Eine Frage der Balance
Der Schwierigkeitsgrad lässt sich übrigens nicht wechseln und der Anspruch ist knackig: Ihr werdet also häufig sterben. Nicht umsonst bezeichnete Game Director Yosuke Hayashi diesen Nachfolger als „Sengoku Yokai Masocore“, wobei man Letzteres in Japan auch statt „Soulslike“ verwendet. Nioh 2 bietet aber eine sehr faire Verteilung von Schreinen, an denen ihr nach dem Sterben aufwacht und euch mit wertvoller Ausrüstung versorgen könnt: Man spendet z.B. nicht benötigte Waffen, um dafür mehr Heiltränke, magische Pfeile, Magie fürs Schwert oder die wichtigen Tonschalen für eine Beschwörung zu bekommen. Gerade die Langbögen und Feuerbüchsen sorgen bei Kopftreffern für sofortigen Tod oder zumindest reichlich Schaden; auch Kanonen sind als dritte Fernwaffengattung dabei. Alle besitzen zwei Munitionstypen, wobei z.B. die magischen Pfeile effizient die Ki eines Yokai dezimieren.
![[GUI_STATICIMAGE(setid=87521,id=92605281)] [GUI_STATICIMAGE(setid=87521,id=92605281)]](https://dev2.4p.de/wp-content/uploads/sites/13/2024/04/92605281-vollbild.png)
Noch etwas hilft: Denn hinzu kommen bei aktivierter Online-Verbindung sehr häufig die neuen blauen Seelengräber, an denen ihr zum Teil hochstufige KI-Kämpfer beschwören könnt, die quasi Kopien derjenigen Spieler sind, die das anbieten – wenn ihre Avatare gerufen werden, bekommen die Spieler eine kleine Belohnung. Sie begleiten euch nicht nur bei normalen Kämpfen, teilweise über lange Strecken bis sie sterben, sondern bis hinein in die Bossarenen: Und damit sorgen sie – trotz einiger selbstmörderischer Laufwege in Feuer – für wertvolle Unterstützung oder zumindest so viel Irritation und Ablenkung, dass ihr euch auf eure Yokai-Fähigkeiten und die Verwandlung konzentrieren könnt. So ist Nioh 2 unterm Strich nicht ganz so hart wie Sekiro: Shadows Die Twice – wobei man auch hier je nach Boss differenzieren müssen, denn letztlich werdet ihr auch hier zig Tode sterben.
Spielwelt und Erkundung
![[GUI_STATICIMAGE(setid=87796,id=92608050)] [GUI_STATICIMAGE(setid=87796,id=92608050)]](https://dev2.4p.de/wp-content/uploads/sites/13/2024/04/92608050-vollbild.jpg)
Allerdings liegen Dark Souls 3 sowie das Ninja-Abenteuer von From Software in einem anderen Bereich klar vorne: dem Weltdesign. Zwar hat sich Nioh 2 gegenüber dem Vorgänger verbessert, was z.B. die Verknüpfung der Story durch hochwertige filmische Sequenzen betrifft: So trifft man als Halb-Yokai irgendwann auf mehr oder weniger begeisterte Gefährten, darunter eine Yokai-Jägerin. Außerdem gibt es eine an Bloodborne erinnernde Stelle, als man in einem Dorf mit einem verängstigten Bewohner spricht, der sich in seinem Haus versteckt. Aber es bleibt bei interessanten Facetten und Ansätzen, das alte Japan scheint aufgrund der Ereignisse zur Zeit der Streitenden Reiche und religiöse Shinto-Elemente wie der wichtige Aspekt der Reinheit immer wieder durch, aber es wirkt nicht wie ein harmonisches Ganzes. Die Erzählung plätschert lange Zeit so vor sich hin und auf der Karte schaltet man immer mehr Orte neben seinem Hauptquartier frei, die als Haupt- oder Nebenquest markiert werden und in mehreren Levelstufen nochmals besucht werden können. Gerade die Missionsbeschreibungen von Fürsten, Angriffen und seltsamen Vorkommnissen wirken eher wie Stückwerk, so dass keine besonders starke Sogwirkung entsteht, selbst wenn es letztlich darum geht, das alte Japan als Fürst so zu einen, wie es verbürgt ist. Nioh 2 wird seinen Kampfspielplatz-Charakter aber trotz dieses epischen pseudohistorischen Ansatzes nie so richtig los.
![[GUI_STATICIMAGE(setid=87796,id=92608051)] [GUI_STATICIMAGE(setid=87796,id=92608051)]](https://dev2.4p.de/wp-content/uploads/sites/13/2024/04/92608051-vollbild.jpg)
Die Vertikalität sowie Verknüpfung der Areale ist besser gelungen als in Nioh. Man ist also öfter in höheren Etagen bis unter das Dach unterwegs, es gibt nicht nur unheimlich im Nebel kauernde Dörfer und verwinkelte, teils brennende Festungen, sondern auch finstere Katakomben und fast unwirkliche anmutende Höhlen von riesigem Ausmaß. In all diesen Kulissen schaltet man häufig über Leitern, die man hinab tritt, oder entriegelte Tore nützliche Abkürzungen frei, so dass die Schreine nie all zu fern sind – kein Vergleich zu den langen Wegen in Dark Souls. Vorsicht übrigens: Man kann nicht schwimmen, jeder Sturz in einen Fluss ist tödlich. Zwar gibt es keine nennenswerten Rätsel, aber immerhin wird die Erkundung durch kleinere Interaktionen aufgelockert, wenn man mit Wassertrögen z.B. ein Feuer aus der Höhe löscht, um später an dieser Stelle an eine Kiste zu gelangen. An Brunnen kann man per Schlag aufs Seil etwas aus dem Schacht erbeuten oder hinter Fässern einen Geheimgang finden. Und es gibt angenehm putzige oder auch böse Überraschungen: Was will der kleine lila Kobold bloß von mir haben? Kann man diese Katze wirklich streicheln? Oder man erkennt in einer Wand zwei Löcher, geht einen Schritt näher und sieht plötzlich zwei rot glühende Augen dahinter, bevor ein riesiger Yokai alles plattwalzt. Selbst Schatztruhen können fiese Fallen sein, aus denen etwas heraus springt! All das erinnert Soulsveteranen natürlich an viele vergangene Abenteuer, aber es erreicht nicht diese magische Faszination.