Super…hot…super…hot!
Superhot ist eine dieser Ideen, die nur auf einem Gamejam entstehen: Was wäre, wenn der Spieler frei bestimmen könnte, wie schnell sich die Zeit bewegt? Nur beim Laufen, Feuern und Ausweichen tickt die Uhr weiter – und zwar in der Geschwindigkeit, die man beim vorsichtigen Tippern auf WASD vorgibt. Das Ergebnis ist klar: Man würde völlig übermächtig durch den Kugelhagel tauchen, der hier stylisch rote Spuren hinter sich her zieht. Im Jahr 2013 erdachte ein polnisches Entwickler-Grüppchen um Piotr Iwanicki das Konzept bei einem einwöchigen Shooter-Wettbewerb. Nach ein wenig Mundpropaganda und Vorstellungen in großen Blogs sowie Magazinen wagte sich das Team an ein vollwertiges Spiel. Damit es für den Zeitmanipulator vorm Bildschirm nicht zu leicht wird, haben die Entwickler ein wenig gemogelt: Komplett still steht die Zeit nie. Wer also ein, zwei Sekunden zu lange über den idealen Weg nachgrübelt, bekommt schnell ein Projektil ab und muss das Level neu starten.
Außerdem feuern manche Widersacher eine breitflächige Ladung Schrot ab, der man in den engen Gängen nicht immer ausweichen kann. In solchen Momenten kommt ein weiterer Kniff zum Einsatz, der das Taktieren in Zeitlupe noch spannender und cooler macht. Wer sich nah genug an seinen Widersacher heranschleicht, kann ihm einfach einen saftig knackenden Hieb verpassen und kloppt ihm so die Bleispritze aus der Hand. Einfach anpeilen und schon fischt man danach das Schießeisen aus der Luft.
Intensive Schusswechsel
Das sieht nicht nur cool aus, sondern erweist sich auch als nützlichste Mechanik. Es steckt nur noch eine Kugel im Magazin? Kein Problem: Der Glückspilz hinter der Theke bekommt das letzte Projektil in seinen generisch-roten Schädel. Nach einer blitzschnellen Drehung wird der ungeduldige Schütze am Ende des langen Ganges bedient und bekommt die leere Pistole ins Gesicht, worauf hin er kurz strauchelt. Zeit genug, sich wieder umzudrehen und hinter einer Säule vorm Schrot des dritten Klonkriegers abzutauchen. Dann setzt es einen Faustschlag und schon fliegt die Waffe zum Spieler – schönen Dank auch! Während solch intensiver Szenen werden Erinnerungen an Shootouts in John-Woo-Filmen wach. Später wird das Prinzip noch durch einen Trick aufgepeppt, mit dem man blitzschnell in anderen Ecken der Industriehallen landet – mehr verrate ich noch nicht.
Der Actiontrip führt durch allerlei minimalistische Labore, Innenhöfe und sogar auf Zugdächer: Ab und zu sind also schnelle Reaktionen gefragt, wenn man nicht schon zu Beginn unter die Räder geraten möchte. Inmitten der sich wild beschleunigenden und abbremsenden Action sollte man trotz der mächtigen Fähigkeiten Vorsicht walten lassen, denn die Schießeisen sind hier genau so zerbrechlich wie die zersplitternden gesichtslosen Krieger. Sie überraschen einen aus allen Winkeln des Gebäudes, was mitunter sogar unfaire Züge annimmt. Oft materialisieren sie sich einfach aus dem Nichts. Als Konsequenz muss man sich ständig umdrehen, um alle Winkel im Auge zu behalten und nicht kurz vorm Abschluss des Levels völlig überraschend eine Kugel in den Rücken zu bekommen. Ich hätte damit leben können, von noch mehr Gegnern überrannt zu werden, wenn bloß das ständige Respawnen hinterm Rücken gestrichen worden wäre. Auch die technische Performance kann auf die Nerven gehen: Selbst wenn sich die Zeit ein paar Sekunden lang auf voller Geschwindigkeit bewegt, bleibt die Kamera beim Laufen oder in Drehungen manchmal kurz hängen. Getestet wurde das Spiel übrigens mit einer GeForce GTX 970.
Mysteriöser Kampf gegen die Roten
Die Erklärung des minimalistischen Szenarios und dessen Einbindung in die Geschichte ist den Entwicklern besser gelungen: Ähnlich wie im Kinoklassiker WarGames verschafft sich die unbekannte Hauptfigur Zugriff zu einem mysteriösen Server, auf dem er das Spiel Superhot findet. In einem fingierten Chat-Fenster nimmt er immer wieder Kontakt mit seinem Whistleblower und einer unbekannten Macht auf, die offenbar hinter den seltsamen Experimenten mit dem minimalistisch designten Zeitmanipulations-Shooter steckt. Das cool designte Menü steckt voller Anspielungen auf alte ASCII-Bilder und Demo-Animationen. Manchmal übertreiben es die Entwickler ein wenig mit nervig blitzenden Wörtern oder philosophischen Anspielungen – die Auflösung gefiel mir dagegen gut.
Einige Effekte wie die chromatische Aberration (also absichtliche Farbfehler im VHS-Stil) lassen sich zum Glück deaktivieren. Wer nach dem nur rund zweieinhalb Stunden kurzen Story-Modus noch nicht genug hat, kann die Levels noch einmal im Speedrun angehen, sich im Endlos-Modus an einigen Missionen versuchen oder spezielle Herausforderungen starten. In Letzteren muss man sich z.B. nur mit einem Katana bewaffnet durch die rote Gefahr schnetzeln oder andere Vorgaben erfüllen. So spannend wie das Hauptspiel ist das zwar nicht, ein willkommenes Extra aber allemal.
Wenn's die Linux-Version auf Disc und mit ohne Account-BDSM gäbe, würde ich dafür gerne 10-15uroz rauswringen, aber so... nee, hau mich ab damit.
Ich glaube nicht dass man eine Art Preis/Leisungverhältnis in eine Bewertung einbeziehen sollte.
Es ist überall zu lesen dass das Spiel kurz ist. Jeder kann selber entscheiden wie viel es einem wert ist.
Es gibt immer irgendwelche Sales.
Wenn in einem Jahr der empfohlene Preis gesenkt wird müssen alle Reviews angepasst werden?
--> Unmöglich machbar.
Ich persönlich habe lieber 3h was vollständig anderes (Stanley Parable war göttlich, Pony Island ist toll) als schon wieder 30h das x-te Zelda (die ich auch alle sehr gerne (auch mehrmals) spiele wohlgemerkt).
Und da macht es Bock, bei Far Cry bspw. macht ja nix wirklich Bock, weil schon tausend Mal dagewesen ...
Aber Vergleiche sind eh doof, das Spielprinzip ist einfach originell. Zuerst dachte ich mir, "ach du scheiße ... ja gut, bisschen hier und da ausweichen und abschießen, wie schwierig ... " aber dann ging's los, keine Waffe, überall Gegner, größere Levels ...
Am geilsten fand ich die Stelle wo soviele Nahkämpfer um einen rumstehen, das sieht dann nachher wirklich aus wie Jackie Chan, dazu das herrlich entwaffnen und aufgreifen der Waffen. Oder wo man auf dem Klo anfängt und dann in die "Bar" geht. Schon gut gemacht ^^ Ne vernünftige Optik wäre allerdings doch schon besser, als diese kantigen Figuren. Das ist etwas schade.
Ich habe nun für den Katana-Durchgang länger gebraucht als für den Story-Modus.
Offensichtlich ist es noch nicht ganz klar geworden: Der Story-Modus ist nur ein Aspekt des Spiels... nach dem Ende geht es noch weiter, und man kann länger als nur 3 Stunden damit Spaß haben. Wer unbedingt nur den Story-Modus spielen will, schaut dann zwar in die Röhre, hat aber auch Pech gehabt.