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State of Mind (Adventure) – Gespaltenes Familiendrama

Nach David Cages Detroit: Become Human stellen sich auch Daedalic mit Romanautor Martin Ganteföhr die Frage nach menschlichen Werten in einer Zukunft voller Technologie und Androiden. Im futuristischen Berlin des Jahres 2048 geht es allerdings primär um das menschliche Bewusstsein, während Journalist Richard Nolan sich auf die Suche nach seiner verschwundenen Familie begibt. Dabei trifft er auf Verschwörungen, medizinische Experimente und eine sonderbare Parallelwelt.

© Daedalic Entertainment / Daedalic Entertainment

Technologische Rettung oder Horrorvision?

Dass es nicht besonders leicht ist, sich den Zukunftsplänen großer Kräfte entgegenzustellen, erfährt Richard gleich zu Beginn des Spiels. Obwohl der Enthüllungs-Journalist nach der Aufdeckung des „Dronegate“-Skandals noch gefeiert wurde, erwartet ihn seine Kündigung. Glücklicherweise in sanfter Form, mit einem einjährigen Werkvertrag und weiterem Zugriff auf die Redaktionsdatenbanken, so dass er weiter herumschnüffeln und den dortigen Verschwörungstheoretiker konsultieren kann. Unterstützung hat er auch bitter nötig, schließlich erwarten den unter Gedächtnisverlust leidenden Richard nach seinem mysteriösen Unfall (oder war es ein Anschlag?) privat noch größere Probleme. Seine Frau Tracy und sein Sohn James sind beide verschwunden und es spukt auch noch ein neuer Haushaltsandroid in der Wohnung herum – was Richard als bekannter Kritiker überbordender Technologisierung ganz und gar nicht in den Kram passt.

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Richard ist nicht gerade der größte Verfecher von Haushalts-Androiden. © 4P/Screenshot

Seine latent gereizte Persönlichkeit passt zum kantigen „Low-Poly-Design“ der Figuren, die durch das schummrig beleuchtete Berlin wandeln. Daedalic schafft es allerdings fast gar nicht, mit derart schroffen Gesichtszügen subtile menschliche Emotionen widerzuspiegeln – im krassen Gegensatz zu Detroit: Become Human. Zudem laufen die Figuren sehr steif durch die Kulissen, inklusive einer ziemlich hölzernen Steuerung, die übrigens primär aufs Gamepad ausgelegt ist. Davon abgesehen gefallen mir aber einige Design-Entscheidungen: Vor allem die professionelle Kameraregie überzeugt. Oft wird die verheißungsvoll glühende futuristische Architektur im nächtlichen Berlin mit einem ruhigen Schwenk eingeleitet – Zeit zum Durchatmen und Genießen!

Technologische Rettung oder Horrorvision?

Im Kontrast dazu steht „City 5“, eine wie aus dem Ei gepellte technische Utopie, in welcher der zweite spielbare Protagonist Adam Newman lebt: Auch er ist Journalist, hatte einen mysteriösen Unfall, lebt mit Frau und Sohn in einem ähnlich geschnittenen Loft, wurde allerdings befördert statt gefeuert. Klingt nach etwas zu vielen Zufällen, oder? Dieser Meinung ist auch Richard, der nach Recherchen in der Unterwelt Berlins (und einer Tracht Prügel) Kontakt zu Adam aufnimmt. Auch in seinem Saubermann-Universum herrscht nicht nur eitel Sonnenschein: Regelmäßig stolpert er nach Erdbeben über Erinnerungsfetzen, die wie ein Riss in der Matrix über dem Boden flackern. Eine wichtige Aufgabe des Spielers ist es, immer wieder diese Artefakte aufzusammeln, um Licht ins Dunkel der Vergangenheit zu bringen.

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Adam sucht derweil in City 5 nach Erinnerungsfragmenten – und muss dazu z.B. das klinisch freundliche Klinikpersonal austricksen. © 4P/Screenshot

Kurz danach spaziert man auch schon durch die Erinnerungen verschiedener Personen, z.B. Richards  Affäre Lydia auf ihrem Weg durch New York. Auch Tracys Eignungstest für die Besiedlung einer Marskolonie und medizinische Experimente eines Großkonzerns spielen eine Rolle beim Puzzle, das sich im Laufe der verzweigten, wendungsreichen Geschichte zusammensetzt.  Zu intensiv gehe ich lieber nicht auf die Zusammenhänge ein. Im Zentrum stehen rivalisierende Lösungsansätze zum langfristigen Fortbestehen der Menschheit, bei denen auch mit Bewusstseinsübertragung experimentiert wird. Zudem macht man schon relativ früh Bekanntschaft mit der Untergrundorganisation Break Point, die sich den Plänen der technokratischen Konglomerate entgegenstellt und auch Richard auf seinem Weg weiterhelfen könnte.

 

  1. Hab‘s mir aus reiner Neugierde auch mal besorgt. Und bin jetzt ein paar Stunden drin.
    Tja, was soll ich sagen... es ist in etwa soviel Spiel wie eine Visual Novel. Eigentlich hat man nicht viele Möglichkeiten irgendwas zu entscheiden, jedenfalls hab ich bisher nicht den Eindruck gewonnen. Und das hatte ich auch in etwa erwartet, also kein Problem. Manchmal hab ich Abends auch gern mal etwas passivere Unterhaltung, und für solche Situationen ist das genau richtig. Ich hab bisher auch noch zu keiner Zeit irgendwie mal rätseln müssen, was als nächstes zu tun war (sowas wie Questmarker und dicke „da-lang-Pfeile“ gibt es zum Glück nicht, nur Icons zum Interagieren mit Objekten), weil man immer ziemlich direkte Hinweise dazu bekommt. Wenn der eigene Charakter nach einem Telefonat z.B. sagt „ich muss jetzt arbeiten“, dann geht man natürlich an den Rechner. Entsprechend anspruchslos ist das eigentliche Vorankommen. Es ist eben kein Spiel im eigentlichen Sinne.
    Eigentlich bleibt also bei diesem Titel nur die Story zu bewerten, und bisher finde ich die noch recht spannend und gut umgesetzt. Man wird immer genau so viel im Dunkeln gehalten, dass man wissen will wie es weitergeht. Man bekommt Gelegenheit Theorien über die Zusammenhänge zu entwickeln und das finde ich durchaus unterhaltsam. Klar, man muss ein bisschen was mit dem Thema anzufangen wissen. Aber bisher hab ich an der Front nichts zu meckern und das ist bei diesem Typ „Spiel“ das wichtigste.
    Optisch und Soundtechnisch finde ich das Ganze sehr gut inszeniert, der Look ist überdesignt aber unverbraucht. Die Synchronisation ist ebenfalls gelungen, nur die Mimik ist tatsächlich etwas hölzern, und das ist sicher auch dem Budget geschuldet. Es ist halt kein AAA-Spiel.
    Wenn sich das Spiel so weiterentwickelt wie es angefangen hat, dann denke ich war das vielleicht noch nicht das GotY 2018, aber auch absolut kein Fehlkauf. Für jemanden wie mich, der selten Filme guckt oder Bücher liest, ist das jedenfalls ne willkommene...

  2. Was passiert, wenn man Matrix, Westworld und Ex_Machina in einem Topf wirft. Heraus kommt State of Mind, dass ziemlich enttäuscht, weil es bei diesen wichtigen Themen nur an der Oberfläche kratzt. Warum hat man sich nicht nur auf eins konzentriert?
    Und es stellt sich für mich die Frage:

    Show
    Wieso Kurtz überhaupt menschliche Androiden entwickelt, wenn er doch sowieso vor hat alle Menschen in die VR hochzuladen. Als Sklaven zur Wartung der Maschinen, wenn alle weg sind? Nicht sehr klug, weil sie ja eigenen Willen/Verstand haben. Da ist ein Aufstand vorprogrammiert.

  3. ICHI- hat geschrieben: 16.08.2018 09:10
    Seppel21 hat geschrieben: 16.08.2018 07:10
    ICHI- hat geschrieben: 16.08.2018 02:51 Ich frage mich seit Jahren ob irgendwan noch
    "The Devil’s Men" von Daedalic erscheint.
    https://www.adventurecorner.de/news/727 ... enture-ein
    Oh Nein :(
    Dafür gibt's aber einen neuen Trailer zu Trüberbrook. Und der sieht einfach mega vielversprechend aus. Freue mich wahnsinnig drauf. Müssen halt nach dem durchaus guten Unforeseen Incidents wieder die anderen deutschen Adventure Entwickler ran. Daedelic ist übrigens nicht der einzige Adventure Entwickler, der einen falschen Weg zu gehen scheint. Auch King Art aus meiner Heimat Bremen hat nach dem tollen Raven mit Black Mirror total ins Klo gegriffen :( einfach schade, dass sich echte 2D Adventures scheinbar nicht mehr lohnen. Das letzte gute (neben Unforeseen Incidents) war wohl the inner world 2...

  4. statler666 hat geschrieben: 16.08.2018 13:20
    Hokurn hat geschrieben: 16.08.2018 10:30
    statler666 hat geschrieben: 15.08.2018 23:11 Der Mut solcher Entwickler sollte belohnt werden. Und nicht nur im "Sale".
    Gekauft wegen Innovation und gut.
    Bin bei 40€ jetzt auch keiner, der es für völlig überzogen hält.
    Ich meinte eher es bietet sich durch den nächsten Sale an oder es ist halt das nächste Spiel für mal zwischen durch.
    Wobei ich jetzt mal eben in den nächsten 2,3 Monate sicher keine 100€ + für alle Adventure ausgeben werde, die mich interessieren.
    Wenn ich seh was mein Bruder für einige Erweiterungen in Wildlands hingelegt hat bin ich auch geschockt. Es sollte ein gutes Gleichgewicht vorherrschen. Und da darf es auch bei mir mal ein Keyseller sein. Das ein GTAV nach Jahren nicht im Preis runtergeht scheint wohl mit Gier zusammenzuhängen. Und solche coolen Games wie State of Mind werden mit 40 € auf den Markt geworfen. Eine Schande. Und nächste Woche bei 30 €. Ist ok. Ist eine bodenlose Debatte was man verdient und was man bekommt. Meine Standardposition ist die gemäßigte Mitte.
    Ich versteh das, aber ich sehe das völlig unpolitisch.
    Ich kaufe alles im PSN und wäge dann ab wann ich es brauche und was ich dafür bezahlen will.
    Die Indies und Spiele mit niedrigerem Standardpreis bekommen bei mir oft qualitätsbedingt den "Vollpreis" zumindest wenn ich denn gerade ein Spiel brauche oder übertrieben Bock drauf habe. Ein 70€ AAA Vollpreisspiel schafft das zugegeben seltener bei mir. Eigentlich nur Sportspiele, weil man ja möglichst die komplette Saison abdecken möchte und Hypetitel wie Uncharted/The Last of Us (evtl Red Dead Redemption 2)
    Da greife ich bei den kleinen einfach schneller mal zu. Insbesondere weil man die paar Spielstunden meist auch gut einplanen kann im Vergleich zu den großen Dingern.
    Ich mache das aber nicht aus einer politischen Motivation heraus sondern bediene lediglich halbwegs sinnvoll meinen Konsum.
    Dafür habe ich einfach ein paar mal zu oft ein...

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