Wenn’s kracht, dann kracht’s!
Die Einleitung war ebenso Lob wie Einschränkung. Denn Hard Reset (HR) ist so uralte Schule wie »hat Chancen auf den Genrethron« zu schreiben: Das Leveldesign ist verwinkelt, aber linear. Es gibt keine sich selbständig regenerierende Lebensenergie, stattdessen müssen grün funkelnde Heilpäckchen aufgesammelt werden. Deckungssystem? Pah! Man kann sich ja noch nicht mal ducken, außerdem herrscht das Gesetzt des Dauerfeuers – wer braucht da Deckung? [GUI_PLAYER(ID=77937,width=400,text=In Hard Reset kracht und explodiert es am laufenden Band – ein klassischer, schnörkelloser Oldschool-Shooter.,align=right)]Ein Nachlade-Button existiert ebenso wenig wie eine echte Geschichte: Zwar gibt es zwischen den Levels eine in stylisch geschnittenen Standbildern präsentierte und mit englischer Sprachausgabe unterlegte Handlung, die aber mit »Roboter wollen die Menschheit vernichten. Halte sie auf!« ziemlich präzise zusammengefasst ist.
Okay, HR bietet also so ziemlich nichts von dem, was einen modernen Shooter auszeichnet. Aber was hat es denn dann? Explosionen. Gigantische Explosionen. Ballert man ohne Sinn, Verstand und Loslassen der linken Maustaste auf die hartnäckig nachrückenden Gegner ein, fängt das fette MG über kurz oder lang grellrot wie eine wildgewordene Sonne zu glühen an, Feinde werden in einem gigantischen Höllenkessel aus Feuer, Blitz und tonnenweise Altmetall zerfetzt. Eigentlich ist das Spiel wie Serious Sam nur eine Ansammlung von Arenakämpfen, aber die hinterlassen derart viel kaputtes Blech, dass selbst Wall-E einige Jahrzehnte des heftigen Schaufelns vor sich hätte. Die wunderbar überdrehte Physikengine sorgt dafür, dass alles kracht und wackelt und scheppert und rollt und rummst und Explosionen in gigantischen Kettenreaktionen ganze Teile eines Levels nach und nach in die Luft jagen. Ein Großteil der Umgebung ist zerstörbar; explodierende Kisten und Fässer, Energie versprühende Kästen und Maschinen, alles kann und sollte in die Kämpfe einbezogen werden – denn früher oder später wird man nur so mit den Gegnermassen fertig. Kurz gesagt: Hier kracht’s, aber richtig!
Fünf Stunden lang Achterbahn
Das Problem an der ganzen Sache, ein Problem, das sich HR mit Kollegen wie Serious Sam oder Painkiller teilt, ist, dass der wunderbare Wahnsinn nur anfangs wirklich aus den Socken haut. Die von Flying Wild Hog eigens entwickelte 3D-Engine zeigt eine düstere Welt voller Regen, bedrohlicher Bauten, grell flackernder Neon-Werbung und extra-viel Blade Runner-Einfluss. Massig Details, filigrane Levelarbeit, und dabei selbst auf Mittelklasse-Rechner sehr beeindruckende Geschwindigkeit. In der ersten Stunde genießt man das Gezeigte, erfreut sich wild gackernd an der krachenden Action, die Steuerung flutscht wunderbar präzise dahin. Danach habe ich mich angefangen zu fragen, wieso ich eigentlich scheinbar der einzige Bewohner dieser gigantischen Welt bin. Und wieso es gerade mal eine Hand voll unterschiedlicher Robo-Gegner gibt. Aber hey – was für fette Explosionen! Stunde drei: Ich habe mich an dem Regengrau satt gesehen, habe mehr Blechkisten zerlegt, als jemals Kerben auf meine Knarre passen würden, habe das 300te Elektrotor auf die immergleiche Weise geöffnet, die 800te Gegnerwelle hinter mich gebracht. Stunde vier: Ich vermisse die Sonne – Dystopie schön und gut, aber muss es da die ganze Zeit regnen? Uuuuh, endlich mal ein fetter Bosskampf. Stunde fünf: Hoppla, das Spiel ist vorbei? Das kam jetzt unerwartet. Ganz besonders, wenn man bedenkt, dass es keinen Mehrspielermodus gibt.
gab oder gibt es noch im TEDI euro discounter für 1 Euro
Jetzt warte ich auf den Patch zur Extended Cut-Version, die der Entwickler allen Steam-Kunden versprochen hat und dann wird nochmals Metall-Konfetti produziert.
Ich rate einfach zum Extended Cut. Der ist DRM-frei, bietet vier sehr schöne, neue und den Stil des Hauptspieles gut erweiternde Level mit neuen Gegnertypen und einem weiteren Bossgegner. In dieser Version ist Hard Reset auch mit Blick auf den Preis für den Actionfan ein Pflichtkauf.
Hinzu kommt der Fakt, dass man das Spiel sowieso zweimal spielen muss, um es richtig wahrgenommen zu haben. Ein Durchlauf auf Normal, um Charakter und Waffensystem zu leveln. Und danach den Durchgang auf Schwer, um dem Spiel auch in seiner taktischen Tiefe eigentlich gerecht zu werden. Damit ist die Spielzeit deutlich oberhalb von zehn Stunden. Und die Sache ist geritzt.