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Judgment (Action-Adventure) – Nur ein Ableger?

Judgment will ein eigenständiges Yakuza sein, ein Ableger im selben Szenario. Doch während ich für unseren Test durch die Straßen von Tokio geschlendert bin, war mir eins stets klar: Der neue Titel ist reine Kosmetik. Denn Judgment ist durch und durch Yakuza! Aber ist das etwas Schlechtes? Immerhin feierte die Serie mit Teil sechs erst im vergangenen Jahr ein furioses Finale…

© Ryu Ga Gotoku Studio / SEGA

Familie statt Clan

Großen Anteil hat daran nicht zuletzt eine Erzählung, in der Takayukis Kollegen sowie später hinzukommende Kameraden eine Art Familie bilden. Nach zehn Jahren Einzelkämpfer-Mentalität fühle ich mich in diesem wärmeren Umfeld jedenfalls verdammt wohl. Die Autoren und Filmemacher bringen sogar einen sympathisch spitzfindigen Humor ins Spiel, der vor allem Takayuki und seinen Partner Masaharu als sympathisches Duo etabliert, und von einer erstaunlich wohldosierten Prise Slapstick flankiert wird.

Viele Klischees sind aber immer noch zu beobachten: gelegentliches Schreien etwa oder das idiotische Verprügeln des besten Freundes. Im Gegenzug erzählt Judgment dafür einen Krimi, der einmal mehr etliche Umwege über Verschwörungen in Verschwörungen nimmt, insgesamt aber direkter zum Punkt kommt und sich auch unmittelbarer um den zentralen Charakter dreht. Er ist sogar auf eine Weise emotional, die an Yakuza 2 erinnert und das ist das größte Lob, was ich einer Yakuza-Geschichte aussprechen kann!

Andere Länder, andere Sitten?

Einen ganz bestimmten Aspekt der Erzählung finde ich allerdings fragwürdig und das ist nach wie vor die Repräsentation von Frauen bzw. der Geschlechterrollen. Nun bin ich beileibe kein Experte der japanischen Kultur und will Ryu Ga Gotoku Studio außerdem zugestehen, dass sie vor dem Hintergrund einer traditionell stärker sexualisierten Frauendarstellung eine durchaus fortschrittliche Botschaft vermitteln. Gleichzeitig fällt aber auf, dass in der hier erschaffenen Welt ausschließlich Männern Handelnde sind, während Frauen praktisch nur als Opfer oder Unterstützung dienen und natürlich beschützt, ja sogar von einem Mann eingekleidet und geschminkt werden müssen.

Mal abgesehen davon, dass der 35-Jährige Takayuki im Rahmen eines Handlungsstrangs mehrmals mit einer 19-Jährigen ausgeht – was ich deshalb als extrem unangenehm empfand, weil man diese Geschichte selbst in den zahlreichen Multiple-Choice-Gesprächen nicht anders entwickeln darf außer sie als eine Art Minispiel gewinnen zu müssen, indem man sie mit Geschenken und “romantischen” Antworten umgarnt. Alternative Handlungsverläufe gibt es nicht; man könnte die Nebenmission lediglich unerledigt lassen.

Der ungenierte Blick

Es darf gerne Unterhaltung für ein testosterongesteuertes Publikum geben! Und vielleicht erreicht ja gerade ein so inszeniertes Judgment dieses Publikum mit seinen kleinen Ermahnungen in Richtung Gleichbehandlung. Es gibt eine Szene, in der es mit einem überraschenden Perspektivwechsel vielleicht zum Nachdenken anregt. Aber sobald die Kamera mit Nachdruck auf die Oberweite junger Damen glotzt oder in aller Ruhe von den Hüften nach oben fährt, um dann nicht mal das Gesicht zu fokussieren,

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Fremdschämen pur: Als 35-Jähriger mit einer 19-Jährigen ausgehen. © 4P/Screenshot

fühle ich mich einfach unwohl.

Nichts gegen ein bisschen altmodisches Rittertum, doch im Großen und Ganzen untermauert Judgment sehr wohl die Einstellung, dass Frauen zunächst mal Spielzeuge sind und unterstellt seinen Spielern gleichzeitig, sie würden Freude daran empfinden – beides Dinge, auf die ich verzichten kann.

Ausgerechnet der Flipper…

Und weil es gerade um Testosteron geht, will ich abschließend noch ein paar Worte den Schlägereien sowie den Minispielen widmen, bei denen alte Bekannte (Baseball, Poker, Shogi, Dart, Virtua Fighter Showdown u.m.) um ein paar neue ergänzt wurden. Am interessantesten sind hier die Drohnen-Wettrennen, bei denen man durch die Straßen Kamurochos rauscht, Beschleunigungsfelder durchfliegt, in immer schnelleren Turnieren irgendwann Champion wird und als nette Dreingabe mit den hochgeladenen Rekorden von Freunden oder fremden Spielern um die Wette rast. Den Umfang der taktischen Clan-Gefechte aus Yakuza 6 erreicht das nicht, aber eine unterhaltsame Abwechslung ist es allemal.

  1. 4P|Benjamin hat geschrieben: 26.06.2019 15:43
    Poolparty93 hat geschrieben: 26.06.2019 14:31Ich habe dazu gegoogelt und das hier gefunden:
    http://www.gamersheroes.com/game-guides ... -judgment/
    Wenn das stimmt, dann ist es auch ohne Echtgeld-Einsatz möglich, das betroffene Minispiel unendlich oft zu spielen.
    Das stimmt, dieses Ticket gibt es. Allerdings muss man erst mal wissen, wo sich die Voucher überhaupt befinden, was für Spieler ohne Walkthrough & Co. sehr, sehr lange dauert. Bevor sie die Gutscheine dann dort bekommen, müssen sie ja erst mal ziemlich schwere Herausforderungen packen. Ich habe das Ticket nach Dutzenden Stunden jedenfalls immer noch nicht und schaue mir auch keine Lösungen an, weil ich so nicht spielen will. Sprich, vor der VR-Lounge stellt Sega den allermeisten Spielern leider tatsächlich eine Bezahlwand auf.
    Was nicht stimmt, da man nicht mal den Freepass benötigt und auch so an massig Spielpässe kommt.....

  2. Nachdem ich die letzten Tage selbst einige Stunden in Judgment verbracht habe, sehe ich mich gezwungen, nochmal die Abwertung wegen den kaufbaren Spielpässen aufzugreifen.
    Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass sich unendlich viele Spielpässe sammeln lassen, ohne einen Cent auszugeben. Für diese Erkenntnis habe ich keinen Guide benötigt und kann inzwischen ohne den Freipass so oft Dice and Cube spielen, wie ich will.
    Die unendlichen Quellen, die ich während des Spielens gefunden habe:
    Als Drop in Kämpfen
    Okay, dieser Punkt ist mehr dem Zufall überlassen, aber ab und zu fällt ein Spielpass auf den Boden.
    Als Preis im Casino für meine Pokergewinne
    Wer Spaß an Blackjack oder Poker hat, bekommt hier recht günstig Spielpässe als Preise für die Jetons. Wer mit den Kartenspielen nichts anfangen kann, kann auch einfach Jetons für ingame-Geld kaufen und dann in Pässe umtauschen. Die Kosten kann man mit den Gewinnen von VR Paradise wieder decken.
    Als Preis für jeden perfekten Durchgang (10 Homeruns) vom Challenge-Kurs Globaler Goliath St. 3 im Batting Center
    Damit habe ich eben erst 10 Spielpässe am Stück innerhalb weniger Minuten erspielt. Ob wirklich ein perfekter Durchlauf nötig ist, oder ob auch ein anderer Kurs funktioniert, habe ich nicht getestet.
    Jedenfalls kann man hier mega easy Spielpässe ohne Ende farmen.
    Kritik an den angebotenen Mikrotransaktionen ist richtig und wichtig. Die Begründung für die Abwertung kann ich jedoch nicht nachvollziehen. Niemand wird ohne den Echtgeld-Kauf von Spielpässen von Dice and Cube ausgeschlossen.

  3. Ich bin ja mal gespannt ob sie dann auch bei Yakuza (7) ein einsehen haben und deutsche Untertitel anbieten. Fuer viele Spiele reichen meine lala Englischkentnisse (bspw Persona" Disgaea) aus. Aber bei Yakuza verbringe ich bald mehr Zeit in Übersetzung Apps als im eigentlichen Spiel. Hinzu kommt das idR die deutsche Übersetzung eh näher an der Japanischen ist. Scheint aktuell bei Judgment auch der Fall zu sein?
    Iwie kommen mir die Kämpfe in Judgment deutlich leichter vor als in der Yakuza Reihe. Ein kurzer Abstecher in Yakuza 6 bestätigt diesen Eindruck. Strassenkämpfe okay. Aber in Judgment sind sie durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad (der höchste Schwierigkeitsgrad ist gemeint) wirklich eher nervig. Bin jetzt bei ca 7 Spielstunden.

  4. Ich habe aktuell 27 Spielstunden auf dem Konto und 6 von 12 Kapiteln abgeschlossen, nachwievor bin ich begeistert von Judgement, vor allem die Nebenfälle sind teilweise sehr amüsant und die Hauptgeschichte ist richtig gut :D Nebenbeschäftigungen wie z.B. Freundin daten oder feindliche Gangmitglieder verprügeln kann man eigentlich getrost links liegen lassen, dafür ist das VR Center sehr unterhaltsam und ne`Menge Kohle ist dort auch zu holen
    Judgement ist nicht frei von Fehlern, das lässt sich aber verschmerzen.

  5. Bei Judgement sind sie auch viel zu eintönig. Sega macht hier den gleichen Fehler wie alle japanischen Studios: Weiß man nicht mehr weiter oder ist man technisch am Limit angelangt, dann kommt der Effektkleister drüber und alles wird maßlos übertrieben.
    Nein, ein Yakuza ist es leider nicht. Die Story ist nicht tief genug, die Charaktere teilweise zu aufgeweicht, die Kampfstile und das Upgrade-System unattraktiver und die neuen Elemente sind oft mehr Spielzeitstreckung als wirklich gelungene Ergänzung.
    Yakuza: Kiwami 2 bleibt für mich die Gameplay-Referenz und Yakuza 0 die erzählerische. Judgement ist weit irgendwo dahinter.

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