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WRC: Rally Evolved (Rennspiel) – WRC: Rally Evolved

Auch wenn Sebastien Loeb, der WRC-Weltmeister des vergangenen Jahres, erst kürzlich seine vorzeitige Titelverteidigung feiern konnte, startet die Rallye-Saison 2005 auf der PlayStation 2 mit Rally Evolved erst jetzt und bietet als einziges Spiel die offizielle WRC-Lizenz mit echten Fahrernamen, Boliden und authentischen Rennpisten. Ob’s auch auf der Konsole zur Titelverteidigung reicht?

© Evolution Studios / Sony

WM im Schnelldurchlauf

Trotz der anfänglichen Startprobleme habe ich meine erste Rallye noch recht passabel abgeschlossen und den Gedanken schnell wieder verdrängt, vielleicht doch besser erst eine Saison in der Super 1600-Klasse mit deutlich leistungsschwächeren Boliden wie dem Fiat Punto oder Renault Clio zu absolvieren. Nein, ich war ein gestandener WRC-Pilot und wollte dies auch bleiben, obwohl ich sicher auch die Super 1600 zu schätzen weiß, wenn ich es mal wieder etwas langsamer angehen lassen will. Selbst mir dem Erfolg beschlich mich allerdings das ungute Gefühl, dass irgendetwas anders war. Klar, WRC Rally Evolved sieht dank zusätzlicher Partikel- und Lichteffekte wieder einen Tick besser aus als der Vorgänger, bietet nach wie vor eine enorme Weitsicht mit minimalen Pop-Ups sowie realistisch modellierte Schleudern und kernige Motorgeräusche.

Und da hebt er ab…

Leider trüben aber vereinzelte Slowdowns und z.T. deutliches Tearing das Bild, während der Vorgänger von diesen unschönen Nebeneffekten noch weitestgehend verschont blieb. Aber das war es nicht, was mich beschäftigte. Es musste etwas anderes sein. Des Rätsels Lösung ereilte mich bei der nächsten Rallye in Schweden, die ich nach etwa acht Minuten trotz einiger Missgeschicke siegreich beendete. Moment mal, acht Minuten? Ist das nicht etwas kurz? Wenn ich mich recht erinnere, brauchte ich im Vorgänger unter ähnlichen Bedingungen gut 25 Minuten, bis das Event vorbei war. Aber was will man auch erwarten, wenn jede Rallye in Evolved aus lediglich vier, z.T. sehr kurzen Wertungsprüfungen besteht und selbst in höheren Schwierigkeitsgraden keine weiteren Abschnitte hinzukommen? Was ich erwarte? Ich erwarte von einem Nachfolger, dass er mindestens den gleichen Umfang bietet wie sein Vorgänger, am besten sogar noch mehr. Was will ich mit einer Weltmeisterschaft, die ich an einem Tag locker durchspielen kann? Gut, ich könnte mich noch der freischaltbaren Oldtimer-Herausforderung widmen und in kleinen Fahrprüfungen Klassiker wie den Audi Sport Quattro S1 oder den Lancia Delta S4 freispielen oder meine hart verdienten WM-Punkte in das Freischalten weiterer Autos (z.B. WRC Extreme- oder Amateur-Modelle) oder Extras wie Konzeptzeichnungen investieren. Und wenn ich will, schalte ich mit den entsprechenden Punkten einfach Cheats frei, mit denen ich z.B. die Schwerkraft außer Gefecht setzen, mir einen schielenden Co-Piloten mit Helium-Stimme auf den Beifahrersitz holen oder sogar Effekte wie Bewegungsunschärfe oder einen psychedelischen Himmel aktivieren kann. Aber rechtfertigen all diese Spielereien und Mini-Modi eine dermaßen starke Kürzung der WM und damit der Hauptattraktion des Spiels? Ich denke nein.

Ab zum Rally Cross

Die letzte Hoffnung sah ich im neuen Rally Cross-Modus, in dem man nicht nur alleine gegen die Zeit, sondern erstmals in der Serie gegen drei weitere Fahrer direkt auf der Strecke um Positionen kämpft – und das in allen 16 Austragungsländern der WM. Haben sich hier vielleicht ein paar weitere Strecken versteckt, die die Kürzungen bei den WRC-Läufen wenigstens halbwegs plausibel machen? Nein, ganz im Gegenteil. Denn anstatt für diesen Modus neue Pisten zu kreieren, bietet man dem Spieler lediglich die von der WM bekannten Shakedown-Kurse und lässt die Fahrer zwischen drei und zehn Runden drehen – ganz toll. Wenn doch jetzt wenigstens die KI der Konkurrenten gelungen wäre… Doch leider scheinen die Kerle ein Rally Cross-Event mit einem Destruction Derby verwechselt zu

Beim Rally Cross seid ihr mit vier Wagen gleichzeitig auf der Piste.

haben und rempeln teilweise, was das Zeug hält oder verstricken sich selbst in absolut dämliche Fehler. Eine gelungene KI sieht anders aus…

Online-WM

Doch warum sollt ihr euch mit der KI herum ärgern, wenn ihr stattdessen einfach drei Freunde einladen könnt, die den Part übernehmen? Entweder macht ihr im Splitscreen die Rally Cross-Pisten unsicher oder tragt von der Einzeletappe bis zur kompletten WM die Wertungsprüfungen brav hintereinander aus. Auch online geht Rally Evolved mit bis zu 16 Spielern an den Start. Leider konnten wir uns bisher noch kein Bild der Online-Rasereien machen, doch liefern wir unsere Eindrücke schnellstmöglich nach.

Finale

Bis dahin gilt meine Konzentration wieder voll und ganz dem letzten, entscheidenden Rennen: Die Fahrhilfen sind mittlerweile alle deaktiviert, denn nur so ist man würdig, vielleicht die WM-Trophäe in den Händen zu halten. Mittlerweile habe ich gelernt, wie feinfühlig ich mit dem Wagen umgehen muss, um nicht gleich im Straßengraben zu landen oder mich ständig zu drehen. Vor allem beim Anbremsen bin ich verglichen mit dem Vorgänger deutlich mehr gefordert, denn der Bolide neigt gerade bei diesem Manöver sehr gerne zum Ausbrechen. Nur gut, dass es neben dem Pad auch Lenkräder für die Sony-Konsole gibt, denn mit ihnen hat man die Dreckschleudern deutlich besser im Griff und dank Force Feedback-Unterstützung ein wesentlich authentischeres Fahrgefühl. Die Ampel ist grün! Ich habe einen WM-Titel zu gewinnen – oder zu verlieren…