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Sonic Chronicles: Die Dunkle Bruderschaft (Rollenspiel) – Sonic Chronicles: Die Dunkle Bruderschaft

Wenn BioWare ein Rollenspiel macht, wird man neugierig. Wenn BioWare ein Rollenspiel in der Welt von Sonic macht, wird man sehr neugierig. Aber auch skeptisch: Kann man Segas Jump’n Run-Helden überhaupt auf Quests, Rundenkämpfe und Levelleitern loslassen, ohne dass er wie ein Fremdkörper wirkt? Kann man den Igel in ein Fähigkeitenkostüm stecken, ohne dass das Ganze ins Kindische, Unglaubwürdige oder Peinliche abrutscht?

© BioWare / Sega

Rundenbasierte Taktik

Klassische Elemente wie Sprungfedern, Loopings & Co erinnern angenehm an die Jump’n Run-Wurzeln des blauen Igels.

Im Kampf kommt es nicht nur auf die Durchschlagskraft an, die ihr über Ausrüstung wie Handschuhe, Amulette, Tränke oder Waffen noch steigern könnt, sondern auf eine gelungene Mischung aus taktischem Teamplay und Echtzeitreaktionen. Es gibt z.B. schwachbrüstige Charaktere wie Tails, der besser mit seinen Fallen und technischen Gimmicks als mit der Faust hantieren sollte. Außerdem sollte man Feinde gezielt schwächen, bevor man selbst mit Amys Hammer zuschlägt.

Ihr erteilt zwar jedem Charakter in aller Ruhe klassische Befehle wie den Angriff, die Verteidigung, Heilung oder die Nutzung eines Gegenstandes, aber sobald ihr eine der mächtigen, in drei Stufen aufrüstbaren Poweraktionen wie Turboball, Wirbelwind oder Ablenkung ausführt, müsst ihr zum Stylus greifen und unter Zeitdruck diverse Bildschirm-Vorgaben nachzeichnen bzw. rechtzeitig aktivieren – ähnlich wie in Elite Beat Agents <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=10087′)“>

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Der Vorteil: Die Kämpfe gewinnen an Spannung, man kann sich nicht einfach wie in gewöhnlichen Rundenduellen zurücklehnen und auf die Schadenspunktanzeige warten; man muss aktiv dabei sein und schnell reagieren, wenn man mit hundert Prozent zuschlagen will. Außerdem gilt das auch für die Defensive: Wenn feindliche Wespen eine Poweraktion wie den Schwarmangriff ausführen, kann man das abschwächen oder ganz abwehren, indem man rechtzeitig und schnell den Stylus in ein Kreisfeld hämmert. Jede Schlacht verlangt also eine Mischung aus Taktik und Reaktion – und das ist gut.

Akribische Stylusmanöver

Der Nachteil: Die Toleranz bei der Ermittlung der Nachzeichnungen ist unheimlich gering. Das bedeutet, dass man den Stylus wirklich sehr punktgenau und akribisch einsetzen muss, um überhaupt erfolgreich zu sein. Alles, was mit dem Antippen von Kreisen zu tun hat, ist noch einfach. Aber wenn man kurvige oder schnell hintereinander angezeigte Pfade nachfahren muss, ist das Zeitfenster sehr klein. Sprich: Man hat keine Möglichkeit Fehler zu korrigieren, die Poweraktion verpufft. Natürlich soll ein mächtiger Angriff nicht zu leicht einzuleiten sein, aber hier schrammt man manchmal an der Grenze der Frustration entlang, zumal man die Aktionen nicht in einer Art Arena oder Trainingsraum üben kann.

Wie in einem klassischen Rollenspiel könnt ihr auch Sonic aufsteigen lassen, seine Werte verbessern und ihn mit Ausrüstung aller Art effektiver im Kampf machen.

Man gewöhnt sich an diese akribische Stylusabfrage, man kriegt das auch irgendwann hin, aber die Lernkurve ist etwas zu steil. Und die Kämpfe haben es in sich, wenn man diese Poweraktionen nicht meistert: Es gibt Roboter, die sich selbst heilen, es gibt zig Widerstände und alle größeren Feinde haben ihrerseits Poweraktionen im Repertoire. Falls alle Helden das Zeitliche segnen, kann man gegen einen Preis von 20 Ringen sofort den Kampf wiederholen oder lädt einen der drei Speicherstände.

Und falls die Feinde fliehen, gibt es ein unterhaltsames Jagdminispiel: Man sieht wie Sonic und seine Freunde von rechts nach links ihren Widersachern hinterher jagen. Jetzt gilt es, rechtzeitig über Kisten zu springen, Ringe einzusammeln und Spurtfelder zu nutzen, um die Flüchtenden einzuholen und sie zu stellen – eine gute Idee, die sogar etwas Jump’n Run-Geist verströmt. Überhaupt hat es BioWare über den Einsatz der Echtzeitelemente geschafft, die rasanten Wurzeln des Igels, die auf Hand-Auge- statt Runden-Koordination beruhen, zu würdigen.

Kein Epos, aber unterhaltsam

Die Story erreicht zwar nicht die epischen Ausmaße im bekannten BioWare-Stil, aber sie hat Überraschungen parat und unterhält auf gutem Niveau: Man fühlt sich sehr schnell als Teil einer ebenso spannenden wie witzigen Handlung, da die knackigen Dialoge nicht nur Anspielungen auf alte Sonic-Teile, sondern auch herrliches Gezänk unter den Freunden anbieten: Amy ist verliebt in den blauen Igel, will es aber nicht zugeben; Rouge freut sich diebisch, wenn Sonic der weiblichen Konkurrenz über den Mund fährt.

Dank einer Antwortenauswahl von freundlich bis flapsig könnt ihr diesen Zickenkrieg auf die Spitze treiben. Man kann vielleicht etwas enttäuscht sein, dass die Antworten keine Konsequenzen auf die Beziehung unter den Charakteren haben, aber wer sich aufmerksam mit seinen Freunden unterhält, bekommt manchmal hilfreiche Hinweise, die bei barschen

Zwar gibt es keine echten Konsequenzen, aber BioWare sorgt für Dialoge mit einer gewissen Antwortfreiheit, die das Gezänk zwischen den Charakteren sehr schön widerspiegeln.
Reaktionen untergehen. Alles andere als ein knackiger Handlungsrahmen oder gar falsches Pathos plus Herzschmerzentscheidungen hätte diese ohnehin gewagte Übertragung vom Jump‘ Run in ein Rollenspiel erzählerisch überstrapaziert.

Kunterbunte Abenteuerwelt

Dafür kann sowohl die kunterbunte Präsentation mit ihren edlen Zwischensequenzen als auch das abwechslungsreiche, wenn auch manchmal architektonisch etwas schwer durchschaubare Leveldesign überzeugen: Jede der sechs Regionen wurde liebevoll von Hand gezeichnet und versprüht ihren eigenen 2D-Charme – von Central City mit Sonics Hauptquartier zur Heilung und Auffüllung aller Powerpunkte über die idyllischen Green Hills bis hin zur Blue Ridge Zone, Angel Island sowie den düsteren Mystic Ruins oder das verwinkelte Metropolis. Überall warten neue Feinde und Herausforderungen auf die Heldengruppe, die immer mehr Fähigkeiten gewinnt und der Ursache des Übels auf die Schliche kommt.

Zwei Kleinigkeiten trüben den Erkundungsreiz auf der Karte: Man steuert immer nur eine Figur stellvertretend für die ganze Gruppe über die Karte und die reagiert leider etwas träge. Man hat manchmal fast das Gefühl, dass sie gleich einschläft. Da Monster über die Karte laufen und ein Kontakt mit ihnen sofort zu einem Kampf führt, kann das auf Dauer genau dann stören, wenn man in alte Gebiete mit viel zu schwachen Gegnern zurückkehrt und diesen lieber ausweichen will. Außerdem können die Sounds nicht mit den edlen Menüs oder der schönen Kulisse mithalten – hier hatten ältere Sonics weitaus markantere Ohrwürmer zu bieten.