Veröffentlicht inTests

Trover Saves the Universe (Action-Adventure) – Spielbarer VR-Fiebertraum

Wie geht man als Entwickler am besten mit übereifrigen politisch korrekten Moralaposteln um? Man zieht sie einfach selbst durch den Kakao und überhäuft den Spieler mit so vielen Obszönitäten, dass er irgendwann derart desensibilisiert ist, um sich auf die Persönlichkeiten und Motivationen hinter den Flüchen konzentrieren zu können: So lautet zumindest die Patentlösung von Rick-and-Morty-Mitschöpfer Justin Roiland in seinem VR-Abenteuer Trover rettet das Universum.

© Squanch Games / Squanch Games

That‘s spacist!

„Spacist! Chairist! Racist!“ – diese Worte fallen auf dem Weg durch die Schließmuskel von Fleischland (die übrigens mit Nippeln geöffnet werden) im Sekundentakt. „Warum stapelst du Boxen? Wo ich herkomme ist sowas rassistisch!“, ätzt ein Standard-Scherge, als ich versuche, eine Leiter aus Kisten zu bauen. „Wieso schleimst du dich jetzt ausgerechnet beim Chairopean ein, Trover?“, bohrt kurze Zeit später unser Boss nach. Gute Frage. Schließlich ist gerade herausgekommen, dass mein geschätzter Partner gestern noch hemmungslos Sprüche über meinen Mangel an Mobilität geklopft hat. Das scheint eben so üblich zu sein bei seinem sportlichen Volk der Augenhöhlenmonster. Ich als Chairopean bin dagegen an den Weltraumrollstuhl gefesselt, während Trover vor meinen Augen durch das Action-Adventure hüpft und Gegner aufmischt.

Auch abseits von Aufreger-Themen ist die Fluchrate exorbitant: „F-Worte“ habe ich irgendwann nicht mehr mitgezählt, weil ich sonst schnell im vierstelligen Bereich gelandet wäre. Es gibt sogar die Möglichkeit, eine zensierte Fassung zu starten, die aber um ein Vielfaches weniger lustig ausfallen dürfte. Fans von Rick and Morty dürften in etwa einschätzen können, auf welche Art von Humor sie sich einlassen. Grafisch protzen die glatten Oberflächen, Figuren und Hintergründe nicht gerade mit Details, trotzdem ist der Ekelfaktor gar nicht so niedrig – z.B. wenn Fiesling Glorkon seine sexuellen Vorlieben in minutiösen Details schildert. Noch unbehaglicher ist natürlich der Umstand, dass er in seinem Wahn das komplette Universum auslöschen könnte.

Zu viel Information!

[GUI_STATICIMAGE(setid=85627,id=92585126)]
An Orten wie der grünen Shleemy World oder der obligatorischen Industriezone gibt es einen angemessen bizarren experimentellen Electro-Soundtrack zu hören. © 4P/Screenshot

In mein Leben als friedliebender, leicht spießiger Chairopean tritt Glorkon zum ersten Mal, als er unvermittelt meine zwei geliebten Hunde kidnappt und sich in die Augenhöhlen stopft. Ja, in die Augenhöhlen; ein allgegenwärtiges Thema in diesem spielbaren Fiebertraum. Viele Kreaturen in diesem Universum erlangen besondere Fähigkeiten durch diese wundersame Koexistenz mit anderen Kreaturen, die sie eben in ihrem Schädel herumtragen. Warum auch nicht? Mir als gewöhnlichem menschlichem Spieler fallen zwar massenhaft Argumente dagegen ein, mein Partner Trover sieht das aber anders. Er wird kurzzeitig tierisch high, wenn er sich zwei „Power-Babys“ in den Schädel kloppt.

Außerdem baut er dadurch eine telepathische Verbindung zu mir auf, mit der ich ihn durch die Levels steuere. Meine Rolle erinnert an die Beobachter aus Moss oder Ghost Giant. Auf meinem schwebenden Hightech-Stuhl kann ich nur ruckartig von Warp-Knoten zu Warp-Knoten zischen. Oder ich „schwuppse“ für einen besseren Überblick in drei Stufen in die Höhe. Ein sehr komfortables, übelkeitsarmes System, das mich als Spieler zudem schön ins Geschehen einbindet. Von dort aus steuere ich Trover mit dem Analogstick und den Knöpfen meines galaktischen Controllers, damit er mit seinem Lichtschwert auf allerlei grantige Gegner eindrischt.

Spielerisch leichte Kost

Schade, dass sich seine einfachen Attacken und Kombos im Laufe des Spiels nur leicht aufrüsten lassen, z.B. mit einer Ausweichrolle. Ab und zu wird es auch nützlich, mit Hilfe der Telekinese ein paar fallen gelassene Waffen in die Gegnermeute zu schleudern. Allgemein wagen es die Entwickler nicht, dem Spieler komplexe Mechaniken zuzumuten: Ein paar Kisten-Puzzles hier, ein kleines Suchspiel mit Alien-Säuglingen dort – alles in allem durchaus unterhaltsam, aber nicht gerade übermäßig anspruchsvoll. Boxen werden direkt mit der präzisen Blick-Steuerung in Position gebracht. So gelangt man meist schnell zu sich streitenden Gegnern auf Burgzinnen oder platziert Findlinge in ein paar Wandnischen, damit Trover sie als Plattformen benutzen kann. Leider fühlt sich die Sprungsteuerung einen Deut weniger griffig präzise an als bei Astro Bot Rescue Mission oder Lucky’s Tale, so dass man hier leichter mal vom Rand einer Plattform glitscht.  

[GUI_STATICIMAGE(setid=85627,id=92585124)]
Ein hundsgemeiner Kerl, dieser Glorkon! © 4P/Screenshot

Die Idee der Power-Babys wirkt wie ein bizarrer Mix aus Anspielungen an Death Stranding und Astro Bot: Wie in Sonys VR-Klassiker wurden die kleinen „Schützlinge“ auch hier hinter allerlei Winkeln und kleinen Abzweigungen versteckt. Ein netter kleiner Kniff, um die Kämpfe und ausgiebigen Story-Passagen aufzulockern. Spielerisch am besten gefallen haben mir aber die Bosskämpfe, weil sich Roilands Wahnsinn darin am deutlichsten manifestiert. Im Gefecht mit gigantischen Unholden und schrecklichen Schreddermaschinen führt meist eine Reihe kleiner verketteter Rätsel zum Ziel, bei denen man z.B. telekinetisch mit Kugeln hantiert.

  1. Rick und Morty (Serie) fand ich genial. Diese Mischung aus philosophisch-tiefgründig und Humor unter der Gürtellinie... klasse! ;)
    Freue mich auf die vierte Staffel im November.

  2. Ich habe SELTEN so hart gelacht. Und noch nie in einem Videogame. Meine Freunde und ich haben uns am Freitag in die Rift S gespannt und hatten am Ende Muskelkater in den Wangen. Tierisches Vergnügen! Und spätestens, wenn man merkt, dass jedes einzelne Collectible-Powerbaby einen eigenen Namen und eine (zumeist urst komische) Backstory hat, weiß man, wie viel Liebe in dieses Game geflossen ist.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1