[GUI_PLAYER(ID=108037,width=400,text=Der Trailer suggeriert noch einen stimmungsvollen Insel-Trip. Aber der Eindruck täuscht…,align=left)]Eine einsame Insel. Und ein gestrandeter Fischer mit Gedächtnisverlust, der Schritt für Schritt ihre Geheimnisse erforscht und dabei auch die Bruchstücke seiner verlorenen Identität wieder zusammensetzt. Na, klingelt da was? Richtig: Das hört sich doch verdächtig nach Dear Esther an! Tatsächlich gibt es noch mehr Gemeinsamkeiten mit der experimentellen Produktion von The Chinese Room – angefangen bei den Monologen des Erzählers über die idyllische Landschaft mit ihren Stränden und Höhlen bis hin zur stimmungsvollen Musik, die meine Erkundungen meist mit sanften Streicher- und Klavierklängen begleitet.
Doch während sich Dear Esther auf das Umherstreifen der Insel sowie experimentelles Storytelling beschränkte und mangels echter Spielelemente einzig von der melancholischen Atmosphäre lebte, will Clifton das Erlebnis auch mit Rätseln und kleinen Geschicklichkeitseinlagen bereichern. Eigentlich eine gute Idee, doch leider ist das Design der Kopfnüsse völlig misslungen: Wo liegt z.B. der Anspruch, einen Safe zu knacken, dessen Zahlenkombination sich in der Schublade des Tisches befindet, auf dem er steht? Bei späteren Tresoren muss man zwar etwas länger suchen, doch wiederholt sich das Prinzip genauso wie bei den zahlreichen Stromgeneratoren, die man ständig mit dem gleichen Reaktionstest anwerfen muss, nachdem man ihnen Benzin aus den zuvor versteckten Kanistern verabreicht hat.
Das andere Extrem lernt man gleich zu Beginn kennen: Um eine Brücke zu senken, reicht es nicht aus, einfach das bereits aufgesammelte Drehventil in die Vorrichtung zu stecken. Nein, zuvor gilt es noch, einen Aussichtspunkt zu entdecken, daraufhin das Blinken einer Boje in einen Morsecode zu übersetzen und aufgrund dieser Information schließlich vier Behälter in einer richtigen Reihenfolge anzuordnen – und die wollen zuvor selbstverständlich ebenfalls gefunden werden. Wie kann man sich nur so einen Mist ausdenken und dann sogar noch behaupten, das Spiel beruhe auf wahren Ereignissen? Ich möchte gerne mal denjenigen kennenlernen, der eine solche Mechanik entwickelt, um eine einfache Holzbrücke zu senken… Später folgen noch „Rätsel“ von einem ähnlichen Kaliber. Ich war mehrmals kurz davor, angesichts des unlogischen Rätseldesigns nur noch meinen Kopf gegen die Wand zu hämmern. Das gilt auch für Momente, in denen ich z.B. vor verschlossenen Toren stand, die jeder normale Mensch bei einem kleinen Sprung über die Mauer überwunden hätte. Hier nicht – stattdessen werden wieder irgendwelche Aufgaben an den Haaren herbei gezogen, bis sich das blöde Ding öffnet. Dass viele wichtige Gegenstände sehr klein ausfallen und / oder sich in den meist düsteren sowie farbarmen Kulissen trotz einer optionalen Hervorhebung nur schwer finden lassen, trägt ebenfalls zum steigenden Frust bei. Immerhin lässt sich der übertriebene Körner-Filter in den Optionen deaktivieren. Dadurch büßen die durchaus ansehnlichen Schauplätze wie Strände, ein Leuchtturm oder Wälder zwar ihr „Film-Flair“ ein, doch kommt die Maßnahme der Übersicht zugute.
Humpelstielzchen
Das spielerische Drama beginnt aber nicht erst mit den furchtbaren Rätseln: Nachdem man an der Insel angespült wurde, darf man sich zunächst nur humpelnd im Schneckentempo fortbewegen. Zwar ist ein Stock relativ schnell gefunden, viel besser wird es danach aber nicht, denn ich krieche dermaßen laaaaaaaangsam über die Pfade, dass ich fast schon das Gefühl habe, im Gehen einzuschlafen. Das ist vor allem deshalb eine Tortur, da man aufgrund des Rätseldesigns meist dazu gezwungen wird, ständig von einem zum anderen Ende des jeweiligen Schauplatzes zu „laufen“, wobei die starre Kamera jegliche Immersion unterbindet. Eine mühselige Qual, aber scheinbar geht in Irland alles einen Gang langsamer. Egal ob beim Senken der besagten Holzbrücke oder dem späteren Öffnen eines Tores, bei dem ich gleich mehrmals eine Kurbel mit der Maus anklicken muss: Hier wird ein Tempo an den Tag gelegt, bei dem ich noch stärker als beim übrigen Spielverlauf hart kämpfen musste, um nicht vor dem Bildschirm einzunicken. Montague’s Mount wirkt stärker als jede Schlaftablette! Selbst die vermeintlichen Grusel-Momente, in denen beim Betreten eines neuen Bereichs Geister von Kindern auftauchen oder Stimmen das Rauschen des Meeres oder der Bäume durchbrechen, entlockten mir nur noch ein müdes Gähnen. Am Anfang vermag es das Spiel noch im Ansatz, durch das Zusammenspiel von windiger Insel-Kulisse, der Einsamkeit und schöner Musik eine melancholische Atmosphäre aufzubauen, die jedoch schon nach wenigen Minuten im Sog der unendlichen Langeweile verpufft.
Dazu gesellen sich technische Schnitzer, die den Aufenthalt auf der Insel endgültig vermiesen: Nein, ich meine damit nicht die durchaus heftigen Pop-ups oder Flackerschatten. Viel schlimmer ist die katastrophale Kollisionsabfrage, die nicht nur dafür sorgt, dass der eigene Körper manchmal mit Wänden oder Dächern „verschmilzt“. Hier passiert es sogar öfter, dass man zig Versuche braucht, um ein eigentlich harmloses Hindernis wie einen Holzstamm zu überwinden. Erst wenn man in einem seltsamen Winkel darauf zuläuft, hat man eine Chance. Allerdings nicht immer: Ich bin im Rahmen des Tests über einige Stellen gestolpert, in denen man komplett festhängt (…so z.B., wenn man sich die Tafel mit den Kinderbildern aus unmittelbarer Nähe betrachtet) und sich nur mit dem Laden eines alten Spielstands wieder aus der Lage befreien kann. Dabei muss man aber nicht nur die mitunter öden und langen Zwischensequenzen über sich ergehen lassen, sondern teilweise sogar erneut die Gegenstände suchen, die man eigentlich schon in seinem Inventar hatte. Apropos Inventar: Auch hier hat sich Clifton einen üblen Patzer erlaubt, indem er den Platz auf maximal fünf Gegenstände beschränkt hat. So kam ich in eine Situation, in der ich neben vier Tonscherben auch eine bereits verwendete Kurbel wieder mitgeschleppt habe. Woher hätte ich auch wissen sollen, dass man sie nicht mehr braucht? Um die Scherben auf dem Schalter zu platzieren, braucht dieser zuerst Strom – warum auch immer. Also muss ich zunächst mal wieder einen Benzinkanister finden und mit ihm den Generator anwerfen. Das Problem liegt in folgender Rechnung: 4 Scherben + 1 Kurbel = 5 Gegenstände = kein Platz für weitere Gegenstände wie Benzinkanister. Dumm gelaufen. Notlösung: Spielstand laden. Ideallösung: Spiel endgültig von der Festplatte löschen!
Ich versteh irgendwie nicht, warum das Spiel so dermaßen wegen den Rätseln runter gemacht wird. Die Rätsel in Resident Evil sind auch meist weit von irgendwelcher Logik entfernt.
für mich (MICH) ist eine platinwertung übrigens kein "uneingeschränkt empfehlenswert (gibt's nicht, weil jeder mensch einen unterschiedlichen Geschmack hat) oder ein "unbedingt kaufen", sondern schlicht ein "herausragend". herausragende Elemente in diversen bereichen, von gameplay über Technik bis zur atmo... Details gibt's dann im text (immer noch die Hauptsache bei einem test oder einer Kritik, egal für was), und ich denke jeder hier kann lesen.
zum test: tja, enttäuschend. als indie ist das genre aber auch verführerisch: minimalistik auf allen gebieten möglich, gut für soloentwickler... aber eben auch nur wenn man weiss wie´s geht.
Dann ist ja alles klar. Das nächste mal gibt's dann auch eine Antwort mit weniger Aggro.
blablabla
@ topic:
Danke. Hatte schon vor mir dieses Spiel zu kaufen. Aber sowas geht einfach gar nicht. Hat der Entwickler, geringes Budget hin oder her, etwa keinen Anspruch an sich selbst, zumindest ein spielbares Produkt abzuliefern?