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King’s Quest: Der seinen Ritter stand (Adventure) – Märchenhafte Auferstehung?

Activision will der geschichtsträchtigen Marke Sierra neues Leben einhauchen – was bietet sich also eher an als die Adventure-Reihe King’s Quest, mit der die Fans gute Erinnerungen verbinden? Auch Telltale diente offenbar als Vorbild, denn Entwickler The Odd Gentleman hat sich für ein Episodenformat im dreidimensionalen Comic-Stil entschieden. Der gealterte Held früherer Spiele erzählt seiner Enkelin von neuen Abenteuern – können sie das märchenhafte Flair der Serie einfangen?

© The Odd Gentlemen / Sierra Games

Zu viel Action

An actionreichen Momenten mangelt es nicht: Etwa jede Viertelstunde wird das Knobeln durch meist nur mäßig unterhaltsame Geschicklichkeitstests unterbrochen. Mal hüpfe ich wie Nathan Drake von einem kollabierenden Felsvorsprung zum nächsten, anderswo muss ich mit passendem Timing auf die Knöpfe hämmern, um auf einem Floß auszuweichen oder einen geheimen Gildentanz aufzuführen. Mit seinem Bogen muss Graham auch mal wie in einem Lightgun-Shooter auf attackierende Fabelwesen schießen. Auch kleine, an Professor Layton erinnernde Garnpuzzles sind direkt ins Spiel eingebunden. Bei ihnen muss das Seil meist in passender Weise verschossen oder um Pfeiler gewickelt werden, um einen Gegner auszutricksen. Das wird z.B. im Kraftduell nützlich, wenn Graham immer wieder vom bulligen Hühnen „Acorn“ von der Insel geschubst wird. Nicht wirklich spannend, aber immerhin auch nicht störend. Deutlich nerviger ist, dass ein paar versteckte Punkte und Objekte leicht übersehen werden können. In einer Fallgrube z.B. musste ich in die exakt passende Richtung blicken, um die dort wachsenden Pilze zu pflücken. Bei meinen ersten Versuchen kletterte Graham auf Knopfdruck einfach wieder aus der Grube, so dass ich trotz anderer Vorahnung davon ausging, dass es dort nichts zu holen gab. Bei der Seilfalle über der Grube spielt die Blickrichtung ebenfalls eine wichtige Rolle. Da sich die Hotspots nicht per Leertaste anzeigen lassen, kam ich aber gar nicht so leicht auf die passende Lösung.

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Auch lange Gespräche lassen sich nicht durch einen Knopfdruck abbrechen. Das wird vor allem dann nervig, wenn man unterschiedliche Dialog-Optionen ausprobiert. © 4P/Screenshot

Auch darüber hinaus haben sich die Entwickler Komfort-Funktionen wie ein Tagebuch gespart. Im Gegenzug beschränkt sich die Steuerung aber auf eine einfache Zwei-Knopf-Steuerung. Sie wurde übrigens auch auf dem PC stark aufs Gamepad zugeschnitten: Mit dem 360-Controller bin ich viel natürlicher durch die Welt gelaufen. Man darf zwar auch mit der Tastatur steuern, muss sich für Interaktionen allerdings passend vor Objekte stellen, da das Zielen oder Anklicken per Maus nicht unterstützt wird – seltsam. Eher kurios als störend sind die seltenen Bugs und Schnittstellenfehler: Manchmal schwebt der stocksteife Graham bewegungslos und mit ausgebreitetem Umhang durch massive Tresen und andere Objekte.

Im Kampf gegen Drachen und Bürokratie

In manchen früheren King’s-Quest-Titeln konnte man beim Knobeln bekanntlich derart in der Sackgasse landen, dass man das komplette Spiel neu starten musste. Im aktuellen Abenteuer ist das glücklicherweise nicht möglich. Es kann allerdings vorkommen, dass Graham erst einmal eine Münze im Wald finden muss, bevor er sich anderswo einen dringend benötigten Gegenstand leisten kann. Im Laufe des Abenteuers muss er außerdem über seine Schatten springen und wichtige Entscheidungen treffen: Welchem Händler oder Handwerker lässt er nach dem „Ausborgen“ von Gegenständen eine seiner wenigen Münzen da? Schießt er beim Aufeinandertreffen mit einem bedrohlichen Drachen wirklich seinen Pfeil ab? All diese eingestreuten Entscheidungen lassen die Handlung ein wenig anders verlaufen – mitunter sogar mit ernsthaften Konsequenzen, die einen deutlichen Kontrast zur locker-flockigen Comedy-Atmosphäre bieten.

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Ein Blick auf eines der eingestreuten Minispiele. © 4P/Screenshot

Zum Brüllen komisch sind die Dialoge zwar nicht, trotzdem wirkt es durchaus charmant, wenn sich die hektischen Ritter in übertrieben bürokratischer Paragraphenreiterei verlieren. Oder wenn sich die Enkelin wieder einmal über die schlechten Wortspiele ihres Opas aufregt. Die deutsche Vertonung ist zwar nicht lippensynchron, wirkt davon abgesehen aber durchaus gelungen. Auch Robert De Niros deutsche Stimme Gordon Piedesack wurden engagiert: Er ist u.a. als raunende Märchenonkel-Stimme in LittleBigPlanet bekannt und übernimmt hier gleich zwei Rollen. Wer sich fit genug dafür fühlt, sollte übrigens ruhig zum englischen Original wechseln, denn dort wird Graham sehr charismatisch von Christopher Lloyd (Doc Brown aus Zurück in die Zukunft) vertont.

 

  1. Wortgewandt hat geschrieben:Also, bitte verurteilt mich nicht, aber ich finde, dass dieses Spiel furchtbar aussieht. Die Grafik gefällt mir überhaupt nicht und raubt mir jede Atmosphäre.
    Sowas ist eben Geschmacksache. Ich hingegen konnte mich absolut nie mit der Zeichentrickgrafik von Monkey Island SE bzw. schon beim damaligen Monkey Island 3 anfreunden.
    Und ich habe genau das selbe Argument, die gepfuschte Cartoon Optik beraubte jegliche Stimmung der einst schönen 256 Farben VGA Idyllen.
    Das Kings Quest hingegen gefällt mir sehr gut... abgesehen des bescheuert übersetzten Titels: "Der seinen Ritter stand"....

  2. Die Augenquest hat mich richtig begeistert. Da hat das Spiel die Mechaniken voll ausgespielt. Ich liebe es wenn Adventures einen NPC bei den Rätseln einbinden. Das war richtig spannend. Graham entwickelt sich hier richtig weiter.

    Spoiler
    Show
    Und Achakas Tod. Naja, ich dachte mir schon, das Odd Gentlemen den einzigen Charakter, der kein Arschloch ist, am Leben lassen.
    Auch toll, das beide nicht die gleiche Sprache sprechen und sich auf andere Wege verständigen müssen.
    Mitgenommen hat es mich trotzdem. Auf dem Niveau kann es weitergehen.

  3. Ich habs erstmal beiseite gelegt. Die Shootersequenzen und QTEs waren nicht mein Fall. Ich mag die Rätsel und den beschwingten Ton, aber die Actionsequenzen fühlen sich gerade wegen der Steuerung nicht gut an.
    Dabei will ich das dieses Sierra Experiment gelingt. Die Idee, das ein großer Publisher wie Activision eine kleine Unterfirma für kleinere Projekte hält ist die beste, die Bobby Kotick seit langem hatte.

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