Ein Großteil der Geschichte Limbos läuft in der eigenen Fantasie ab: Wieso ist der Junge in diesem Wald gelandet? Wen sucht er? Wieso versuchen die anderen Figuren, vermutlich ebenfalls Kinder, ihm wie in der Herr der Fliegen den Garaus zu machen. Wieso befinden sich überall Fallen auf seinem Weg? Wer will ihn stoppen? Wieso? Man möchte dem Geheimnis auf die Spur kommen. Doch mit jedem Schritt, den man macht, mit jeder Falle, der man ausweicht, mit jedem Hindernis, das man überwindet, tauchen mehr Fragen auf. Wieso ist die Welt so verlassen? Warum sind die Gegner, vor denen man fliehen muss, so verdammt groß und Furcht erregend? Warum?
Und ehe man sich versieht, ist man nicht nur damit beschäftigt, die mitunter sehr stark auf Trial-and-Error zugeschnitten Hüpf-Rätsel zu lösen, sondern ertappt sich dabei, wie man versucht, die Antworten auf all diese Fragen zu finden. Damit sorgt Playdead dafür, dass jeder Limbo anders erlebt – und zeigt mit spielerischer Leichtigkeit beinahe nebenbei, dass die spannendsten Geschichten jene sind, die in der eigenen Fantasie ablaufen.
Purer Minimalismus
Doch dies kann nur funktionieren, weil Kulisse und Spielmechanik wunderbar aufeinander abgestimmt sind und in ihrem jeweiligen Minimalismus perfekt miteinander harmonieren. Nehmen wir z.B. die an Schattenpuppen erinnernden Figuren, die als sorgsam animierte Silhouetten durch die in mehreren Ebenen scrollenden Schwarz-Weiß- Hintergründe wandern: Obwohl von der Hauptfigur nur die leuchtend hellen Augen hervorstechen und obwohl der Junge nie spricht und selbst alle auf ihn einstürzenden Leiden ausdruckslos erträgt, ist er durch seine beinahe greifbare Verletzlichkeit sehr lebendig und man verspürt den Wunsch, ihn zu schützen und ohne weitere Schmerzen (sprich: Lebensverlust) an sein Ziel zu leiten. Er kann laufen, hüpfen, sich natürlich an Vorsprüngen hochziehen und an vorgesehenen Stellen mit der Umgebung interagieren. Dazu gehört das Schieben von Kisten, das Benutzen von Tauen oder das Betätigen von Schaltern. Schwimmen oder Waffenbenutzung sind Fremdworte für ihn.
Doch nirgends ist die Hilflosigkeit so umfassend zu spüren wie in den Momenten, in denen ein parasitärer Wurm in seinem Kopf steckt und ihn zwingt, in eine bestimmte Richtung zu gehen. Panik kommt auf, wenn man die Bewegung zwar verlangsamen, aber nicht stoppen kann und die rettende Plattform im letzten Moment außer Reichweite gerät, während man taumelnd auf den Abgrund zu stolpert. Glücklicherweise sind die Kontrollpunkte sehr fair gesetzt, was im Gegenzug allerdings auch dazu führt, dass das Abenteuer vergleichsweise kurz ist: Trotz einiger knackiger Rätselelemente samt glaubhaft eingesetzter Physik sowie tückischer Sprungpassagen, dürfte sich die finale Spielzeit bei einigermaßen erfahrenen Hüpfen-und-Läufern in etwa bei drei bis vier Stunden einpendeln.
Sauber, stilistisch, schockierend
Doch trotz der vermeintlichen Kürze und der bisherigen Veröffentlichung auf zahlreichen Systemen ist Limbo ein Titel, der eine zeitlose Faszination besitzt und den man erleben sollte. Nicht nur, weil viele der zahlreichen Ablebemöglichkeiten zumindest beim ersten Mal für einen gehörigen Schrecken sorgen können. So etwa, wenn man die Umgebung samt innewohnender Stille in sich aufsaugt, dabei übersieht, dass eine Bärenfalle den Weg säumt und man diese auslöst, was mit einem plötzlichen metallischen „Schnapp“ zu einer Enthauptung führt! Sämtliche Goreszenen sind abschaltbar, so dass das Hüpfabenteuer auch für jüngere Spieler kompatibel wird. Doch mit all der stilisierten Gewalt wird die Ausweglosigkeit der Geschichte nochmals intensiver.
Man sollte sich Limbo aber vor allem zu Gemüte führen, weil unterstützt von punktgenauer Kollisionsabfrage nicht nur Timing und Hand-Auge-Koordination gefordert sind, sondern weil man zusätzlich durch ein Wechselbad der Gefühle gejagt wird. Stille, beinahe idyllische Momente, in denen ein weißer Schmetterling seine Runden über den Bildschirm dreht, wechseln sich ab mit atemloser Spannung, die mitunter in Panik aufgelöst wird. So etwa, wenn man von einer riesigen Spinne verfolgt wird, während man ausweglos auf einem Baumstamm einen Fluss hinunter getrieben wird, das rettende Ufer sich quälend langsam nähert und die Spinne zu einem weiteren Angriff ausholt. Aber Playdead hat nicht nur das Erzeugen von Emotionen oder das Erzähltempo im Griff, auch der Rest der Kulisse weiß zu überzeugen. Dabei präsentiert man sich dabei ebenso sparsam und effektiv wie bei den anderen Elementen.
Ansehnlicher Minimalismus
Doch nur, weil man sich Minimalismus auf die Fahne geschrieben hat, bedeutet dies nicht, dass Limbo nichts zum Anschauen bietet – ganz im Gegenteil. Wer nicht nur wild durch die Szenerie hetzt, wird viele Kleinigkeiten in den drei „Welten“ Wald, verlassene Stadt und Fabrik entdecken. Dort peitscht der Regen gegen die Häuserfronten. Da wiegen sich die Grashalme im Wind, während jeder Schritt des Jungen eine kleine Staubwolke zum Ergebnis hat. Hier schwebt ein Haufen Fliegen summend über einem Kadaver und man fragt sich unwillkürlich, welches Schicksal diesen armen Tropf ereilt hat. Und dort scheint die Sonne in gleißenden Strahlen durch die Baumwipfel und gibt einem ein wärmendes Gefühl von Hoffnung, bevor der Weg wieder in die Dunkelheit führt.
Allerdings verliert die Kulisse in der Fabrik des letzten Drittels etwas von der bedrückenden Atmosphäre, die einen lange begleitet. Alles wirkt im Vergleich zur Anfangsphase abgesehen von durch die seltenen Sonnenstrahlen flirrenden Staubpartikeln zu steril. Im Gegenzug werden zwar die Rätsel, die nun auch mit Gravitationsveränderungen punkten und Sprungelemente fordernder, doch bis auf das mysteriöse Ende wirkt Limbo hier fast schon gewöhnlich.
Hab als Dankeschön fürs vorbestellen der one nen code für limbo gratis von ms bekommen. genau dafür hab ich mir ne 500€ Konsole gekauft, um 2D Jump'n'run mumpitz zu zocken...
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Update: code ist weg
Hehe, der war gut.
Da sieht man, wie "grottig" die Spiele heutzutage geworden sind. Einfach, weil man glaubt, je "überfrachteter" desto besser. (Siehe Far Cry 4 und
Dragon Age Inquisition). Selbst das kurz noch vorher so arg hochgelobte "The Evil Within" kommt nicht so gut weg.