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Marvel’s Spider-Man (Action-Adventure) – Kinoreife Story in offener Welt

Seit nunmehr fast 20 Jahren schwingt sich Spider-Man auf diversen Systemen unter der Fahne von Activision durch offene Welten oder kämpft in klassischen Action-Adventures gegen seine Erzfeinde. Das neue Abenteuer des Spinnenmannes ist nicht nur exklusiv auf der PS4 zu haben. Mit Insomniac Games (Ratchet & Clank, Resistance) steht zugleich ein Studio hinter der Entwicklung, das es versteht, klassischen Konzepten neue Facetten abzugewinnen. Im Test klären wir, ob sich Peter Parker unter frischer Regie zu Hochform aufschwingen kann.

© Insomniac Games / Sony Computer Entertainment

Keine Selfie-Flut

Das gilt übrigens auch für die offene Welt. Visuell gibt es zwar nicht viel an ihr auszusetzen: Die Stadt wirkt mit ihren stark befahrenen Straßen und ihren Zivilisten sehr belebt – und das gilt auch für die Vertikale. Pausiert man z.B. beim Wandlauf, stellt man fest, dass sich in den Fenstern nicht nur die Umgebung formschön spiegelt, sondern auch der Blick durch Fenster in schick modellierte Zimmer ermöglicht wird. Zusätzlich kann man ebenfalls auf einigen Hochhausdächern Personen finden, die feiern oder sich in einem angeregten Gespräch befinden. Im Central Park flanieren Familien und scheinen vom Alltagsstress in New York City abzuschalten und der Times Square mit seinen mächtigen Lichtreklamen ist geschäftiger als ein Bienenstock. Der Avengers Tower ist ebenfalls einen Kletterausflug wert. Und mit den unterschiedlichen (vorgegebenen) Licht- und Wetterstimmungen (erst nach dem Abschließen der Story hat man die Option, die Tageszeit zu ändern) bekommt der Big Apple immer wieder einen neuen sehenswerten Anstrich verpasst, der mich über die gelegentlich bei schnellen Schwüngen in Bodennähe aufpoppenden Detailtexturen hinweg sehen lässt. Doch sobald man sich die Zivilisten genauer anschaut, kriegt der eigentlich sehr gute Eindruck erste Risse. Nicht nur, dass sie hinsichtlich des deutlich verringerten Detailgrades im Vergleich zu den Protagonisten aus einer anderen Welt zu kommen scheinen. Hier werden auch zunehmend Klone eingesetzt, die das Bild der lebendigen Stadt zwar nicht ausradieren, aber mit leichten Störstreifen versehen.

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Dass mit Spider-Man ein Held in ihrer Mitte weilt, wird von zu vielen Passanten ignoriert. Eine gelungene Interaktion mit der Zivilbevölkerung findet nur selten statt – hier war Sucker Punch mit Infamous effektiver. © 4P/Screenshot

Und für den Fall, dass man nicht schwingend die 5th Avenue entlang rauscht, sondern z.B. nach einer Nebenmission oder der Bekämpfung eines „spontanen“ Verbrechens länger auf den Straßen verweilt, stellt man fest, dass die Interaktion der Zivilbevölkerung mit Spider-Man eingeschränkt ist. Ja: Von Zeit zu Zeit kommen aufmunternde Zurufe oder Aufforderungen, die Maske herunter und sich erkennen zu geben. Doch größtenteils passiert rein gar nichts. Die Passanten starren einen an, durch einen durch oder an einem vorbei und zücken nicht einmal ein Mobiltelefon, um ein Foto von dem Superhelden zu machen – selbst wenn man gerade vielleicht einen massiven Unfall oder einen Überfall verhindert hat. Das ist schwach und auch nicht dadurch zu erklären, dass Spidery schon seit Jahren durch New York schwingt und sich viele an seinen Anblick gewöhnt haben. Dass sich Spider-Man dieses Schicksal mit einigen anderen Open-World-Titeln teilt und in diesem Bereich in etwa auf dem Niveau von Assassin’s Creed Origins mit seiner ebenfalls eher verhaltenen Zivilisten-Reaktion auf den Helden liegt, ist nur ein schwacher Trost. Denn hier hat Insomniac eine große Chance verpasst, Batman zu zeigen, wie es gehen kann. Rocksteady hat bei Arkham City durch das fast vollkommene Fehlen von Zivilisten dieses Fass wohlweislich gar nicht erst aufgemacht. Doch hier ist es eine verpasste Chance, die Lebendigkeit der Stadt zusätzlich zu betonen. Und Sony hat zusammen mit Sucker Punch in Infamous auf der PS3 gezeigt, wie eine bessere Interaktion mit Passanten aussehen kann – von Open-World-Schwergewichten aus dem Hause Rockstar möchte ich gar nicht erst anfangen.    

Fluch der offenen Welt


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Das Schwingen durch New York City ist intuitiuv und glaubwürdig: Der Seilfaden braucht einen Ankerpunkt. © 4P/Screenshot

Doch auch mechanisch hängt Insomniac zwischen vielen Stühlen, die eine offene Welt mit sich bringt. Einerseits muss man genug Missionen anbieten. Dann wieder sollen Erkundungsreize gegeben werden. Und zu guter Letzt soll es auch noch so wirken, als ob man nicht mit einem Flugzeug über die Karte gejagt ist und wahllos Pakete mit Missionen und Goodies abgeworfen hat – so wie es bei Ubisofts offenen Welten vor ein paar Jahren der Fall war. Zumindest Letzteres ist nicht der Fall. Sämtliche Nebenmissionen und Aktivitäten sowie die glücklicherweise wenigen Sammelaufgaben wurden gut platziert. Doch bei der Qualität gibt es starke Unterschiede. Die Nebenmissionen, die man entdecken kann, sind zwar nicht mit der Hauptgeschichte verbunden, erzählen aber durchaus unterhaltsame Anekdoten – auch wenn sie zu großen Teilen nur den mechanischen Kern von Schwingen und Kämpfen zitieren. Hier ist Arkham City abwechslungsreicher, das mit den Riddler-Puzzles oder ebenfalls von der Hauptgeschichte losgelösten Storybögen mehr Vielfalt bietet.


  1. habs nun auch beendet und war durchwegs gut unterhalten. die "schleichpassagen" kommen aber eindeutig zu häufig vor und sind dabei spielerisch absolut mau. auch die story hat einige durchhänger und mag nicht wirklich in fahrt kommen. trotzdem... gelungene, wenn auch spielerisch ziemlich generische lizenz umsetzung.

  2. Hm ja mir macht das Spiel Spaß bisher. Geärgert habe ich mich sofort als es um TÜRME (Warum schon wieder?) hacken ging. Sehr einfallsreich. Ohne weiteres Kommentar.
    Dann die überladene Steuerung. Aber gut, ich war sowieso noch nie ein Controller-Akrobat mit dem magischen elften Finger. Desto mehr man sich daran gewöhnt, desto besser flutscht es.
    Open World mehr aufgeplusterte / künstliche Fassade, erfüllt zum Schwingen (ja es macht Spaß und fühlt sich geil an!) aber ihren Zweck. Über die KI braucht man heutzutage nicht mehr reden, die ist in fast jedem Spiel altbacken oder unglaubwürdig. Das viele Sammeln hat mir anfangs Spaß gemacht, mit längerer Spieldauer jedoch etwas eintönig / ermüdend ständig dasselbe zu tun. Immerhin macht das sammeln aber Sinn, denn damit kann man Anzüge und Fähigkeiten freischalten.
    Sonst gefällt mir Inszenierung, deutsche Synchro, Grafik , Gameplay , Sound. Das Spiel nimmt sich selber nicht zu Ernst und macht gute Laune nach einem tristen Alltag. Sicherlich sind manche Sachen unschön, 08/15 gelöst und man hätte sich mehr Eigenständigkeit im generellen Spiel Design gewünscht ... Umso spannender wie der Nachfolger wird. Merzt man die Schwächen und typischen OW Kinderkrankheiten aus, könnte der Nachfolger viel besser werden.

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