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Stadia (Service) – Die Zukunft der Videospiele?

Google sieht die Zukunft des Gamings nicht in stationären Systemen wie einer Konsole, sondern in der Cloud. Mit Stadia will der Technologieriese deshalb mit einem Streamingservice für Spiele die Branche aufmischen und verspricht viel Leistung, aber wenig Latenz. Wir haben die Cloud-Plattform unter verschiedenen Bedingungen getestet. Müssen sich Microsoft, Sony und Nintendo warm anziehen?

© Google / Google

Spielekauf mit Umwegen

Die Spiele erhält man im Stadia-Store, auf den man bisher aber nur Zugriff über die mobile App, aber nicht über den TV-Betrieb mit Chromecast erhält. Diese Funktion soll erst später nachgereicht werden. Mit 22 Titeln zum Start ist die Auswahl derzeit noch sehr überschaubar und besteht größtenteils aus Spielen, die bereits seit mehr oder weniger langer Zeit auf anderen Plattformen veröffentlicht wurden. Wer das Pro-Abo abgeschlossen hat, kann sich aber immerhin über einige attraktive Angebote freuen, bei denen der reguläre Kaufpreis häufig halbiert wird. Genau wie bei PlayStation Plus und Xbox Live Gold gibt es mit Destiny 2 und Samurai Shodown zudem die ersten kostenlosen Titel für die Abonnenten.

Für Stadia muss man sich seine Spielebibliothek komplett neu aufbauen. Wer bereits Titel aus der gebotenen Auswahl besitzt, muss sie sich also nochmal kaufen. Und nicht nur das: Sollte Google irgendwann das Interesse an Stadia verlieren und den Stecker ziehen, würden Nutzer alle ihre gekauften Spiele bzw. die Lizenzen zur Nutzung verlieren. Ob sich die tragische Geschichte von OnLive bei Stadia wiederholen wird, steht jetzt zum Anfang zwar trotz erster Sorgen mancher Entwickler noch in den Sternen, stellt aber dennoch eine potenzielle Gefahr dar. Gleiches gilt aber auch für PC-Plattformen wie Steam oder den Epic Games Store.

Ohne App geht (fast) nichts


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Der Weg zum Store führt derzeit zwingend über die App. © 4P/Screenshot

Ohne ein Mobilgerät an seiner Seite ist man bei der Nutzung von Stadia derzeit noch ziemlich aufgeschmissen: Neben dem Spielekauf sowie Einstellungen bezüglich Jugend- und Datenschutz ist auch die Display-Option zur HDR-Aktivierung aktuell nur über die App möglich. Gleiches gilt für die Anpassungen hinsichtlich der Datennutzung und Leistung, die man nur mit Hilfe der App vornehmen kann.

Will man Spiele in maximaler Qualität bei einer Auflösung von 4K mit HDR und 5.1-Surround-Sound genießen, geht der Datenverbrauch entsprechend durch die Decke. Nach Angaben von Google werden unter diesen Voraussetzungen etwa 20 Gigabyte pro Stunde durch die Leitungen gejagt. Allerdings steht diese Option ohnehin nur Pro-Abonnenten zur Auswahl. Wer etwas sparsamer zocken oder sich später für das kostenlose Basis-Abo entscheiden möchte, kann sich in den Optionen für eine ausgeglichene Darstellung entscheiden und es Stadia überlassen, die Auflösung automatisch an die Internetgeschwindigkeit anzupassen. Sparfüchse oder Spieler mit einem knappen Datenvolumen können dagegen eine eingeschränkte Datennutzung aktivieren. Hier wird die Auflösung permanent auf 720p und der Verbrauch auf maximal 4,5 Gigabyte pro Stunde reduziert.

Praxis-Test

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Welcher Avatar darf es sein? © 4P/Screenshot

In der Praxis sorgt Stadia für eine angenehme Überraschung: Das Bild am 4K-Fernseher ist knackig scharf, die Farben wirken sowohl mit als auch ohne HDR angenehm kräftig und der Sound spielt in hoher Qualität samt Raumklang auf. Nur wenn man genau hinschaut und den Bildschirm inspiziert, erkennt man vor allem in dunklen Bereichen eine leichte Artefaktbildung im Zuge der Datenkomprimerung, die mit zunehmendem Abstand zum Fernseher aber kaum noch auffällt. Darüber hinaus überzeugt nicht nur die Bildqualität, sondern auch die Performance. Titel wie Shadow of the Tomb Raider, Destiny 2 oder Mortal Kombat 11 laufen über Stadia mit ähnlich hohen Bildraten wie auf sündhaft teuren Highend-PCs. Einzig bei Red Dead Redemption 2 war die Performance von allen angetesteten Spielen nicht zufriedenstellend und die Bildrate kam schon bei einem frühen Ritt durch die Winterlandschaft ins Schwitzen. Oder lag es vielleicht doch an einer schlechten Verbindung bzw. der Auslastung von Googles Rechenzentren?

Gutes Spielerlebnis

Die Latenz bzw. Eingabeverzögerung zählt bekanntlich zu den größten Herausforderungen beim Streamen von interaktiven Inhalten. Wie hat Google sie gemeistert? Überraschend gut! Mit einer schnellen Kabelverbindung reagiert die Steuerung beim Spielen am Fernseher via Chromecast erstaunlich direkt auf die Eingaben – selbst flotte Fighting Games wie Mortal Kombat 11, bei denen eine möglichst geringe Eingabeverzögerung Pflicht ist, sind perfekt spielbar und fühlen sich klasse an. Eingefleischte Profis und eSportler, bei denen jede Millisekunde zählt, werden vermutlich Unterschiede bemerken, aber für den Otto-Normal-Spieler dürfte sich die Steuerung ähnlich gut und präzise anfühlen wie beim Zocken an der Konsole oder dem PC. Und das ist schon eine Leistung: Kein anderer Streamingdienst für Spiele bietet aktuell eine derart niedrige Latenz wie Stadia!

     


  1. Die Technik hielt ich für marktreif, das lief selbst bei meinem shizzle-internet problemlos. Das Problem war nicht das Streaming, sondern dass die bei allen anderen Fragen alles falsch gemacht haben, was man so falsch machen kann

  2. Ryan2k22 hat geschrieben: 30.09.2022 12:03 Probieren geht über studieren
    Genau den Eindruck konnte man von Stadia auch haben.
    Wir schmeißen jetzt erstmal irgendwas auf den Markt, selbst wenn wir von einer Marktreife noch weit entfernt sind, von Wettbewerbsfähigkeit ganz zu schweigen. Mit welcher Begründung man die dafür auf den Kopf gehauenen Milliarden auf der nächsten Aktionärsversammlung erklären will, würde mich echt interessieren.
    Bei mir persönlich haben immerhin ein paar Posts in diesem Forum vorm Start des Dienstes bezüglich Latenz und vorausahnender KI für ein paar Lacher gesorgt.

  3. Was wäre die Alternative? Sie machen nichts neues mehr? Ist doch schön, dass sie ihr Geld auch nutzen um Technologien und "Dinge" auszuprobieren, anders wäre nie ein Android entstanden. Klar klappt nicht alles oder geht einfach gegen die Wand, aber wenn, wie hier, sogar die Kosten erstattet werden, was solls? Wenn sie etwas Neues zeigen, das mich interessiert (im Gegensatz zu Stadia), dann würde ich das auch weiter nutzen. Ich bin pro "Probieren geht über studieren".

  4. Mittlerweile ist es - und und wahrscheinlich nicht nur bei mir - einfach so, egal was Google macht, es wird erstmal mit einer gehörigen Portion Skepsis betrachtet. Google hat inzwischen so viele Leute/Kunden vor den Kopf gestoßen mit der Einstellung von Projekten, Diensten, Hardware usw., dass zumindest ich schon davon ausgehe, dass das neueste jetzt noch von Google gehypete Ding bei der nächsten Gelegenheit wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen wird.
    Abgesehen von ihren Kerndiensten und vielleicht noch den Pixel-Smartphones ist Google als Anbieter zumindest bei mir inzwischen einfach verbrannt!

  5. Khorneblume hat geschrieben: 29.09.2022 21:03 Hey... immerhin kriegen die Leute tatsächlich ihr komplettes Geld zurück. Sogar für die Hardware. ;-)
    Ich hoffe persönlich übrigens das Spielestreaming ist damit abseits von Optionalität erstmal weitgehend tot.
    Nicht komplett, die Abogebühr nicht.
    Ich hoffe, dass diese elenden Cloud Versionen der Switch mal ein Ende haben. Jetzt wieder bei Pathfinder. Zum kotzen.

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