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WWE ’13 (Sport) – WWE ’13

Fragt man vor allem ältere Wrestling-Fans, was den Showsport definiert hat, landet man schnell bei den so genannten „Monday Night Wars“ und der daraus resultierenden „Attitude“-Ära der WWE. Und genau die ist in WWE ’13 das zentrale Spielelement. Kann man mit einem Trip in die Vergangenheit auch  die Anhänger des Sports Entertainment begeistern, die diese Zeit nicht erlebt haben?

© Yuke's / THQ

Die gute alte Zeit

[GUI_PLAYER(ID=95897,width=300,text=Video: Der Attitude-Modus mit über 60 Matches ist das Herzstück von WWE ’13. ,align=right)]Ihr wisst, dass die „Monday Night Wars“ nichts mit dem Download-Titel „Monday Night Combat“ zu tun haben? Für euch ist der „Montreal Screw Job“ nicht Synonym für einen Pornofilm? Dann seid ihr entweder hartnäckiger Wrestling-Aficionado oder gehört zu einer etwas älteren Generation. Vielleicht gehört ihr sogar wie ich zu beiden Gruppen. In jedem Fall richtet sich der „Attitude Ära“ genannte Hauptspielmodus in WWE ’13 in erster Linie an die Fans des Showkämpfens, die nicht erst in den letzten Jahren mit World Wrestling Entertainment zu tun hatten, das seinerzeit natürlich noch (bis zu einem Rechtsstreit mit dem World Wildlife Fund) World Wrestling Federation (WWF) hieß.

Doch auch wenn man mit den Begriffen D-Generation X, Corporate Ministry oder Texas Rattlesnake nichts anfangen kann, braucht man die Flinte nicht ins Korn zu werfen, sondern kann den Modus genießen, der die „Road to WrestleMania“-Kampagne der Vorgänger ersetzt. Mit cool geschnittenen Videos, die allerdings nur Englisch vertont wurden (es gibt keine Untertitel) bekommt man einen guten Einblick in die meiner Meinung nach wichtigste Phase des Sports Entertainment. Die Stories waren besser, es wurde herzhaft geflucht, auch mal der Mittelfinger gezeigt – die Charaktere waren nicht auf größtmöglichen Konsens, sondern auf Konfrontation ausgelegt. Und das kam alles nur in Gang, weil die WWF seinerzeit in den Quotenkrieg mit der WCW (World Championship Wrestling) ziehen musste.

Die virtuelle Vergangenheit


Natürlich darf auch The Rock nicht fehlen.
Natürlich darf auch The Rock nicht fehlen. © 4P/Screenshot

Über 60 Matches eingeteilt in sieben sich teils überschneidende  Themenbereiche (z.B. D-Generation X, Brothers of Destruction, Mankind) kann man erleben und dabei viel über die Geschichte des Sports Entertainment lernen. Nebenbei kann man noch einen ganzen Haufen Gimmicks (neue spielbare Wrestler, Arenen etc.) freischalten. Dazu müssen jedoch auch die optionalen Aufgaben erfüllt werden, die für jedes Match erdacht wurden und die auf den „echten“ Geschehnissen basieren. Sprich: Auch wenn die Ära, um die es geht, eigentlich schon mehr als zehn Jahre zurückliegt, ist WWE ’13 so dicht am echten Wrestling-Erlebnis wie nur selten zuvor.

Das spiegelt sich auch in der Inszenierung wider. Zwar nutzt man bei der Matchdarstellung die dynamischeren Kameraperspektiven der modernen Wrestling-Sendungen, doch das gesamte Umfeld wurde auf „damals“ getrimmt. Die Athleten kommen stilecht zu ihren „alten“ Einzugsmusiken zum Ring, die Bühnen von damals wurden akkurat nachgebildet und wie man nicht nur beim Vergleich mit den freischaltbaren Videos feststellen kann, wurden viele Schlüsselmomente der WWE-Geschichte nicht nur visuell mit den virtuellen Wrestlern nachgestellt, sondern auch akustisch: Es werden immer wieder Zuschauerreaktionen und vor allem die Originalkommentare der Attitude-Ära eingespielt. Und das zeigt Wirkung. Denn im Unterschied zu den technisch zwar sauberen, aber letztlich vergleichsweise emotionslosen sowie sich schnell wiederholenden generischen

Bret Hart gegen Shawn Michaels beim Match in Montreal: Auch dieses Kapitel düsterer WWE-Geschichte wird thematisiert.
Bret Hart gegen Shawn Michaels beim Match in Montreal: Auch dieses düstere Kapitel der WWE-Geschichte wird thematisiert. © 4P/Screenshot

Kommentaren für die aktuellen Auseinandersetzungen wirken die Gefühlsausbrüche der damaligen Sprecher schlichtweg authentischer – auch wenn das juristisch erforderliche Weglassen des „F“ bei allem, was bei Sprachausgabe mit WWF zu tun hat, etwas aus dem Konzept bringt. Doch so überzeugend der Einsatz der alten Akustik ist, so merkwürdig sind manche Aussetzer in dieser Hinsicht, wenn z.B. der gesprochene Text kaum verständlich ist. Das wiederum passt zu dem Design weniger Figuren, die so gar nicht ihren realen Gegenstücken entsprechen, allen voran die Galionsfigur der WWE, Vincent McMahon, der als Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender alle Geschicke der Firma lenkt. Der virtuelle Mr. McMahon hat allerdings nur entfernt Ähnlichkeit mit dem markanten WWE-Boss, was einige Atmosphäre-Punkte kostet. Die wiederum gewinnt der Attitude-Modus bei mir wieder zurück, wenn The Rock und Mankind in einer punktgenau nachgestellten sowie zum Original-Sound geschnittenen Szene im Backstage-Bereich kämpfen – klasse!