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Pro Evolution Soccer 2008 (Sport) – Pro Evolution Soccer 2008

Es ist tragisch, wie schnell Faszination vergeht. Pro Evolution Soccer 6 war mal das beste Fußballspiel weit und breit. Wir haben es mit einem Award ausgezeichnet. Es hat uns hunderte Mittagspausen mit seinen Toren versüßt. Es hat uns jubeln und fluchen lassen. Aber wir spielen es nicht mehr. Es war in dem Moment tot, als sein Nachfolger geboren wurde. Was er besser macht? Wir jubeln und fluchen noch lauter…

© Konami / Konami

Bitte zeig mir dein Tor!

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Pro Evolution Soccer 2008 fühlt sich dieses Jahr einfach noch besser an – wer es einmal spielt, will den Vorgänger nicht mehr einschmeißen.

Wenn man gerade seinen dritten Treffer kassiert und seinen Gegner mit einem Strahlen im Gesicht bittet, die Wiederholung doch noch mal laufen zu lassen, dann ist man entweder sehr betrunken, ein komischer Kickmasochist oder ein echter Fußballgenießer. Oder alles zusammen? Letzterer liebt jedenfalls eines noch mehr als den persönlichen Erfolg: Den genialen Pass. Den wuchtigen Kopfball. Die saubere Grätsche. Das elegante Dribbling. Den verwandelten Freistoß.

Selbst als Bayernhasser wird er Ribérys ballistische Streichelkunst loben, selbst als Bremenhasser wird er Diegos grandiose Technik anerkennen. Man schaut die Sportschau und denkt sich: Klasse. Das ist Fußball. Die können das, wovon man früher in der E-Jugend noch träumte, bevor einem die D-Jugend dann gnadenlos die ersten fußballerischen Defizite offenbarte und man in der B-Jugend schließlich auf holprigen Ascheplätzen in der Kreisklasse versackte. Statt Kameras, Fans und Blitzgewitter gab’s Currywurst, Staub und dreckige Stutzen.

Ich bin der Star

In der Meisterliga könnt ihr ein unbekanntes Team zu Ruhm und Ehre führen. Die Fans wurden diesmal besser integriert, die Menüs poliert.

Und wovon hat man nachts geträumt? Einmal Maradona sein. Oder Rummenigge. Oder wenigstens Frank Mill. Es könnte so einfach sein, isses aber nich. Oder doch? Es gibt eine virtuelle Parallelwelt, in der man Fußballgott sein, Traumpässe spielen und Bombentore schießen kann. Das, was World of WarCraft für alle Möchtegern-Gimlis dieser Welt ist, ist Pro Evolution Soccer 2008 (PES 2008) für alle Möchtergern-Messis: Ein Zuhause. Ein Platz, wo nur der runde Fetisch regiert, dem man mit seinen Kumpels in unverhohlener Torgeilheit frönen will.

All das, was diesen Sport so faszinierend macht, zaubert PES 2008 auf die Mattscheibe – und das seit Jahren. Damit erzählt man Kennern also nichts Neues, denn es handelt sich fast um einen Neverending Erfolgsstory made in Japan.  Warum vertreibt dieser Kick jedes Mal das über allen Sportspielen schwebende Gespenst, nur eine schnöde Erweiterung zu sein? Warum wird man dem Spiel in seiner x-ten Variante nicht überdrüssig? Weil es eben keine Variante ist, sondern der nächste Schritt hin zur perfekten Unterhaltung. Konami mag auf den ersten Blick nur Feinheiten verändert haben, aber die Auswirkungen auf dem Platz reichen aus, um nicht nur ein neues, sondern auch ein besseres Spielgefühl zu erzeugen. Zunächst fallen viele Kleinigkeiten ins Auge: Schaut euch das Taumeln nach einem Kopfball an, das Trikotzupfen beim Zweikampf, das lange Auslaufen nach einem Sprint oder das coole Abschirmen, wenn sich der Rücken zwischen Ball und Gegner schiebt. Oder hört mal genau hin: Dieses Jahr wird beim Zusammenprall richtig geächzt, beim Foul spektakulär geschrien – akustisch ist viel mehr Leben in der Bude.

Schwalben & Mauerbau

Lust auf eine Schwalbe? Kein Problem: Wer drei Schultertasten drückt, hebt plötzlich ab. Aber Vorsicht: Die Schiris ahnden sie meist konsequent mit Gelb. Nur auf der PS2 fehlt diese Neuerung.

Natürlich gibt es auch dieses Jahr  offensichtliche Zusätze wie schnell ausgeführte Freistöße in der Spielfeldmitte, Zeichen für erschöpfte Spieler, die Möglichkeit der Schwalbe auf Xbox 360, PS3 und PC: Wenn ihr den Ball führenden Spieler steuert, könnt ihr euch über das gleichzeitige Drücken der beiden linken sowie der rechten Schultertaste schauspielerisch zu Boden begeben. Nicht nur im Strafraum, sondern überall. Allerdings ahnden die Schiris diese unfairen Einlagen sofort mit einer gelben Karte – es ist uns kein einziges Mal gelungen, einen Elfmeter zu schinden. Selbst die KI setzt diese Methode in der Meisterliga ein und wird meist bestraft. Da dieser Zusatz so selten zum Erfolg führt, ist er ein willkommener! Schließlich gehört die Schwalbe zum Fußball wie das Doping zum Radsport. Dann gibt es noch die neue Mauerverstärkung: Ihr könnt sie theoretisch zehn Mann breit stellen, der Torwart kann genau dahinter in Stellung gehen. Beide Zusätze fehlen auf der PS2. Aber sind diese Funktion entscheidend für das Spielgefühl? Nein.