Der Nächste, bitte!
Sicher, man könnte auch die Schrotflinte vom Rücken oder eine der zwei Pistolen aus dem Holster ziehen, doch das schnelle Wedeln erweist sich gegen die herbeiströmenden Hirntoten als deutlich effektiver. Knirsch, flatsch, knirsch – fertig ist das Mett aus Zombies, die brav wie an der Perlenkette herbeiströmen, so dass man sich tatsächlich oft wie am Fließband fühlt. Okay, der Name Killing Floor verrät gewissermaßen, womit man es zu tun hat. Andere VR-Shooter wie Farpoint oder Until Dawn: Rush of Blood beweisen aber, dass die Gegnermassen den Spieler deutlich kreativer und abwechslungsreicher überraschen können. Manchmal habe ich mir sogar das schwache Arizona Sunshine zurückgewünscht, denn selbst dort setzt einen die wankende Meute mehr unter Druck, indem sie den Spieler ab und zu effektiver im Pulk umzingelt.
Schade, dass die Action in Tripwires Titel meist so monoton ausfällt, denn das Drumherum wirkt durchaus gelungen: Als verwundeter Soldat der Horzine Security Forces findet man sich in einer Ausbruchs-Simulation eines gefährlichen Virus wieder. Die Gefahr soll ausgeräuchert werden, bevor sie in die reale Welt entweichen kann. Gelegentlich dringt allerdings das Signal einer kritischen Stimme durch, die den Spieler warnen möchte – ist man nur das Werkzeug einer Verschwörung? Auch die Stimmen einer humorvollen Trainings-KI und der toll synchronisierten, liebenswert unsicheren Emma Rose hört man immer wieder über Funk im Headset. Eine deutsche Übersetzung hat man sich allerdings gespart.
Gelungener Rahmen
Emma gibt sogar auf vorbildliche Weise mehrstufige Tipps, wenn man bei Rätseln zu lange in der Umgebung herumirrt: „Worauf könnten wir diese Schädel platzieren?“ – „Hast du irgendwelche kopflosen Statuen gesehen?“, „Hast du schon auf der anderen Seite der Brücke nachgeschaut?“ Leider beschränken sich die Puzzles auf simple, teils nervige Suchspielchen. Dabei schaut man mit dem Speziallicht der Taschenlampe hinter alle Ecken, bis man endlich die letzten roten „Viren“ (die teilweise sogar auf gemeine Weise ausgeblendet werden) gefunden oder abgeschossen hat. Den Rest der Zeit verbringt man mit der Action, die wie bereits erwähnt leider meist in Fließbandarbeit ausartet. Mal umzingeln einen die „Zeds“-Horden auf der Wiese vor einer Hütte, meist kann man sich aber gemütlich hinter einer Biegung oder am Rande der Treppe im Spukhaus platzieren, um los zu metzeln. Oder man arbeitet sich durch die Pariser Katakomben, deren schmale Korridore sich ebenfalls nicht gerade positiv auf die Kämpfe auswirken.
Immerhin funktioniert aber die Handhabung der Waffen dank Oculus Touch hervorragend: Per Axt lassen sich die „weicheren“ Biester beinahe schon chirurgisch genau köpfen und auch der Messerwurf geht erstaunlich präzise von der Hand. Darüber hinaus gibt es natürlich einige beidhändig nutzbare Wummen für größere Entfernungen, darunter zwei Pistolen, eine Schrotflinte oder ein Sturmgewehr, mit dem sich toll zweihändig zielen lässt. Mal rücken einem flott hüpfende Spinnenwesen auf die Pelle, anderswo besonders drahtige, widerstandsfähige Humanoide. In Kombination mit der Flinte oder dem Sturmgewehr sind die Nahkampfattacken aber leider zu stark. Ab und zu habe ich mich durchaus erschrocken, weil solch ein Zombie unterm VR-Headset einfach größer und furchteinflößender wirkt. Ein Gefühl von Bedrohung kommt aber höchstens in den Bosskämpfen auf, wobei auch der Großteil dieser fetteren Kugelschwämme keine clevere Strategie erfordert.
Metzeln in Feld und Floor
Das ruckartige Drehen macht den Ausflug komfortabel und (zumindest in meinem Fall) übelkeitsfrei. Die Teleportation besitzt allerdings den Haken, dass man den Cursor manchmal nur noch langsam nach vorne bewegen darf. Ich kann verstehen, dass man sich in großen Arealen nicht zu oft aus dem Pulk beamen soll, trotzdem geht die Umsetzung auf die Nerven.
Die grafische Umsetzung gehört zu den Stärken des Spiels: Die schummrigen, felsigen Höhlen voller Hängebrücken und verwinkelter Hohlräume sorgen für ähnlich viel Immersion wie in Farpoint. Schreitet man unter Tage nah an Maschinen und Stellwände heran, gibt es deutlich mehr knackig scharfe Details zu entdecken als im technisch schwachen Arizona Sunshine. Zudem läuft die Kulisse auch auf einem Rechner mit Oculus‘ Mindestspezifikationen stets sauber und flüssig. Wer möchte, kann kooperativ zu zweit im Netz loslegen, wobei es wie so oft in VR an Mitspielern mangelt. Immerhin haben die Entwickler aber einen sinnvolle Suche implementiert, die ohne viel Menügewurschtel abläuft: Zuerst wird nach den spezifischen Wünschen des Spielers gesucht, dann nach allgemein geöffneten Runden; bei einem Misserfolg wird schließlich ein eigener Server eröffnet.
Mh. Mit sowas fährt der VR-Zug nicht aus dem Bahnhof, was.