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Sniper Ghost Warrior 3 (Shooter) – Scharf Schießen und Fremdschämen

Eine offene Spielwelt, drei unterschiedliche Vorgehensweisen, die eigenhändige Herstellung von Munition, Parkour-Passagen im wilden Gelände, eine Spionage-Flugdrohne, steuerbare Fahrzeuge und eine Geschichte mit persönlicher Note – all das und noch mehr will Sniper Ghost Warrior 3 bieten. Doch irgendwie schafft es CI Games nicht, die einzelnen Bestandteile zu einem funktionierenden Ganzen zusammenzusetzen. Und dann sind da noch die technischen Macken. Mehr dazu in unserem Test.

© CI Games / CI Games / Koch Media

Fremdschämen in Georgien

Die Geschichte von Sniper Ghost Warrior 3 könnte aus einem B-Movie der schlechteren Art stammen. Im Zentrum des Geschehens steht Elite-Vorzeigesoldat Jonathan North und gleich im Prolog ist man dabei, wie sein Bruder – ebenfalls ein Soldat – von unbekannten Schergen entführt wird. Vorher darf man aber in einer sensationell verwaschenen Zwischensequenz aus vergangenen Zeiten miterleben, wie die unsympathischen und schlecht synchronisierten North-Brüder versuchen so etwas wie Freundschaft und Brüderlichkeit mit kleinen Nicklichkeiten zu imitieren – mit wenig bis gar keinem Erfolg. Der Kunstgriff mit dem Blick in die Vergangenheit wird mehrfach in der Kampagne wiederholt, lenkt dort jedoch eher vom grundlegenden Konflikt mit den Separatisten in Georgien ab, bis Jonathan dann auf die Idee kommt, dass sein Bruder in dem Zielgebiet sein könnte …

Ganz allgemein ist die Inszenierung von Sniper Ghost Warrior (vor allem in den Zwischensequenzen) ziemlich ungelenk bzw. hölzern und viel besser sieht es bei Mimik und Gestik der Charaktere auch nicht aus. Hinzu kommt, dass die Geschichte nichts Halbes und nichts Ganzes ist. Gelegentlich blitzen nette Story-Einfälle bei den Gegnern oder beim Smalltalk durch,

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In qualitativ ziemlich mäßigen Zwischensequenzen wird die B-Movie-Geschichte mit größtenteils unsympathischen Charakteren und grauenhaften Dialogen fortgeführt. © 4P/Screenshot

doch dann wird alles furchtbar belanglos, vorhersehbar und unglaubwürdig. Spätestens wenn die mit üppigen Kurven und tiefen Ausschnitten gestalteten Frauen auftauchen, schnellt der Fremdschämfaktor in die Höhe, gerade wenn von vergangenen Beziehungskisten, verpassten Hochzeitschancen und Arschlochverhalten gesprochen wird. Wenn es in den Gesprächen um die Mission oder die Zielperson geht, ist das Gelaber der Charaktere erträglich, aber wenn es um die zwischenmenschliche Ebene oder gar um Emotionen geht, versagt das Spiel völlig und rutscht in die Lächerlichkeit ab.

Apropos vergeigte Synchronisation: Nicht nur die deutschen Sprecher schaffen es kaum, die Charaktere lebendig wirken zu lassen (Beispiel), auch die Übersetzung ist fehlerbehaftet und längst nicht konsistent. In einem Dialog spricht North ganz klar davon, dass er gerade in Georgien, an der Grenze zu Russland, sei. Seine Gesprächspartnerin hingegen spricht vom US-Bundesstaat Georgia (englische Betonung), meinte jedoch Georgien … und so geht stückweise die Glaubhaftigkeit der Welt flöten.

Weitläufig und lebloses Land

Doch zum Glück spielt die Geschichte in einem Scharfschützen-Shooter nicht die erste Geige. Man ist also in Georgien unterwegs, muss Leute ausschalten, der lokalen Bevölkerung helfen, seinen Bruder finden und einen ‚Geist‘ jagen. Los geht die Reise in die braun-dunkelgrün-matschige und später schnee-matschig offene Spielwelt mit einem sich schwammig steuernden Fahrzeug.

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Die landschaftliche Gestaltung der offenen Welt ist auf den ersten Blick okay, aber belebt sind die drei großen Karten nicht. Unscharfe und matschige Texturen stechen ebenfalls ins Auge. © 4P/Screenshot

Durch enge, trostlose und unbelebte Straßen fährt man zu seinem Versteck. Erst sieht es so aus, als wäre die Welt durch den Bürgerkrieg so leer, so bedrückend und so unbelebt, aber nach einigen Stunden wird klar: die Welt ist einfach leblos und öde, weil es an Dynamik, Überraschungen und KI- Eigenleben fehlt. Und ziemlich schnell wird klar, dass die Spielwelt im Vergleich zu Ghost Recon Wildlands den Kürzeren zieht. Trotz dynamischer Licht- und Schatteneffekte und netter, dichter Vegetation sind immer wieder niedrig aufgelöste Texturen und eckige Landschaftsbausteine zu sehen. Später gesellen sich noch karge Innenräume hinzu. Sniper Ghost Warrior 3 kann in den Bereichen Vielfalt und Lebendigkeit nicht mithalten, zumal die offene Welt nicht nahtlos zugänglich ist, da zwischendurch die Karte (Fahrt durch Tunnel) gewechselt werden muss.

Fehlende Erkundungsanreize

Im lauschigen Sniper-Unterschupf angekommen, aktiviert man sein Notebook, startet den nächsten Auftrag und wählt seine Ausrüstung (Waffe, Munition und Co.) aus. Danach verlässt man die Höhle und tuckert mit seinem Fahrzeug durch die Pampa oder lässt sich zu einem Schnellreisepunkt teleportieren, den man vorher erst entdecken haben muss. Auf dem Weg dahin kann man sich im virtuellen Georgien umsehen und Interessenspunkte besuchen. Dort kann man unter anderem Einheimische retten, Gegenstände zum Crafting sammeln, Relikte aus der Vergangenheit oder besondere Scharfschützengewehre finden, denn als Scharfschütze sammelt man bekanntlich Scharfschützengewehre. Trotz dieser Nebenschauplätze schafft es die offene Welt nicht, ihre Erkundungsanreize nachhaltig zu entfalten, da abseits zu wenig geboten wird, das System zu schnell durchschaut ist und der Sammeldrang nach wenigen besuchten Punkten dahin ist.

  1. Danke, hab's mir gestern dann doch direkt gezogen. Kann das mit der Technik bestätigen, passt eigentlich alles, bis auf die Ladezeiten.
    Das Spiel finde ich für'n 20er ganz geil. Ist halt B-Ware, die man auch so betrachten sollte. Dem Titel wird's jedenfalls gerecht.Das Snipern ist sehr spannend und stimmungsvoll und hat ne richtige Mechanik mit Kugelphysik. Die Locations bieten viele Möglichkeiten und der höchste Schwierigkeitsgrad ist echt gut gebalanced. Die Versuche, einen auf Far Cry zu machen sind schrottig, aber das kann man fast ignorieren -> Schnellreise von Mission zu Mission. Story scheint totaler Trash zu sein aber origineller als erwartet. Doch, das Ding hat was. Trostlose Ostblock-Headshot-Action mit irgendwie grimmiger Stimmung.

  2. habib84 hat geschrieben: 05.11.2017 11:30 Hallo, das Game ist gerade im PSN im Sale für 20 € - kann mir ein Besitzer der Konsolenversion sagen, ob sich die Technik per Patch gebessert hat? Außerdem: Hat das Spiel n gescheiten Hardcore-Modus, bei dem ich wirklich schleichen und aufpassen muss? Kann man die Minimap ausschalten und findet sich trotzdem zurecht? Danke!
    Das ganze Spiel ist ohne patch auf der normalen PS4 eigentlich kaum spielbar. Hatte es zuerst ohne gespielt, keine Lust gehabt wieder tausende GB zu laden. Allerdings war es so übel mit texturstreaming Problemen, framerate-Einbrüchen und etlichen bugs dass ich den patch später (Mitte 1 Mission) doch geladen hab.
    Ich hatte eigentlich wenig Hoffnung, da doch viel im Argen lag, dass der patch SOVIEL daran ändern würde. Aber mit patch läuft es eigentlich recht gut. Das meiste ist behoben und die framerate ist auch einigermaßen stabil. Allerdings ist das gameplay schon recht schwerfällig bzw. träge, auch wegen den 30fps. Muss man sich daran gewöhnen. Wenn man davor Doom oder ähnliches vorher gespielt hat fällt es zuerst mal schwer reinzukommen.
    Hardcore Modus gibt es , man geht auch ziemlich schnell drauf. So 1-2-3 Kugeln reichen meistens. Macht mit persönlich so auch am meisten Spaß. Minimap läßt sich deaktivieren. Ich schleiche eigentlich die meiste Zeit, da man recht wenig verträgt und mir auch mit der Steuerung das aimen schwer fällt. Wenn man 2-3 Gegner auf einmal hat wird es schwer sich durch zu ballern.

  3. Hallo, das Game ist gerade im PSN im Sale für 20 € - kann mir ein Besitzer der Konsolenversion sagen, ob sich die Technik per Patch gebessert hat? Außerdem: Hat das Spiel n gescheiten Hardcore-Modus, bei dem ich wirklich schleichen und aufpassen muss? Kann man die Minimap ausschalten und findet sich trotzdem zurecht? Danke!

  4. Es ist auf jeden fall,der beste teil der Reihe..Für das was es sein will,ist es sehr gut.
    Die Dialoge und Story sind zwar echt furchtbar,aber ich halte dem Hauptprotagonisten zugute das seine motive zumindest nachvollziehbar sind und über stoische Pflichterfüllung hinaus gehen.

  5. Ich hatte bislang keine Performanceprobleme. Hab allerdings auch ein relativ "dickes" System.
    Intel i7 6700K
    MSI Nvidia GTX 1070 Gaming X (OC) 8 GB
    MSI Gaming M3 Mainboard
    32 GB RAM
    Die Storyschwächen nehme ich dem Spiel nicht übel. Was die Munitionsherstellung betrifft kann ich das schon nachvollziehen. Man ist Undercover in Georgien und hat keinen offiziellen Nachschub. Hätte man vielleicht auch anders lösen können (Versorgung über die Georgier ok). Aber die paar Klicks um die Munition herzustellen ist nun auch nicht das Problem. ;)
    Momentan hänge ich an 2 Interest-Points (Akt 2) fest. Man steht auf einem Berg oben und muß von dort aus vermutlich runter um an einer Felswand wahrscheinlich irgendwo in eine Höhle rein. Von unten kommt man jedenfalls nicht hoch. Aber ich stürze immer wieder ab. Oder ich stell mich zu doof an. Kann auch sein.

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