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Medal of Honor: European Assault (Shooter) – Medal of Honor: European Assault

Die Medal of Honor-Reihe feiert dieses Jahr ihr sechsjähriges Jubiläum. Zeit also, den Klassiker einer grundlegenden Generalüberholung zu unterziehen. European Assault demonstriert deutlich, welches Potenzial noch in der Serie steckt: es geht freier, packender und ansehnlicher zur Sache. Reichen die Verbesserungen für einen Award?

© EA Los Angeles / Electronic Arts

Viele Wege führen nach Stalingrad

Nachdem die Serie mit den letzten Teilen (Rising Sun und Pacific Assault) die asiatischen Gefilde befriedet hat, kehren die Entwickler mit European Assault auf die hiesigen Schlachtfelder zurück. Ihr schlüpft in die junge Haut von William Holt, einem Offizier der OSS, der Vorgänger-Organisation des CIA. Euer Auftrag umfasst nicht nur die Bekämpfung des Feindes, sondern auch die Suche nach kriegsentscheidenden Informationen. Und so haltet ihr immer die Augen offen nach Dokumenten, während ihr mit den Briten in St. Nazaire einfallt, den Desert Rats um General Montgomery in Nordafrika beisteht,

In St. Nazaire beginnt euer Abenteuer.

mit russischen Partisanen um Stalingrad kämpft und schließlich mit den Amerikanern die Ardennenoffensive führt. Das Spiel zieht sich über ein knappes Dutzend Missionen, die euch ungefähr acht Stunden beschäftigen – das klingt nicht nach viel, aber es ist sehr wahrscheinlich, dass ihr mehrmals zur Front zurückkehrt.

Denn im Gegensatz zu den bisherigen Teilen bietet euch European Assault als wichtigste Neuerung ein freies Spielfeld mit offenem Missionsdesign: Jeder Level besteht aus drei primären Zielen, die auf jeden Fall zu erfüllen sind. Dazu gibt es bis zu fünf Sekundär- und Bonusaufträge, deren Erfüllung allein euch überlassen ist. Allerdings müsst ihr sie vorher finden, und zwar direkt auf dem Schlachtfeld: Verlasst ihr die offensichtlich zum Ziel führenden Pfade, erhaltet ihr vielleicht unerwartet eine Funkmeldung, dass z.B. ein überraschend hereinrumpelnder Panzer zu zerstören ist. Ob ihr das jetzt macht oder nicht, ist eure Sache. Kümmert ihr euch um die Aufgabe, macht sich das nicht nur in Form von Medaillen auf eurer Soldatenbrust gut, sondern bringt euch auch »Wiederbelebungen«. Das sind quasi Bonusleben, mit denen ihr sofort auf dem Schlachtfeld wieder aufsteht, wenn ihr niedergeschossen wurdet – so müsst ihr nicht den Level von vorn starten. Diese offene, rollenspielkompatible Quest-Lösung sorgt für einen hohen Wiederspielwert. Denn der Multiplayermodus, so unterhaltsam er auch ist, ist eher spartanisch: Lediglich vier Spieler dürfen sich ausschließlich am Splitscreen scharmützeln – kein Xbox Live, keine Netzwerkverbindung weit und breit. Immerhin erwarten euch neben den üblichen Variationen auch aufgabenbasierte Spiele, die die eine oder andere halbe Stunde vor einem gemeinsamen Fernseher rechtfertigen. Da wäre jedoch weitaus mehr drin gewesen. Nach dem ernüchternd mittelmäßigen MoH: Rising Sun wollten sich die Designer wohl lieber auf ein packendes Solo-Erlebnis konzentrieren. Die Steuerung geht auf allen Konsolen leicht von der Hand, auch wenn es schade ist, dass man die Tasten nicht selbst belegen kann – aber vier vorgefertigte Layouts sorgen dafür, dass sich jeder Spielertyp nach kurzer Zeit wohl fühlen sollte. Ihr dürft laufen, kriechen und robben, euch um Ecken lehnen und aus der Deckung heraus auch über Kimme und Korn feuern.

Der Front-Medizinmann

Ihr könnt euren Teamkameraden einfache Befehle geben.

Das freie Spielgebiet hat natürlich auch Auswirkungen auf das Gegnerverhalten: Früher gab es im Prinzip nur eine Richtung, aus der Gegner kommen konnten (von vorn), jetzt seid ihr von allen Seiten gefährdet. Gut, dass ihr nur selten allein unterwegs, sondern meist Teil einer großen Gruppe seid, von denen ihr bis zu drei Kameraden auch selbst sehr primitiv steuern dürft: Ihr könnt sie lediglich zu einem bestimmten Punkt und zurück zu euch rennen lassen – kein Vergleich zu den umfassenden Möglichkeiten, die z.B. ein Brothers in Arms bietet. Aber auch ohne Kontrolle stellen sich eure Mannen brauchbar an: sie suchen selbständig Deckung, schreien sich gegenseitig Anweisungen zu und schießen kontrolliert. Auch die Gegner sind nicht ohne, denn sie feuern ums Eck, kicken Granaten zurück, stellen sich tot, besetzen freie stationäre Geschütze oder wechseln zufällig ihre Position. Selbst auf dem einfachsten der vier Schwierigkeitsgrade bieten sie eine angemessene Herausforderung, allerdings habt ihr hier vom Start weg mehrere Wiederbelebungen und Heilpäckchen an Bord. Auf der höchsten Stufe sind die Feinde nicht nur noch mal eine ganze Ecke fieser, auch habt ihr nur ein Leben und keinerlei Heilungsmöglichkeit – ein klarer Fall für Padprofis.