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WipEout HD (Rennspiel) – WipEout HD

Willkommen im Download-Zeitalter! Das Zeitalter, in dem die Entwickler ihre Spiele ohne Vertriebsumwege auf die Festplatte der Spieler schieben. Und natürlich auch das Zeitalter, in dem Entwickler besonders gerne die Remakes älterer Titel verkaufen. Willkommen bei WipEout Pure, äh… Pulse, nein Verzeihung: HD! Ein Zwei-in-Eins-Remake, mit dem Sony die beiden PSP-Vorläufer neu auflegt – und es dabei irgendwie geschafft hat, den Inhalt deutlich abzuspecken. Lohnt sich der erste PS3-Abstecher trotzdem?

© Sony Studio Liverpool / Sony

Nicht zuletzt haben die Liverpooler in den vergangenen Jahren auch so an der Flugphysik gedreht, dass inzwischen selbst Frischlinge zumindest mit der Steuerung zurechtkommen sollten. Der Kniff: Die ursprünglich mal furchtbar trägen Luftschlitten (cool!) drehen sich jetzt ohne großartiges Murren in die Kurven. Meine Fanboy-Seele fühlt sich zwar ein wenig im Stich gelassen, nickt den gelungenen Kompromiss aber anerkennend ab. Nur die obligatorische optionale Sixaxis-Unterstützung hätte Sony stecken lassen können: Ich halte es für so gut wie unmöglich, in der höchsten von vier Geschwindigkeitsklassen Rekordzeiten mit dem Pseudolenker einzufliegen. Immerhin darf man wahlweise auch nur den Neigungswinkel der Nase per Sixaxis steuern, ansonsten aber mit Analogstick oder Digipad lenken – und das kann mit etwas Übung wiederum eine hervorragende Hilfe sein.

Das Online-Zeitalter

 

Zurück zum Umfang, der wie schon bei Pulse auch mit Internet- sowie endlich wieder mit Splitscreen-Rennen gefüttert wird. Nach Pulse kommt

WipEout damit endgültig im Zeitzalter des weltweiten Konkurrenzkampfes an, der entweder in einzelnen Rennen oder frei einstellbaren Turnieren ausgetragen wird. Mehr als das plus ewige Onlinelisten heldenhafter Bestzeiten ist jedoch nicht drin. Der Eliminator-Modus wurde ja ohnehin gefeuert, ebenso erging es der Möglichkeit, eigene Kampagnen zu erstellen und auszutauschen. Freunde in einen frisch kreierten Online-Lauf einzuladen, dürfen wir uns ebenfalls abschminken. Man sieht auch nicht, in welchem Rennen ein Kumpel momentan schwitzt. Stimmt schon; wer ist denn so blöd, den Nachbarn aus der

Dank verschiedener Effekte dürft ihr eure Screenshots vor dem Speichern noch bearbeiten.
Freundesliste im Internet aufzustöbern und herauszufordern zu wollen… Auf PSP sind solche Mankos zu verschmerzen, auf PS3 wirken sie unfertig, bestenfalls rudimentär. Weil zudem nur Bestzeiten in den Highscore-Listen festgehalten werden, es aber keine Ranglistenturniere oder -Rennen gibt, hat mich sehr schnell nur noch meine chronische WipEout-Sucht zum Gasgeben im Internet motiviert.

Und bei all der Meckerei muss ich ja eingestehen, dass diese Sucht mit HD sogar eine neue Qualität gewinnt. Schuld sind die etlichen kleinen Verbesserungen, an denen man sieht, dass den Leuten in Liverpool ihr Baby wohl doch am Herzen liegen muss. Da geht’s nicht um die herausragende visuelle Brillanz oder in 5.1 abgemischtes Elektro-Hämmern. Da geht’s darum, dass die Wettläufe knackiger werden, weil jetzt wesentlich häufiger ein „Contender Eliminated“ von einer Totalverschrottung zeugt – die dann zum ersten Mal den Rest des Rennes den Rand der Flugbahn ziert. Oder darum, dass die Musik zu Beginn eines Rennens endlich dort weiter macht, wo sie zum vergangenen Rennende gestoppt wurde – das funktioniert sogar nach einem Neustart des Spiels. Es geht auch darum, dass jeder seine eigene Musik einbinden darf – dabei werden sogar die unterschiedlichen Lautstärkepegel solcher Dateien auf das Spielniveau angeglichen. Es geht darum, dass der erst in Pulse vorgestellte „Elektrokäfig“, der die Flieger nicht über den Streckenrand fallen ließ, wieder „abgeschraubt“ wurde – viel Spaß beim Aufspüren von Abkürzungen! Und es geht darum, dass jeder Online-Raser vor dem Start eines Turnierlaufs entsprechend seiner Platzierung an den Start gestellt wird – die Schnellsten kommen so nach hinten; die Langsamen dürfen nicht mehr über Benachteiligung meckern.

Natürlich sind das nur Details. Weil es ein ganzes Bataillon solcher kleiner Verbesserungen gibt, sieht man allerdings, wie viele Gedanken sich die Entwickler gemacht haben,

um eben nicht nur ein „Textur-Update“ abzuliefern.

Aber.

Aber!

Wieso machen sie’s dann doch? Warum gibt’s nur acht Strecken in einer Konsolen-Umsetzung von gleich zwei vollwertigen Vorläufern? Weshalb wurde der Soundtrack nicht nur eins zu eins aus Pulse übernommen, sondern von satten 16 auf handliche neun Stücke gestutzt? Wie kommen Sound-Aussetzer 

ins Spiel, wenn man ohne eigene Musik startet? Wo sind eigentlich Wiederholungen, die auf PS3 doch endlich machbar sein müssten? Weswegen pfeift Sony diesmal auf eine alternative und erst dadurch interessante Streckenführung auf den auch rückwärts befahrbaren

Änderungen im Kleinen machen WipEout besser – im Großen bleibt allerdings alles beim „PSP-Alten“.
Kursen? In Pulse war ich über die zusätzliche Herausforderung auf den abweichenden Routen dankbar – in HD habe ich keinen Bock drauf. Der Witz ist: Das weiß man auch in Liverpool. Anders ist es nicht zu erklären, dass die „Retro-Varianten“, ebenfalls anders als in Pulse, in der Karriere gar nicht erst vorkommen. Man darf im Einzelrennen mit ihnen Spaß haben, für mehr taugen sie aber nicht? So ist es, Sony. Dann erzählt uns doch aber nicht, dieses WipEout hätte „16 Kurse“. Allein in Pulse gab’s schon zwölf Strecken – und zwar ohne Alternativ-Routen und Download-Kurse! Pure, dessen Inhalte sowie Download-Erweiterungen hier hauptsächlich aufgekocht werden, gar nicht erst mitgerechnet. Beim Metropia-Kurs hat man sich sogar nicht mal die Mühe gemacht, die auf PSP schon vorhandene alternative Route einzubauen. Stattdessen liefert HD eine belanglose Fahr-doch-mal-so-rum-Variante eines längst bekannten Anblicks. Mensch…!

Natürlich kann man davon ausgehen, dass für WipEout HD weitere Strecken und Gleiter im PlayStation Netzwerk auftauchen. Vielleicht dürfen wir ja sogar für mehr Spielmodi oder Musikstücke zahlen; ich werde Zähne knirschend einer der Ersten sein! Dann wird aus dem mickrigen, aber günstigen Remake eben ein umfangreiches, aber teures Remake. Eine Frischzellenkur für zwei grandiose PSP-Vorgänger – die grafisch und akustisch fast alles richtig macht. Die aber die partout nichts Eigenes bieten will.