MC Escher legt auf
Kein Monument-Valley-Text ohne Bezugnahme auf Maurits Cornelis Escher, jenen niederländischen Grafiker, der in der Mitte des vorigen Jahrhunderts für Furore sorgte: Eschers berühmteste Werke befassen sich mit optischen Täuschungen und perspektivisch Unmöglichem, ein paar davon habt ihr bestimmt schon mal gesehen. Besonders toll finde ich persönlich seinen Wasserfall, das Bild Belvedere, die Andere Welt oder Relativität. Und in der Tat, ein Monument Valley ist (ähnlich wie Sonys hippes PSP-Spiel Echochrome) ohne Eschers Arbeiten kaum denkbar. Zu frappant sind die Ähnlichkeiten, wenn ich meine Spielfigur über Brücken und Treppen schicke, die nur scheinbar nach oben zeigen, eine Rotation später aber in die Tiefe des Raumes führen.
Monument Valley geht prinzipiell nämlich so: Als Spieler hat man ein meist kleines Diorama-Level vor sich, auf das man frontal aus einer erhöhten Perspektive blickt. In den mal schlichten, mal verzwickt gebauten Strukturen steht eine Figur, die zum jeweiligen Ausgang geschubst werden möchte. Per Mausklick gibt man den Weg vor, die Figur geht dabei immer nur so weit, wie es gerade möglich ist. Fehlt eine Brücke oder führt eine Treppe ins Nichts, stoppt sie. Dann muss ich eingreifen: An Blöcken ziehen, um Treppen hoch und runter zu fahren, das Level in seiner Gesamtheit um die eigene Achse rotieren oder an Kurbeln drehen, um Brücken zu bewegen. Mit manchen Levelbausteinen kann ich interagieren, obwohl meine Spielfigur gerade draufsteht, andere sind „blockiert“, wenn mein Charakter dort verweilt. Das erhöht die Komplexität der Kopfnüsse, richtig knifflig wird es aber nie. Beide Monument Valleys verstehen es meisterlich, dass ich stets ein bisschen nachdenken muss, dann eine kleine Idee habe und rasch belohnt werde. Durch zum Spiel- und Dreh-Geschehen passende, schöne Soundeffekte und viele Aha-Erlebnisse, wenn ein eben noch überhaupt nicht erkennbarer Weg durch eine kurze Drehung wie aus dem Nichts entsteht. Dann wirkt Monument Valley wie ein guter Zaubertrick!
Wie aus einem Guss
Obwohl mehrere Jahre zwischen beiden Mobile-Games lagen, fühlte sich der Übergang vom genialen Erstling zum sehnlich erwarteten Nachfolger sehr harmonisch an. Teil 2 blieb dem Spielprinzip treu und traf auch optisch denselben Nerv, ohne sich selbst plump zu kopieren. Immer wieder steuert man in Monument Valley 2 ein Figuren-Duo, gibt dabei durch das Dirigieren eines Charakters auf kluge Weise auch den Weg des Kompagnons vor. Generell ist es in beiden Titeln erstaunlich, dass sich fast jedes Level nicht nur optisch vom vorigen Areal abgrenzt, sondern auch spielerisch so viel Abwechslung bietet, dass man niemals gelangweilt ist. Mal kommt euch der coolste Block-Charakter seit dem Viererstab in Tetris zu Hilfe, mal versinkt die Levelstruktur während des Spielens im Wasser. Eben noch verstellen euch nervige Krähen den einfachen Weg zum Ziel, dann wähnt man sich im nächsten Moment in einer Polly-Pocket-Version des Taj Mahal.
Die Stories der Spiele sind derweil stets präsent, drängen sich aber nie in den Vordergrund: Ähnlich wie in einem Journey umhüllt euch eine warmherzige Grundstimmung, während ohne viele Worte ein kleines Märchen erzählt wird. Beide Monument Valleys klingen sehr schön, das gilt sowohl für die Soundeffekte als auch die entspannte Spielemusik. Noch mehr Wonne als die Ohren empfinden aber die Äuglein, ihr habt das vielleicht schon meiner Grafik-Schwärmerei oben entnommen. Doch auch jenseits persönlicher Vorlieben – die meinigen trifft das Spiel offenbar perfekt –, wirkt der Look sehr sauber und hochwertig. Naturalistische Einflüsse treffen auf Elemente orientalischer Kunst, harmonische Farbkombinationen und der Miniatur-Look ergeben ein sehr ansprechendes Ganzes. Beide Titel sind bei Steam für jeweils sieben Euro erhältlich, wer zum Bundle „Panoramic Collection“ greift, der spart zwei Euro. Alle kostenpflichtigen DLCs der beiden Mobilspiele sind in den Panoramic Editions enthalten und können vom Start weg im Hauptmenü angewählt werden.
Damals durchgespielt und schulterzuckend das Tablet zur Seite gelegt.
Wohl nicht für jeden was.
Danke für den schönen Test, der mich sofort dazu bewegt hat, die Collection auf Steam zu kaufen. Ich bin wirklich begeistert, das sind kleine Meisterwerke.
Die Android oder iOS Version habe ich nie gespielt, aber die Touchsteuerung fühlt sich wahrscheinlich direkter an. Ich genieße auf jeden Fall die PC-Version auf meinem 27" Monitor und guten Lautsprechern.
Ich bin hin und her gerissen...
Ich liebe MV1 und 2, habe beide gerne mehrfach am Tablet durchgespielt und damit auch meine Kindern an das Medium Videospiel herangeführt. Ich liebe den minimalistischen Grafikstil und wollte das eigentlich nochmals mit einem Kauf für mein im Oktober lieferbaren Steamdeck würdigen.
Muss man am Steamdeck die verhunzte Touch Steuerung nutzen oder geht das auch mit Controllern?