Veröffentlicht inTests

Still Life 2 (Adventure) – Still Life 2

Besser spät als nie – in diesem Fall gilt das auch für den Test von Still Life 2. Endlich haben wir eine Testfassung des Krimi-Adventures von Microids bekommen, die wir eingehend unter die Lupe genommen haben. Ob sich das Warten gelohnt hat?

© Microids, GameCo / Rondomedia

Aus anderer Sicht

Eines ist bei allen Serienmorden das Gleiche: Die Persönlichkeit des Täters wird bis ins Kleinste ausgeleuchtet, aber die Opfer werden kaum wahrgenommen, obwohl sie es verdient hätten. Für den Täter interessieren sich Medien, Öffentlichkeit

Heldin Paloma will Hilfe holen, damit sie endlich frei kommt, und hat meist nur den Killer an der Strippe.

und sogar Kriminologen, aber die Opfer sind schnell wieder vergessen, wenn sie überhaupt publik werden. Wer kennt schon die Namen der unzähligen Toten, die der Ukrainer Andrei Tschikatilo hinmetzelte, der allein über 50 junge Leute umgebracht haben soll? Ein kranker Geist wie Ed Gein beeinflusste Filme wie Texas Chainsaw Massacre, aber wer zeigte das Leid seine Opfer? Gerade einmal beim zynischen Bodycount zählen sie, denn erst mit mindestens drei Morden liegt Serienmord vor. Zudem werden viele Morde gar nicht bekannt, da die Mörder schweigen. Wer vermisst schon Ausreißer, Obdachlose oder Prostituierte?

Löblich – bei Still Life 2 wird auch das Opfer gezeigt, denn man kann es auch aus der Perspektive einer Frau spielen, die um ihr Leben ringt. Paloma Hernandez wurde von einem Serienkiller entführt, der sie in einem Versteck gefangen hält. Das Ostküsten-Mörder genannte Phantom treibt perfide Spielchen mit der rasenden Reporterin; ähnlich wie im Horrorfilm Saw. Er verspricht, sie freizulassen, wenn sie einen tödlichen Parcours absolviert. Dort bedecken Scherben den Boden, die Griffe stehen unter Strom oder es liegen abgeschlagene Gliedmaßen herum. Obwohl Paloma ahnt, dass sie eigentlich keine Chance hat, bleibt gar nichts anderes übrig, als mitzumachen. Eine andere Option hat sie gar nicht, denn auf Verhandlungen lässt sich der maskierte Mörder nicht ein.

Chance vertan

Diese Szenen könnten das Highlight von Still Life 2 sein, sie sind es aber aus verschiedenen Gründen nicht. Obwohl diese an

Trotz Zeitlimits, finsterer Umgebung und schauriger Spielchen wirkt Palomas Flucht irgendwie lahm. 

Survival-Horror erinnernde Abschnitte gut die Hälfte des düsteren Abenteuers ausmachen, brennen sie sich kaum ins Gedächtnis ein. Das liegt daran, dass die Charaktere nicht sonderlich ausgefeilt sind. Im Laufe der Ermittlung erfährt man zwar mehr über die Journalistin Paloma, doch richtig Mitleid hat man nie, obwohl sie fortwährend misshandelt wird. Die toughe Frau will nicht recht ins Beuteschema passen. Andererseits ist das Naturell des Killers nie intensiv genug, dass man ihn richtig hassen könnte oder gar Furcht hätte. Er bleibt schemenhaft und blass. Eine persönliche Ebene wie bei Saw, wo der Irre die Opfer quält, um ihnen was übers Leben klarzumachen, fehlt. Man erfährt nichts über Schwächen des Opfers, die der Täter ausnützen könnte.

Die Szenen sind, obwohl sie in einem schmutzigen Schreckenshaus spielen, nie richtig spannend. Alptraumhaft wie in Norman Bates‘ schwarz-weißem Heim wird es kaum; und selbst wenn, bleibt alles stets auf einer spielerischen Ebene. Auch die Aufgaben selbst bieten kaum mehr als das Übliche, woran auch die gelegentlichen Zeitlimits wenig ändern, denn es bleibt meist genug Zeit übrig. Die Hauptaufgabe besteht fast immer darin, Durchgänge zu finden.. Eine Verbindung zur Verbrechensserie besteht kaum – gerade mal an einer Stelle sind Zahlen gefragt, die direkt was mit den Morden zu tun haben. Letztlich handelt es sich nur um eine Abfolge von Rätseln, an deren Ende die filmische Überleitung zum nächsten Kapitel erfolgt.

Macht Wiedersehen Freude?

Neben der bislang in der Reihe noch nicht aufgetauchten Paloma kann man auch wieder Victoria McPherson spielen – die Polizistin aus dem ersten Teil. 

Schreckenshaus oder Indian Summer-Idylle? Bei Licht betrachtet wirkt alles halb so wild und so interessant. 

Die FBI-Agentin verbringt in Teil zwo schlaflose Nächte, denn der geheimnisvolle Killer mordet einfach weiter. Damit schließt die Erzählung nahtlos an Still Life 1 an, denn sein jüngstes Opfer wurde gerade erst gefunden. So lange der Fall nicht gelöst ist, wird Vic wohl keine Ruhe geben. Leider tappt sie bislang im Dunkeln, was ihr von Paloma immer wieder vorgeworfen wird. Die beiden mögen sich nicht, denn Paloma ist sozusagen das schlechte Gewissen der Ermittlerin, der sie Unfähigkeit attestiert. Dennoch wechseln sie sich bei der Lösung schwesterlich ab, da man abwechselnd eine der beiden Heldinnen übernimmt.

Leider ist auch die Figur der Victoria bei weitem nicht so glaubwürdig wie noch im ersten Teil, obwohl man sich bemüht und sie sogar dieselbe deutsche Stimme bekommen hat. Obschon sie mit ihren dunklen kurzen Haaren und den düsteren Klamotten genauso aussieht wie im ersten Teil, ist sie aber nicht mal halb so anziehend. Ihre unterschwellige düstere Ausstrahlung geht nun völlig ab. Liebschaften mit männlichen Nebencharakteren wurden ebenfalls aus dem Plot gestrichen, was mit schlechten Erfahrungen begründet wird. Beim ersten Teil gab es zudem noch kleine Geschichten am Rande, etwa wenn Vic sich mit Kollegen stritt oder sich Tipps von ihrer Freundin holte. Das alles hat man sich dieses Mal geschenkt, weshalb Vic kaum mehr ist als ein Ermittlungsroboter, der auf Highheels Spuren einsammelt.
                     

  1. Bildunterschrift auf Seite 2:

    Mit diesem praktischen aber nur semi-athentischen Köfferchen kommt man sich vor wie beim Crime-TV
    Fehlt hier - neben dem Punkt am Satzende - nicht ein "u" bei "athentisch"?

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1