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The Walking Dead 2 – Episode 5: No Going Back (Adventure) – Kein Weg zurück

Ich hatte nie ein Problem damit, dass die junge Clementine stärker im Mittelpunkt des Geschehens steht als es die Vernunft gebietet. Denn es war richtig ihre Geschichte zu erzählen, nachdem sie der emotionale Anker in diesem The Walking Dead wurde. In einer Welt, in der jeder Tag ein Test des Lebenswillens ist. Die mal zärtlich und mal so grausam ist, dass ein Teenager fluchen, schießen und töten muss. Davon erzählt die zweite Staffel, davon erzählt ganz besonders die vorerst letzte Episode: von den Bestien, die Clementine in dieser Welt bedrohen.

© Telltale / Telltale

Woher kamen wir?

„No Going Back“, so der Titel – kein Weg zurück. Clementine hat ihre letzte Wahl getroffen. Und nachdem ich mich so entschieden habe, schleppt sich mein Herz mühsam die Straße entlang. In den bewegenden letzten zwei Stunden habe ich lange Abschied nehmen können von Bonnie, Luke und den anderen. Schweren Herzens habe ich miterlebt, wie sich ein Konflikt zuspitzt, den ich nicht verhindern konnte. Ich konnte mich darauf einstellen, darauf vorbereitet war ich nicht. Wie konnte es so weit kommen?

Für die Antwort gilt dasselbe wie für diesen Bericht: Wer Einzelheiten der Geschichte nicht erfahren möchte, sollte ihn nicht lesen.

Das zweite Kapitel

Bis es so weit kommen konnte, hat sich Telltale schwer getan mit der zweiten Staffel. Vielleicht war die Erwartungshaltung zu groß, vielleicht wollten die Geschichtenerzähler auch zu viel. Auf jeden Fall haben sie sich übernommen, als sie im knappen Stakkato mehrere große Geschichten in fünf kleine Episoden packten. Das Ergebnis war ein holpriger Ritt, der unnötig schnell übermäßig viele Figuren einführte und viele von ihnen schnell wieder vergessen ließ. An Nick, Walter oder Reggie hatte ich bis gerade eben kaum noch einen Gedanken verschwendet.

Die Autoren Nick Breckon und Andrew Grant stolperten über Klischees des apokalyptischen Überlebenskampfes, anstatt sich in Ruhe ihren Figuren zu widmen. Die zugespitzte Gewalt wirkte über weite Strecken so vertraut, dass sie zum Selbstzweck verkam. Brenzlige Situationen schienen nur der Vollständigkeit halber vorhanden. Vielen Momenten fehlte der Biss – diese unbarmherzige Hoffnungslosigkeit, die in Staffel eins den Ton angab.

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Viele Gefahrensituationen der zweiten Staffel wirkten zum Selbstzweck konstruiert. © 4P/Screenshot

Telltale verließ sich zu sehr auf eine routinierte Inszenierung, anstatt in einzigartigen und persönlichen Augenblicken Spannung zu erzeugen. Das Nähen von Clementines Wunde in Folge eins der zweiten Staffel oder die knisternde Spannung auf dem zugefrorenen See in der letzten Episode waren Ausnahmen.

Die Konkurrenz rückt nach

Es ist auch die Inszenierung an sich: The Walking Dead wirkt altbacken. Es geht nicht um Polygone und Texturen. Es geht um Animationen, Kameraarbeit, Regie. Oft bewegen sich die Figuren hölzern oder wechseln unvermittelt von einem beruhigenden Lächeln zu schmalen angespannten Lippen. Die Lautstärke ändert sich zwischen zwei Sätzen derselben Person und die Musik übertönt schon mal die Unterhaltung. Es geht nicht um Technik. Es geht um aufmerksame Feinarbeit mit den Figuren.

Und es geht um die spielerische Inszenierung, denn Telltale verzichtet in der zweiten Staffel komplett auf Rätsel. Nur wenige kurze Szenen, in denen Clementine ihre Umgebung frei erkunden kann, erinnern noch an ein klassisches Adventure – ein richtiger Schritt. Doch jetzt fehlen Momente, in den man sich nach Belieben mit Begleitern unterhalten, sie kennenlernen kann. Ich vermisse das ruhige Entdecken eines Schauplatzes, um ein Gefühl für die Umgebung zu entwickeln. Mir fehlt das Kennenlernen von „Land und Leuten“, das mich zu einem Teil der interaktiven Welt macht.