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NBA Live 06 (Sport) – NBA Live 06

Erst kürzlich stolperte EA mit der 360-Version von FIFA 06 in den Wertungskeller: die technischen Probleme, der spielerische Stillstand und die künstliche Kulisse zeugten davon, dass man die neue Konsole noch nicht im Griff hat. Wie geht es NBA Live 06? Immerhin hat die Korbjagd auf PC, Xbox & GameCube unseren Gold-Award abgestaubt. Aber davon ist die 360-Fassung weit entfernt…

© EA Sports / Electronic Arts

Großflächige Kastration

Und die Ernüchterung geht weiter: EA hat das Spiel auch noch schrecklich kastriert. Erinnert ihr euch an die Stars aus NBA 06 für PC und Konsolen? Es gibt dort Spieler in sechs Star-Kategorien mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die man sofort an

Viele Bewegungsphasen lassen bereits Next-Gen-Euphorie aufkommen – leider kann das Spiel nicht mithalten.

ihrer Markierung erkennt. Ein Center hat vier wuchtige Defensiv-, ein Power Forward vier Offensivmanöver in petto; ein Highflyer hebt ab zum Dunk, ein Playmaker sieht den freien Mann. All diese Star-Markierungen sind hier nicht mehr vorhanden. Natürlich könnt ihr Tip-Ins, Tip-Slams, Fadeaway-Jumpshots, freche Steals, verzögerte Korbleger oder Alley-Oops auch so einleiten, aber jetzt fehlt nicht nur die übersichtliche Einstufung der Spielertypen, sondern auch die gezielte Aktivierung der Sonderbewegungen – sprich: alle Bewegungen sind jetzt kontextsensitiv automatisiert und nicht mehr manuell ausführbar. Das ist aus spielerischer Sicht ein großer Rückschritt auf NBA Live 05-Niveau.

Zwar gibt es auf der Xbox 360 endlich den Online-Modus, auf den der Rest Europas bisher sowohl auf PC als auch Konsolen verzichten musste. Aber selbst dort kann man kaum flüssig spielen und auf Kosten dieser Multiplayer-Premiere wurde der Umfang tatsächlich noch weiter beschnitten: Es gibt bloß einen mageren Saison-, aber keinen umfangreichen Dynasty-Modus, um eine langfristige Vereinskarriere samt Rookie-Suche & Co zu starten. Auch das All-Star-Weekend ist futsch. Damit fallen die beliebten Dreier- und Dunk-Wettbewerbe weg, die einen Großteil vom NBA-Zauber ausgemacht haben. Im Gegensatz zu FIFA 06 gibt es hier zwar einen Spielereditor, was angesichts der fotorealistischen Möglichkeiten durchaus motiviert, aber unterm Strich ist das Angebot an Spielmodi auf der Xbox 360 schrecklich mager.

Ein Hauch von Spielmechanik

Was bleibt am Ende? Wir haben uns kopfschüttelnd durch zig Matches gekämpft, das grandiose Publikum genossen, die Zwischenrufe von der Bank aufgesogen und der Spielmechanik trotz der starken Ruckler und Kamera-Probleme auf den Zahn gefühlt. Man kann sogar erahnen, wie viel Spaß die Korbjagd in technisch einwandfreiem Zustand machen würde. Selbst da würde sie aufgrund all der fehlenden Features keinen Award abstauben, aber im guten Bereich landen. Aber neben all den großen Hürden bleiben noch viele kleine zurück: Das Passen wirkt immer noch etwas zu statisch, da es keine Zuspiele in die Tiefe gibt und der Doppelpass kaum Früchte trägt. Und auch die Kollisionsabfrage hat ihre Tücken: Zwar erkennt man jetzt öfter, dass stämmige Spieler kleinere abdrängen, mit Karacho umwerfen oder dass man Dribbler ins Wanken bringen kann, aber das gezielte Blocken von Dunkmonstern, das schon auf PC und alten Konsolen nicht leicht war, wird hier zum Glücksspiel.

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Das führt dazu, dass der schnelle Zug zum Korb fast immer belohnt wird und Alley-Oops fast todsicher verwertet werden – zumal die Kamera auch den Center zu spät einblendet. Dennoch bewahrt sich NBA Live 06 einen leichten Simulationscharakter, da vor allem wilde Pässe oder Tricks mit ungelenken Profis wie Dampiere im Fiasko bzw. Fastbreak

enden. Schön ist, dass man jetzt nahtlos während des Spiels all die feinen Taktiken justieren kann, die die Formation oder das Verhalten bei Rebounds bestimmen. Während der Änderungen in der Pause zoomt die Kamera übrigens an den Spielfeldrand, wo auch der Trainer gestikuliert. Und die NBA-Coaches wurden immerhin drei mal besser und menschlicher getroffen als ihre Kollegen vom FIFA-Platz.

Dass es in den fulminanten Wiederholungen, die man übrigens nicht manuell und jederzeit einleiten kann, mal Clippingfehler gibt, lässt sich verzeihen. Aber dass es klare Fehler in der Kollisionsabfrage zwischen Brett und Ball gibt, ist frustrierend. Wir haben mehrere Szenen erlebt, in denen man das runde Leder von hinten durch die Korbwand ins Netz schießen konnte – autsch. Von Spaß konnte spätestens da keine Rede mehr sein. Auch über das neue Freiwurfsystem lässt sich streiten: Statt wie bisher zwei mal zum richtigen Zeitpunkt laufende Linien zu stoppen, muss man diesmal den rechten Analogstick in einer fließenden Bewegung erst nach unten und dann nach oben ziehen. Das hört sich zunächst sehr intuitiv an, wird auch sehr gelungen in die Wurfanimation umgesetzt, aber führt nicht gerade zu realistischen Freiwurfquoten. Aber während die einen schier verzweifeln und fast keinen Punkt von der Linie machen, kommen andere besser damit zurecht. Fest steht, dass diese Neuerung zwar interessant, aber noch nicht ganz ausgereift ist. Aber wen wundert’s, wenn sich das komplette Spiel wie eine Alpha-Fassung anfühlt?