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Sam & Max: Episode 5 – Reality 2.0 (Adventure) – Sam & Max: Episode 5 – Reality 2.0

Für die fünfte und vorletzte Episode haben sich die Macher von Sam & Max etwas ganz Besonderes einfallen lassen, denn dieses Mal geht es ums World Wide Web. Obwohl das schräge Ermittlerduo in Sachen Cyberspace noch weniger Ahnung hat als sonst, wagen sie sich in die Reality 2.0 vor. Ob die besser ist als die Realität 1.0, verrät der Test.

© Telltale Games /

Nerds in Gefahr

Eines ist gleich wie im letzten Teil: Max I ist immer noch der Präsident der Vereinigten Staaten, auch wenn das vorlaute Langohr täglich ein Absetzungsverfahren über

Die Internetsucht mancher Zeitgenossen nimmt groteske Formen an, so dass die Freelance-Polizisten einschreiten müssen.
sich ergehen lassen muss. Er fährt immer noch den Wagen mit den US-Fähnchen, im Büro liegt der flauschige Teppich aus dem Oval Office und Sam ist sein oberster Sicherheitsberater. Doch seine Macht schwindet, denn dieses Mal bedroht eine ausgewachsene Computerkrise die freie Welt. Ein folgenschwerer Blackout sorgt dafür, dass nicht einmal Telefon, Radio oder Fernsehen funktionieren. Die beiden müssen der Sache auf den Grund gehen.

Die Seitenhiebe auf die Onlinesucht mancher Zeitgenossen treffen da voll ins Schwarze. Alle hängen in virtuellen Parallelwelten fest: Bosco hält sich für einen Halbelfen, der das Auenland retten muss, und spricht entsprechend mittelalterliches Englisch. Sybil ist nun Betatesterin für Reality 2.0 – ihre neue Geschäftsidee. Allein das verfluchte Internet läuft nämlich noch, das scheinbar mal wieder unkaputtbar ist. Das Web scheint so etwas wie ein Eigenleben entwickelt zu haben, indem es die Menschen versklaven will. Allein Sam und Max sind immun, weil sie noch zu der Generation gehören, die nicht weiß, wie man den Rechner anschaltet.

Big MS is watching you!

Erst einmal müsst ihr dafür sorgen, dass die Süchtigen wieder zur Vernunft kommen. Wer eine der vorigen Episoden gespielt hat, weiß welche Holzhammermethode Hund und Hase [GUI_SPIELLINKS(align=right,SPIELID=8979)] gemeinhin anwenden, um eine Hypnose zu durchbrechen. Dieses Mal reicht es allerdings nicht, Sybil einfach einen vor den Latz zu ballern. Ganz in ihrer Cyberwelt versunken, fuchtelt sie wie ein Shaolin-Mönch herum, weshalb Sam nicht zum K.O.-Schlag kommt. Hier sind weit subtilere Methoden gefragt wie etwa die Kanone, die gegen seinen Willen Boscos Krämerladen ziert.

Als die beiden ein paar der Computersüchtels wieder auf den rechten Pfad gebracht haben, machen sie sich selbst in den Cyberspace auf, um dort nach dem Rechten zu sehen. Dazu müssen sie nur bescheuerte Cyberbrillen aufsetzen. Das Programm sorgt dafür, dass die virtuelle Welt der echten bis aufs i-Tüpfelchen gleicht. Nun ja – so ist es zumindest gedacht, denn natürlich läuft einiges schief. Nicht umsonst erinnert hier manches an die unausgereiften Produkte aus dem Hause Microsoft: Wie in der Realität poppen irgendwelche nervigen Hilfefunktionen auf, die politisch korrektes Techigefasel von sich geben. Klar, dass Sam und Max hier einige spöttische Sprüche zum Besten geben…

In der Teufelskiste

In der Computerwelt müssen sich die Beiden natürlich an die dortigen Gegebenheiten anpassen. Das hat auch seine Vorteile, denn die Gesetze der Physik gelten hier nicht, wie jeder weiß, der schon mal
Die resolute Dame ist eines der Monster, die ihr killen müsst. Sie blockiert leider den E-Mail-Versand.
ne Runde über die Welt von Second Life geflogen ist. Für manches Rätsel ist es von Vorteil, dass sich die virtuellen Astralkörper der Freelance-Polizisten auch schrumpfen lassen. Möglich wird das dadurch, dass ihr die Schaltzentrale manipuliert, in der witzigerweise ein vorsintflutlicher Spielautomat, ein uralter Krankenhausrechner und ein ausgedienter Anrufbeantworter ihren Dienst tun.

Die ganz simplen Aufgaben haben sich die Macher dieses Mal gespart, ihr müsst also schon etwas mehr die grauen Hirnzellen anstrengen als noch bei den ersten Episoden. Das dürfte Profirätslern entgegen kommen, die auch ein bisschen gefordert sind. Mit der Hand voll Gegenstände in Sams Kiste, den paar Räumen und Interaktionsmöglichkeiten ist es natürlich keine große Kunst, was zu lösen. Noch was dürfte die Anhänger des klassischen Adventures freuen, denn die actionlastigen Minispielchen gibt es dieses Mal nicht, wenn man von den Kämpfen mit den Monstern absieht. Das Format zahlt sich einmal mehr aus, da Telltale wieder auf Anregungen der Fans reagieren konnte.

Mit Cyberbrille

Optisch ist insbesondere der Cyberspace hervorzuheben, den man
Der Schrein mit den steinalten Rechnern dient quasi als Schaltzentrale, von wo aus ihr die Physik manipuliert.  
grob als eine Mischung aus der Neonoptik von Tron, dem Inneren eines Rechners und einem Videospiel beschreiben könnte. Sichtbare Bugs und Baustellen inklusive! Dennoch trägt alles die Handschrift der typischen 3D-Comic-Optik eines Telltale-Adventures. Da alles eine Entsprechung hat, macht es richtig Spaß nachzuschauen, wie wohl diese Ecke des Viertels umgesetzt wurde. Natürlich gibt es ein Wiedersehen mit vielen skurrilen Figuren aus den Vorgängern, wie etwa den illuminierten Sektenheini, der dieses Mal den psychedelischen Internet-Zauberer gibt. Dieses Mal fliegt übrigens dank aufgehobener Gravität nicht nur Max in die Höhe, wenn er von Sam hochgewirbelt wird.

Neben der wie immer tollen, englischen Sprachausgabe hat die Episode akustisch noch mehr zu bieten, was aber ziemlich nervig werden kann. Gemeint sind die waschechten Computer- und Maschinengeräusche, die überall zu hören sind. Wenn ihr euch etwa Goldstücke schnappt, erklingt eine kleine Siegesmelodie wie beim Jump&Run. Auf Dauer kann das Computergedudel allerdings ziemlich nervig werden, das im Hintergrund läuft. Da passt es, dass dieses von der heroischen Klängen eines Online-Rollenspiels unterbrochen wird.