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Paradise Lost (Adventure) – Abstieg in den Bunker

Wie sähe der Alltag in einem postapokalyptischen Polen aus, in dem die Nazis die Erdoberfläche atomar eingeäschert und die verbleibenden Einwohner in tiefe Bunker getrieben hätten? Dieser Frage gehen wir im Test des narrativen Adventures Paradise Lost für PC, PS4 und Xbox One auf den Grund.

© PolyAmorous / All in! Games

Geheimnisvolle Technik

Als ich erst einmal in die Thematik eingetaucht war, haben die Geheimnisse hinter den monströsen Maschinenparks, Computer-Terminals, Widerstandskämpfen und Ewa aber doch noch mein Interesse geweckt – zumindest ansatzweise. Visuell ist all das schließlich sehr stimmungsvoll in Szene gesetzt. Die gigantischen Raketenwerften, retro-futuristischen Terminals und mystisch verzierten Höhlen bieten vor allem auf dem PC mit Ultra-Einstellungen einen prachtvollen sowie detailverliebten Ausblick. Auch die slawische Mythologie spielt bei Malereien und religiösen Tendenzen des Widerstandes eine Rolle.

Wie sich in Aufzeichnungen zeigt, entbrannte nach dem Kampf gegen die Nazis ein brutaler, teils religiös fanatischer Streit um Grundsatzfragen zum weiteren Leben unter Tage. Auch hier kann ich die Themen nur andeuten, da vor allem die Nutzung einer bestimmten Nazi-Technologie zu einem wichtigen Streitpunkt wird. Wie so oft kann der Fortschritt in solch einer Notlage Fluch oder Segen bedeuten und bringt allerlei interessante ethische Fragen mit sich.

Mangel an Persönlichkeit

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Auf diesen Mann will Szymons Mutter in der Rückblende lieber nicht eingehen. © 4P/Screenshot

All das klingt in der Theorie spannend, ist aber von der hübschen Kulisse abgesehen schrecklich fade inszeniert. Der größte Knackpunkt ist die fehlende Persönlichkeit von Szymon und Ewa: Auch nach den gut vier Stunden Spielzeit weiß ich so gut wie gar nichts über sie – abgesehen von Charaktereigenschaften, die ihnen von der konkreten Handlung auferlegt wurden. Mit ihren platten Dialogen wirken sie einfach austauschbar und apathisch. Sicher: Eine ordentliche Portion Skepsis und Abgebrühtheit wirkt bei einer solchen postapokalyptischen Kontaktaufnahme unter Tage authentisch. Trotzdem würde ich die Figuren in solch einer Geschichte lieber persönlich kennenlernen, statt sie als bloßes Produkt ihrer lebensfeindlichen Umgebung und ihrer problembehafteten Vorgeschichte wahrzunehmen.

Soll ich Ewa in einer Entscheidungs-Sequenz über Funk sagen, dass ich ihr traue oder nicht? Ich habe nicht die geringste Ahnung, da ich weder sie noch Szymon kenne. Beide unterhalten sich fast ausschließlich mit der gleichen Monotonie in der Stimme über Probleme, die vor oder hinter ihnen liegen, statt auch mal menschliche Anekdoten oder Erlebnisse wie in Half-Life: Alyx einzustreuen. Mit Hilfe solcher Geschichten hätte man die Distanz zur Realität des Spielers besser überbrücken können, um eine emotionale Bindung zu ihm aufzubauen. Nicht einmal bei der finalen Entscheidung des Spiels kratzte mich der Ausgang. Stattdessen wollte ich nur noch, dass das schrecklich träge Erzähl-Abenteuer endlich ein Ende nimmt!

Grafische Abstriche

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Je tiefer man vordringt, desto mystischer und religiöser wird es. © 4P/Screenshot

Auf Xbox One X und PS4 Pro verliert sogar die Kulisse an Reiz, da alles etwas detailärmer dargestellt wird – auf Sonys Konsole wirken zudem Lichtreflexionen wie von einer Kerze etwas unsauberer. Auf der One X schrammt die Framerate gelegentlich haarscharf am Ruckeln vorbei, während sie auf der PS4 Pro noch etwas tiefer bzw. unangenehmer sinkt. Zusätzlich wird die Geduld bei den klassischen HDD-Konsolenfestplatten mit sehr langen Ladezeiten strapaziert. Auf einem aktuellen Spiele-PC mit einer SSD und einer GeForce RTX 2080Ti hatte ich diese Probleme nicht. Ein Versäumnis auf allen Plattformen ist übrigens, dass sich keine einzelnen Speicherstände anlegen lassen und auch kein Entscheidungs-Diagramm mit Einstiegspunkten wie in Detroit: Become Human existiert. Als ich mich zum Schluss für eines der alternativen Enden entschieden hatte, bleib mir lediglich die Option, das komplette Abenteuer noch einmal zu starten. Nein, danke!

  1. LouisLoiselle hat geschrieben: 03.04.2021 15:47 Ich erinnere mich, dass es vor kurzem ein Spiel hab, wo auf jeden Fall eine Ausnahme gemacht wurde, und alles unverändert blieb.
    Selbst Wolfenstein darf mittlerweile seine Kreuze zeigen. Ich würde sagen dieses Thema ist erstmal vom Tisch ;)

  2. LouisLoiselle hat geschrieben: 03.04.2021 15:47 Ich hab in Videos Hakenkreuze gesehen - sind die in der deutschen Version enthalten, bzw. ist diese Thematik inzwischen zulässig?
    Enthalten, ja. Über die Zulässigkeit gab es vor einiger Zeit hier einen Artikel, deshalb haben sie die wohl benutzt.

  3. Ich hab in Videos Hakenkreuze gesehen - sind die in der deutschen Version enthalten, bzw. ist diese Thematik inzwischen zulässig? Ich erinnere mich, dass es vor kurzem ein Spiel hab, wo auf jeden Fall eine Ausnahme gemacht wurde, und alles unverändert blieb.

  4. Doch arg wenig. Ich fand es gut, gab ja auch genug Schriftstücke mit Story zu finden. War gut aufgebaut, man wusste nie ob Awa eine KI oder ein Mensch ist.

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