qualität und das, was auch den Beatles-Ableger gut und erfolgreich gemacht hat. Dazu gehören z.B. ein sauberes Track-Authoring sowie eine gute Abmischung der einzelnen Tonspuren, wobei beide Bereiche ungewohnte Wünsche offenlassen. Denn bei der Tonspur kommt das Publikum (normalerweise eine der akustischen Stärken der RB-Serie) für mein Empfinden etwas zu kurz. Dementsprechend hat GDRB seine stärksten Momente, wenn das Publikum aus sich herausgeht und lauthals mitgröhlt. Doch die sind leider deutlich seltener als bei den anderen Titeln der Serie.
Was den Schwierigkeitsgrad angeht, zeigt man sich ebenfalls moderat: Bei den 47 auf Disc enthaltenen Stücken gibt es etwa eine Hand voll für jedes Instrument, die Veteranen auf der höchsten Stufe fordern könnten. Der Rest geht locker von der Hand und lässt sich wie bei den Beatles auch im „Schnellen Spiel“ von Beginn an auswählen und zu einer Setlist mit sechs Songs zusammenstellen, wobei man auch hier (ebenfalls analog zu den Pilzköpfen) einen „No Fail“-Modus zuschalten kann, wenn man einfach nur Spaß haben und abrocken will.
Dabei ist zum einen schade, dass man auf gerade mal sechs Songs festgelegt ist und zum anderen, dass man sich |
Auf der Disc finden sich 47 Songs von der Dookie-Ära bis hin zum 21st Century Breakdown-Album. |
dabei nicht auf eine der ohnehin gerade mal drei Bühnen festlegen kann. Die Songs sind je nach Ära an einen der Live-Darbietungsorte (The Warehouse – 1994, Milton Keynes – 2005, The Fox Theatre – 2009) gebunden.
Wie die Beatles, nur ohne Flair
Die Karriere, die man wahlweise on- als auch offline mit Bandkollegen antreten kann, orientiert sich in ihrer Grundform ebenfalls am Rock Band-Ausflug der Beatles. Man spielt in den drei Locations Green Day-Songs, die in einzelne Sets mit jeweils mit etwa einer Hand voll Songs gefüllt sind. Je nach Leistung werden über die erreichten Sterne Fotos und Infos als Bonusmaterial sowie die so genannten Credits freigespielt. Mit diesen Credits kann man sich zusätzliche Herausforderungs-Sets anschaffen, die bei Erfolg größtenteils interessantes Videomaterial freischalten, dass leider nicht in HD-Qualität auf die Discs für 360 und PS3 gepresst wurde, was die Wii-Spieler herzlich wenig stören wird, die auch abseits der Videos das gleiche Spielerlebnis bekommen wie die HD-Musikanten.
Mit insgesamt über 20 dieser Song-Sets ist ausreichend Stoff zum Abrocken gegeben. Und danach, davor oder währenddessen kann man natürlich auch das komplette Material exportieren und dann in den anderen Rock Band-Spielen nutzen – allerdings nur auf HD-Systemen. Auf Wii wird der Export nicht unterstützt. Zudem ist die Vollständigkeit des 21st Century Breakdown-Albums bzw. die Definition diskussionswürdig: Zwölf der Songs sind auf der Disc. Die anderen sechs, die das Album komplettieren, sind nur über den Rock Band-Store erhältlich, darunter auch die aktuelle Single „Last of the American Girls“ oder „21 Guns“. Was dabei vor allem unschön auffällt: GDRB hat keine eigene Store-Anbindung, so dass man sich die Songs nur außerhalb des Spieles anschaffen kann – wenn dies ohnehin noch nicht im Vorfeld passiert ist.
Doch die passable Songauswahl mit Highlights aus den anderen Alben oder das Tohuwabohu um die Vollständigkeit des 21st Century Breakdown Albums (Dookie und American Idiot sind in der Tat komplett dabei), sind nicht mal die größten Ansatzpunkte der Kritik in der Karriere. Es ist vielmehr das im Vergleich zu den Beatles Unspektakuläre. Ja: Die Bühnenshows, angefangen von den kleinen Dookie-Auftritten bis hin zu Arena-Gigs werden von guter Kameraführung und dem bereits vom Beatles-Ableger bekannten, leicht ins comichafte gehende Figurendesign adäquat |
Auch wenn Harmoniegesang mit von der Partie ist, bleibt Green Day in der Rock Band-Version unter dem Strich deutlich hinter den Liverpooler Pilzköpfen zurück. |
eingefangen und (bei Bedarf) mit auf die Songs abgestimmte Pyro-Effekten usw. unterstützt.
Und obwohl die Menü- und Ladebildschirme sich am Artdesign der Green Day-Alben orientieren, ist im Rest des Spieles zu wenig davon zu sehen. Wo die Liverpooler Pilzköpfe nicht nur mehr Schauplätze bespielten, sondern vor allem auch hinsichtlich des Artdesigns überraschen und überzeugen konnten, bietet Green Day nicht mehr, aber auch nicht weniger als eine technisch saubere Umsetzung einer bekannten Mechanik.
Sauer aufgestoßen ist allerdings die Zensur-Schere, die bei einigen Titeln angesetzt wurde. Dass bei einigen Alben von Green Day nicht zu Unrecht ein „Explicit Lyrics“-Kleber zu sehen ist, muss doch schon im Vorfeld klar gewesen sein. Hätte man dann nicht wenigstens von den entsprechenden Songs zwei Versionen auf die Disc pressen können, von denen dann je nach den Jugendschutz-Einstellungen der geschnittene oder ungeschnittene eingespielt wird? So aber müssen alle, egal ob voll- oder minderjährig, damit fertig werden, dass alles Unflätige einfach kurzerhand aus der Tonspur verschwindet.
Green Day ist die derzeit international erfolgreichste Rock Band. Natürlich muss man Green Day mögen um dieses Spiel zu schätzen, aber einfach zu behaupten jede X-beliebige Band würde ein Rock Band Game bekommen ist in diesem Zusammenhang einfach falsch.
ohne sinnn