In einer blutigen Zeitlupe zerfetzt mein Schuss den letzten Gegner, der Level ist geschafft – und das fühlt sich richtig gut an! Denn den Weg hierher musste ich mit Leichen pflastern, ohne dass ich selbst einmal getroffen werde. Ich musste zig schwer bewaffnete Gangster in der Draufsicht eines verwinkelten Restaurants ausschalten, ohne dass mich ein einziges Projektil aus einer Uzi oder Schrotflinte erreicht. Es gibt für den Helden weder eine kugelsichere Weste noch andere Schutzmaßnahmen: Ein Treffer heißt immer Game Over!
Diese einfache Regel würde die morbide Faszination dieses Twinstick-Shooters noch nicht erklären, bei dem ich mein Fadenkreuz und meine Figur mit je einem Analogstick bewege. Hinzu kommt zum einen die stilsichere Inszenierung einer Spielwelt, die wie die Tabletop-Version des John-Woo-Films Hard Boiled anmutet: Ich tiger durch chinesische Bars und Hotels mit tückischen Schatten und greller Neonbeleuchtung, bevor in null Komma nichts Scheiben, Wände, Türen splittern und gleißende Projektile über den Bildschirm jagen; lediglich das gelegentliche Tearing stört die ansehnliche 3D-Kulisse.
Ein ganz spezieller Flow
Von coolen Elektro-Beats begleitet entsteht zum anderen ein martialischer Flow, der sich wohltuend von der rasanten Hektik klassischer Twinstick-Action abhebt. Der Spielrhythmus wird weder von der Masse der Gegner à la Dead Nation noch dem Tempo à la Nex Machina bestimmt. Ich werde also nicht in eine ständige Bewegung getrieben, sondern kann auch mal vorsichtig aus der Deckung ballern, mich langsam an Gegner heran pirschen oder behutsam Türen öffnen, bevor Feinde dahinter alarmiert sind. Die KI hat zwar nur zwei Zustände und agiert vorhersehbar, aber nutzt zumindest Deckungen und Hechtrolle. Außerdem können Feinde später in Rüstung zwei Treffer vertragen, was die Schwierigkeit nochmal stark erhöht.
Obwohl auch hier eine Kugelhölle entstehen kann, sorgen die relativ geringe Gegnerzahl, ihr realistisches Tempo sowie zwei spezielle Fähigkeiten des Helden für eine gewisse taktische Kontrolle: Ähnlich wie in Max Payne kann ich auf Knopfdruck eine begrenzte Zeitlupe einleiten, um einen Vorteil beim Anvisieren sowie beim Ausweichen zu bekommen. Zwar kann man das sehr lange ausnutzen, aber ohne diese Hilfe hätte man kaum eine Chance. Außerdem kann ich eine Hechtrolle ausführen, die ebenso wie finalen Kills alles andere als elegant animiert wurde, aber mich kurzfristig unverwundbar macht. Diese beiden Manöver lassen sich kombinieren, zumal man beim verlangsamten Sprung über die Theke auch noch feuern kann.
Zu wenig Abwechslung
Auch wenn diese Arcade-Action richtig Laune macht, sind die Schweden noch ein gutes Stück von der Klasse eines Housemarque entfernt. Abgesehen von den Schwächen in der Inszenierung, was das Zerreißen von Bildern oder einige unbeholfen wirkende Bewegungen betrifft, gibt es mit Pistole, Schrotflinte, Uzi und Gewehr von Anfang an nur vier Waffen. Die kann man zwar aufrüsten, so dass man vollere Magazine, eine bessere Feuerrate oder ein erhöhtes Lauftempo bekommt, aber auf lange Sicht vermisst man die Abwechslung im stets identischen Ablauf, in dem es keinerlei Explosionen von Granaten oder Autos gibt. Das Leveldesign wiederholt sich auf Dauer, man bleibt stets auf einer Ebene und kann lediglich mal von Dach zu Dach springen. Immerhin gibt es trotz frühem Game Over und fehlender manueller Speicherung keinen all zu großen Wiederholungsfrust, denn die kompakten Missionen bieten überschaubare Areale. Immerhin gibt es ausführliche Statistiken mit weltweiter Rangliste und zusätzliche Belohnungen in Form von Sternen, wenn man einen Durchlauf besonders schnell, ohne Zeitlupe oder gar nur mit Treffern gegen Feinde meistert.
Leider sind die Bosskämpfe zu statisch designt: Man wird auf die linke Seite eines Levels gezwungen, während rechts der Boss mit erhöhter Lebensenergie agiert. Man muss ihn also mehrmals treffen, während einem links noch gewöhnliche Schergen auflauern, die als Munitionsspender dienen. Diese Grenze ist auch deshalb unglücklich, weil man ja Durchgänge auf die andere Seite klar erkennt. Außerdem kann man den Boss durch ständiges Ausnutzen der Zeitlupe sowie ein Hin und Her aus der Deckung heraus recht frühzeitig aus einer Position heraus dezimieren – das ist trotzdem nicht leicht, aber recht monoton.
Dass die als spielbarer Rückblick inszenierte „Story“ bis hierher nicht erwähnt wurde, hat natürlich einen Grund. Obwohl die Schweden auf trashige Art den Ton des „Heroic Bloodshed“ treffen, in dem meist Motive der Rache in eine Oper der Gewalt münden, können die ständigen Einblendungen des blutigen Gesichts des stoisch blickenden Helden sowie die englischsprachigen Textdialoge an Bars oder im Polizeirevier nur knapp an der totalen Belanglosigkeit vorbei schrammen. Schade auch, dass es keinen Multiplayer-Modus gibt, der sich aufgrund des Arena-Flairs durchaus anbieten würde.
Habe diesen Titel nun 1 Stunde gespielt und bin ernüchtert. Hier handelt es sich um absolut mittelmäßige durchschnittskost die an mehreren Ecken sehr unfertig wirkt, meist bei der Präsentation. Wie man hier beinahe 80% vergeben kann erschließt sich mir nicht, muss es aber auch nicht. Im Bereich 50% bis 60% würde meine Wertung liegen. Ich würde es nicht noch einmal kaufen.
Toll jetzt will ich ein neues Stranglehold...
Als Max Payne-Fan, der gerne Hotline Miami gezockt hat, habe ich mich sehr auf dieses Spiel gefreut...und wurde enttäuscht.
Wie konnten die Entwickler in einem Spiel, in dem die Bullet Time eine so zentrale Rolle spielt, genau diesen Aspekt so verkacken? Die ersten Level kann man ja schon beinahe in einem Slo-Mo Zug absolvieren, so lange dauert die Zeitlupe an. Und ist die Bullet Time deaktiviert, lädt sich die Leiste innerhalb von ~2 Sekunden wieder vollständig auf. Hat sich für mich wie Cheaten angefühlt, also habe ich es ohne gespielt. Aber so kann ich gleich bei HM bleiben, welches immerhin interessantes Storytelling liefert und alles in allem das rundere Produkt darstellt.
Bei nem physischen Release "InstaBuy"... wart also erstmal ab, aber sieht sehr so als als könnte ich damit meinen Spaß haben.
Sieht ganz interessant aus. Für ein Zwei-Mann-Team: Alle Achtung! Kommt mal auf die Liste.