Es ist schon lange mucksmäuschenstill – kein Jubel, kein Lachen, keine Bosskämpfe. Im Juli blitzten seine Killerqualitäten noch mal kurz auf, aber der Herbst hat ihm den Rest gegeben: Der GameCube ist tot.
Geist hat ihm nicht geholfen. Fire Emblem wird’s nicht schaffen. Und Battalion Wars auch nicht. Man kann sich im November höchstens noch zum makabren Leichenkick mit Mario Smash Football treffen und im Strafraum aktive Trauerarbeit betreiben. Wäre es nicht schon fast angebracht, wenn der Klempner und seine Freunde mit schwarzen Binden auflaufen würden?
Nur eine einzige Medizin hätte den GameCube in diesem Winter retten können: Grüner Zipfelmützensirup aus hauseigener Herstellung. Aber The Legend of Zelda kommt erst 2006. Dann befindet sich der Würfel in der Wahrnehmung jedoch längst drei Fuß unter der Grasnarbe, während die Xbox 360-Begeisterung in die Höhe sprießt.
Schaut ihn euch an: Seine Controller sind schon lange zusammen gerollt und selbst ein Druck auf die Power-Taste sorgt nur für ein kurzes, schwaches Glimmen in der Erinnerung. Der Anblick schmerzt. Verdammt, der GameCube ist gerade mal dreieinhalb Jahre alt! Am 3. Mai 2002 gingen die lila und schwarzen Würfel für 249 Euro an den Start. Und er hat exzellente Duftmarken mit Eternal Darkness , Metroid Prime 2 und Resident Evil 4 hinterlassen.
Wie viele exklusive Hits gab es seit dem Sommer? Killer 7. Punkt, aus, Ende Gelände. Dagegen die PlayStation 2: Die ist schon fünf Jahre alt und erlebt derzeit ihren zweiten Frühling. Wie eine gestandene Lady marschiert sie frech und vital ins Weihnachtsgeschäft, getragen von Pro Evolution Soccer 5 , Soul Calibur III , Shadow of the Colossus und anderen. Sonys rüstige Diva lässt sich von Namcos Prügler noch mal alle Grafikhormone durcheinander wirbeln und serviert für jedes Genre hochkarätigen Nachwuchs.
Sicher: Der GameCube wurde er von seinem Umfeld nicht immer gut behandelt. Seine Spielekinder litten unter akuter Plattformdiskriminierung, weil sie meist nicht so hübsch, nicht so attraktiv waren. Oder weil sie wie in FIFA 06 einfach sträflich vernachlässigt wurden. Und sie waren von Anfang an Außenseiter, weil sie nie mit raus durften, um in der weiten Online-Welt zu spielen. Das durften nur Xbox und PS2.
Aber die Schuld für den frühen Tod liegt nicht am Alter, an der Branche oder bei den anderen. Das Versagen liegt darin, den Würfel mit zu wenig attraktiven Hits lebendig gefüttert zu haben. Jeder weiß das – egal ob er nintendophil bis zur Marioseligkeit ist oder nüchtern auf allen Plattformen zockt. Jeder? Nicht ganz.
Nintendo wundert sich scheinbar immer noch und sucht die Schuld im nebulösen Markt. Oder wie kann es sein, dass Senior Managing Director Yoshihiro Mori den Third-Party-Herstellern den schwarzen Peter für die miesen amerikanischen Spiele-Verkaufszahlen zuschiebt, die sich angeblich auf die Next-Generation-Konsolen konzentrieren?
Immerhin können die Japaner ihre Leiche obduzieren:
„The big drop for GameCube games was in North America. It looks like the product’s [GameCube] life is nearing its end.“ (Yoshihiro Mori, Reuters)
Wie wahr, wie wahr. Die spannende Frage ist nur: Was lernen sie daraus für den Revolution? Beim Spekulieren empfehle ich als musikalische Begleitung Green Day – allerdings solltet ihr im Refrain „Wake me up, when Zelda comes“ singen…
…oder doch besser „Dig me out,…?“
Jörg Luibl
4P|Chefredakteur