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Persona 5 Royal (Rollenspiel) – Der Highschool-Krimi geht weiter

Drei Jahre nach Persona 5 lädt Atlus mit Persona 5 Royal erneut zu einem Besuch der Tokioter Shujin Academy ein, deren Schüler auf der PlayStation 4 ein verlängertes und erstmals auch auf Deutsch spielbares Anime-Abenteuer erwartet. Mehr dazu im Test.

© Atlus / Atlus / Koch Media

Ansonsten sind die Charaktere aber trotz Klischeebehaftungen gut und glaubhaft ausgearbeitet. Zudem kann man selbst entscheiden, hinter welche Fassade man gern tiefer blicken und wem man näher kommen möchte. Auch erzählerisch wird trotz aller Freiheiten ein packender und facettenreicher Krimi auf verschiedenen Zeit- und Bewusstseinsebenen geboten, der abseits aller Highschool- und Großstadtablenkungen in immer bizarrere Abgründe blicken lässt und immer wieder zu überraschen vermag. Erst legt man sich nur mit Lehrern, später aber auch mit Prominenten und Verbrechern an. Deren Psycho-Dungeons werden aber nicht nur von Mal zu Mal gefährlicher, sie sind auch stets maßgeschneidert – sowohl was Design und Optik als auch Gegner oder Rätsel anbelangt.

Dadurch bleiben die übersinnlichen Ausflüge trotz sich wiederholender Elemente durchgehend spannend und stellen eine klare Verbesserung gegenüber den Vorgängern dar. In Persona 5 Royal ist man dank Enterhaken sogar noch agiler und entdeckt neue Wege und Areale. Zudem kann man unterwegs nicht nur auf eine intelligente Automap zurückgreifen, sondern auch eine Art übersinnliche Wahrnehmung aktivieren. Diese nutzt man, um z. B. versteckte Fallen und Wertgegenstände aufzuspüren, Interaktionsmöglichkeiten und Lösungswege zu entdecken oder Stärken umherziehender Gegner abzuschätzen. Diese wiederum kann man mit einfachen, wenn auch mitunter etwas hakeligen Stealth-Manövern meist hinterhältig attackieren oder auch umgehen, um Alarme zu vermeiden und Ressourcen zu sparen. Munition für Schusswaffen und spirituelle Energie für die Persona-Nutzung sind nämlich begrenzt, kleine Auffrischungen vor allem zu Beginn ziemlich kostspielig. Daher ist hier ebenfalls gutes Zeit- und Aufwandsmanagement gefragt. Auch die Bosskämpfe warten mit Entscheidungen und Überraschungen auf, die für Persona 5 Royal stellenweise sogar umgekrempelt wurden und so selbst bei Kennern des Originals für die ein oder andere Verblüffung sorgen.

Ab in den Untergrund

Die zufallsgenerierten U-Bahnschächte von Mementos können da trotz fahrbarem Untersatz und herrlich düsterer Atmosphäre leider nicht ganz mithalten und dienen trotz realer Verknüpfungen eher als Ausflugsziel für Persona-, Erfahrungspunkte- und Beutejagden, die in Persona 5 Royal aber zumindest mit neuen Sammel-, Tausch- und Bonusoptionen aufwarten, die sich sogar positiv auf Motivation und Spielkomfort auswirken. Der Schwierigkeitsgrad hängt mit dem eigenen Spielstil zusammen, lässt sich aber auch jederzeit in mehreren Stufen anpassen. Es sei denn, man entscheidet sich gleich zu Beginn für die allerunterste Sicherheitsstufe, dann bleibt man dort gefangen. Speichern kann man hingegen fast immer und überall. Nur in den Dungeons muss man zuerst passende Schutzräume finden, die sich dann auch als Schnellreiseziele nutzen lassen.

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Veränderte Schauplätze und Bosskämpfe sorgen auch bei Veteranen für Überraschungen. © 4P/Screenshot

Echte Hürden können nach wie vor die im Spiel angebotenen Kreuzworträtsel sein. Die sind zwar jetzt auch auf Deutsch lösbar, aber teils sehr vage oder speziell. Zum Pflichtprogramm zählen sie aber nicht. Um den Wissenswert des Protagonisten zu verbessern, gibt es nämlich auch viele andere, selbst passive Betätigungsmöglichkeiten. Nicht ohne sind auch die Fragen der Lehrer im Unterricht oder beim Gerichtsquiz im Fernsehen. Doch selbst wenn man diese regelmäßig verpatzt, sind die Fragen mitunter richtig interessant und man lernt viele kleine Details über japanische Geschichte und Kultur sowie natur- und geisteswissenschaftliche Phänomene.

Noch mehr hat mich aber die über alle Zweifel erhabene Präsentation im knalligen Cartoon-Stil begeistert, bei der von den Effekten und Animationen über Regie und Outfits bis hin zur musikalischen Untermalung und dem Menüdesign einfach alles perfekt aufeinander abgestimmt ist. Egal, ob die gesichtslosen Menschenströme in den Tokioter U-Bahnstationen, das belauschbare Comic-Geflüster auf den Schulkorridoren, die gleißenden Hinrichtungen bei der Persona-Zucht oder die cineastisch zelebrierten Kampfresultate – die Inszenierung ist trotz vergleichsweise schwacher Texturen einfach grandios. Und obendrein werden zu wichtigen Story-Ereignissen auch noch harmonisch in den Spielverlauf eingebettete Anime-Filme abgespielt. Außerdem wurden frühere DLC-Inhalte integriert, zwei schwulenfeindliche Passagen angepasst sowie weitere Spielenden und ein komplett neues Schulsemester hinzugefügt. Wer einen Persona-5-Spielstand besitzt, kann sich sogar über einen kleinen Startbonus freuen. Insgesamt werden mit Persona 5 Royal mehr als 30 Stunden zusätzliche Spielzeit versprochen, die sich zu den ohnehin schon weit über hundert Stunden Original-Spielzeit hinzugesellen – und das nicht irgendwie ans Ende angeheftet, sondern wohl überlegt und dosiert eingeflochten.