Spaß mit Limonade-Zombies
Insomniac entwickelte vor vier Jahren ein ganz spezielles Spielgefühl, das sich höchstens mit Oldies wie Jet Set Radio vergleichen ließ. Klar, aufgeblähte Zombies mit bizarren Waffen plätten kann man vermutlich in hunderten von Spielen, aber hier bewegt man sich dabei fast ausschließlich hüpfend und schliddernd durch die Apokalypse. Autos, Büsche und vieles mehr werden zu Trampolinen. An jeder Ecke gibt es massenhaft Geländer, Kanten und Stromleitungen, über die man wie ein Skater schliddert, während man marodierende Gangs mit obskuren Waffen wie Schallplattenwerfern oder explosiven Teddies malträtiert. Hüpfen, grinden, schießen und dabei jede Menge Kombos aufstellen, um noch stärkere Extras wie überspringende Blitze freizuschalten – diese Kombination sorgt für einen unheimlich guten Flow!
Es ist fast wie beim Radfahren: In den ersten Minuten fühlt sich alles noch ein wenig wackelig an, doch nach einer etwas längeren Eingewöhnungsphase kann man einfach nicht mehr aufhören! Eine wichtige Rolle spielt dabei der Umstand, dass sich das Spiel kein bisschen ernst nimmt. Ob verwöhnte Hipster, gewalthaltige Fokusgruppentests, der Durchbruch der vierten Wand oder sogar die Sicherung eines Melvins-Konzerts vor Mutanten-Horden: Das Spiel macht sich über fast alles und jeden lustig, auch wenn die deutsche Synchro manchmal etwas danebenliegt. Der Grund für Chaos und Mutationen ist übrigens die Launch-Party eines Energy-Drinks, bei dem sich Hersteller Fizzco einfach die nötigen Gesundheitstests gespart hat. Und natürlich mächtige Großaktionäre, die das Malheur lieber geheim halten wollen und die Stadt kurzerhand hermetisch abriegeln. Das Ziel der im Editor erstellten Hauptfigur ist also, dem Wahnsinn zu entkommen – wobei er sich mit einer Reihe feindlicher und verbündeter Fraktionen herumschlägt.
Wer braucht schon den Boden?
Die verwitterte Architektur ist nach wie vor ein Traum für Freunde verlassener Bauten: Die geschwungenen Bögen und bizarren Betongebäude erinnern frappierend an stillgelegte italienische Disco-Tempel, wie in Bilderserien des Fotografen Antonio La Grotta. Mit ihren Rundungen eignen sie sich erstaunlich gut dazu, die komplette offene Welt wie ein Skater auf Schienen zu durchqueren. Die ziemlich kleine Karte von Sunset Overdrive war ein Beweis dafür, dass es bei offenen Welten nicht unbedingt auf die Größe, sondern auf eine geschickte Konstruktion und eine spaßige Einbindung der Missionen ankommt!
Für weitere Infos zur Spielmechanik, den vielen Waffen-Upgrades, Nebenquests oder Sammelaufgaben solltet ihr einen Blick auf unseren Original-Test werfen; diesmal konzentrieren wir uns auf die Besonderheiten der Umsetzung. Wenn man von den seltenen Fällen absieht, in denen uns das Bild mitten in der Bewegung kurz eingefroren ist, haben wir keine technischen Probleme bemerkt. Was sich klar bemerkbar macht, ist allerdings, wie sehr sich die Grafik von offenen Action-Adventures mittlerweile weiterentwickelt hat. Sunset Overdrive war schon vor vier Jahren nur technisches Mittelmaß, doch im Vergleich zu Assassin’s Creed Origins oder auch Just Cause 4 wirken die Panoramen in Sunset Overdrive fast schon wie aus einer anderen Ära. Vor allem verwöhnte PC-Spieler dürften sich erst einmal verwundert die Augen reiben, wenn sie den leichten Grafikaufbau oder den nicht mehr zeitgemäßen unscharfen Horizont entdecken.
All das ist aber schnell vergessen, denn der comicartige Stil mit seinen aufgedrehten Farben passt nach wie vor bestens zur explosionslastigen Action und dem aufgedrehten Punk-Soundtrack. Außerdem fallen die Systemvoraussetzungen sehr moderat aus. Bereits ab einem Core i5 3470 und einer GeForce 750 Ti ist man dabei – und auf schwachen Rechnern lassen sich neuerdings einige Grafik-Feinheiten herunterschrauben. Wer einige Filter wie Körnung oder Bewegungsunschärfe deaktiviert, bekommt in einer Auflösung von maximal 5K eine etwas schärfere Version von Sunset City zu sehen als im Konsolen-Original. Für die Xbox One X ist übrigens kein Upgrade geplant. Schade, dass Besitzer von 21:9-Monitoren mit schwarzen Balken leben müssen und der Mehrspieler-Modus gestrichen wurde, der im Original aber ohnehin eher zur Nebensache verkam.
Im Gegenzug sind auf dem PC von Anfang an alle Download-Erweiterungen enthalten (Weapons Pack, Mystery of Mooil Rig und Dawn of the Rise of the Fallen Machines). Ich staunte nicht schlecht, als ich schon zu Beginn Flüsse mit der Wasserski-ähnlichen Slide-Funktion überqueren konnte. Der dazugehörige Story-DLC war seinerzeit eine willkommene Ergänzung, bei der man sich auf einer abgelegenen Ölplattform schön auf die Kämpfe fokussieren konnte. Neben der Download-Fassung auf Steam und im Windows-Store existiert übrigens auch eine Box-Version mit Soundtrack und Poster, die von THQ Nordic vertrieben wird. Alternativ zum Gamepad kann man neuerdings mit einer frei belegbaren Maus- und Tastatur-Steuerung spielen, was sich beim ständigen Hüpfen und Grinden aber nicht so natürlich anfühlt wie mit dem Controller. Das Spiel hat zwar nach wie vor Macken wie einige monotone Missionen oder die nicht immer ideale Waffenbalance – unterm Strich ist Sunset Overdrive aber eine runde Sache mit einem angenehm eigenwilligen Spielgefühl!
Es sieht himmlisch aus, wirklich. Auch der Pulverschnee mit seinen Fußspuren wird nur noch getoppt von God of War (Leute, der GoW-Schnee ... eine Offenbarung).
"Sunset Overdrive" und "steril" in einem Atemzug ist schon sehr eigenwillig.
Ich empfehle bei SO ohnehin jedem die Englische Sprachausgabe. Auf Deutsch will das für mich nicht wirklich funktionieren.
Interessantes Statement. Habe mir vor nem Jahr die One S geholtwegen Forza Horizon 1 und eben Sunset. UNd ich fand als verwöhnter Pc Spieler die Grafik zum Dahinschmelzen. Das wird auf dem Pc mit höhrerer Auflösungf bestimmt noch ne Ecke besser aussehn.
Mich enttäuscht ja RDR2 aktuell einwenig, was die Grafik betrifft. Auf Sunset freue ich mich aber. Auf der Konsole hab ichs nur zwei Stunden gezockt. Die Padsteuerung ist wie erwartet crap. Und die 3D Vision Community bastelt bestimmt an nem 3D Patch fürs Spiel. Ah jaaa....