Nicht erst seit dem Elden Ring-Hype von 2022 sind Soulslikes in aller Munde: Das von Demon’s Souls begründete Genre hat unzählige Nachahmer hervorgebracht und auch die Triple-A-Industrie nachhaltig beeinflusst.
In dieser Flut fällt es schwer, den Überblick zu behalten: Welche Titel lohnen sich wirklich? Welche kommen den unerreichten Spielen von FromSoftware am nächsten? Und welche besitzen genug eigene Ideen, um sich bedeutungsvoll von ihnen abzusetzen? Wir sind hunderte von Toden gestorben, haben an Leuchtfeuern gerastet und unsere verlorenen Erfahrungspunkte wieder eingesammelt, um euch die unserer Meinung nach zehn besten Soulslikes zu präsentieren.
Die unmögliche Definition: Was ist ein Soulslike?
Schon seit 2014, als mit Lords of the Fallen der erste große Nachahmer erschien, diskutieren Spieler*innen und Presse darüber, was genau der Begriff „Soulslike“ eigentlich bedeutet und was es heißt, dem Genre anzugehören. Dabei ist die wörtliche Definition zumindest auf dem Papier denkbar einfach: Ein Soulslike ist ein Titel, das wie Demon’s beziehungsweise Dark Souls ist – es orientiert sich also an den düsteren Action-Rollenspielen, die das japanische Entwicklerstudio From Software 2009 und 2011 auf den Markt warf.
Ähnlich wie die Kategorie Metroidvania, deren Begriff sich aus Metroid und Castlevania zusammensetzt, steht also existierende Spiele als Vorbild für alle anderen Genre-Vertreter und setzen die Maßstäbe für zukünftige Kandidaten. Doch was genau Demon’s Souls ausmacht und an welchen Aspekten sich ein Spiel orientieren muss, um als Soulslike zu gelten, darüber sind sich bis heute viele uneinig. Wir haben eine kleine Liste an Elementen zusammengestellt, die Demon’s Souls miteinander kombiniert und die auch in vielen anderen Soulslikes vorkommen:
- Methodische Kämpfe
- Eine Ausdauerleiste und eine Ausweichrolle
- Level-Design mit vielen Abkürzungen, häufig zum letzten Speicherpunkt
- Speicherpunkte, die besiegte Gegner nach einer Rast wieder auferstehen lassen
- Ein Heilsystem, das sich beim Tod oder Rasten regeneriert
- Verlust der gesammelten Erfahrungspunkte beim Tod (sowie die Möglichkeit des einmaligen Einsammelns)
- Knackige Bosse
- Eine Atmosphäre, die Einsamkeit und Isolation vermittelt
Diese Liste ist keineswegs allumfassend und viele Soulslikes bedienen sich nur einem Teil der Elemente, verändern diese oder fügen neue hinzu: Wer einfach nur faul aus Demon’s Souls kopiert, ohne darüber nachzudenken, warum FromSoftware das Spiel auf diese Art und Weise designt hat, mag ein Soulslike kreieren – aber vermutlich kein gutes. Jeder Genre-Vertreter in diesem Artikel hat deshalb die ursprüngliche Formel mit einem einzigartigen Twist versehen und schafft es demnach, die Soulslike-Quintessenz auf wundersame Art neu zu interpretieren.
Warum sind keine Spiele von FromSoftware auf der Liste?
Auch wenn FromSoftware erst 2011 mit Dark Souls so richtig erfolgreich wurde – insbesondere hier bei uns im Westen – begann die Formel des Soulslikes schon 2009 mit Demon’s Souls; einige der oben genannten Elemente waren sogar schon in den Kingsfield-Spielen seit 1994 zu finden. Gerade deshalb haben wir beschlossen, den FromSoftware-Titeln auf dieser Liste keinen Platz zu geben: Zum einen ist Demon’s Souls kein Soulslike, schließlich ist es nicht „wie“ Souls sondern wortwörtlich der Genre-Begründer.
Zum anderen hat das japanische Entwicklerstudio als unfreiwilliger Erfinder natürlich einen immensen Vorteil und weiß, wie der Hase läuft. Elden Ring, Sekiro, Bloodborne oder Dark Souls 3: Sie alle stellen die Speerspitze dieser Spielekategorie dar und würden spielend leicht auf den obersten Plätzen der Liste landen. Und schlussendlich wäre da natürlich noch der Leser*innenservice: Wer nach Soulslikes sucht, der hat die Vorbilder in der Regel schon gespielt und sucht nach neuen, möglichst unbekannten Tipps.
Habt ihr gerade Elden Ring genossen und möchtet weitere Empfehlungen dieser Art, dürfte euch das Open World-Magnum Opus auf dem Siegertreppchen nur wenig weiterhelfen. Falls ihr als Fans des Genres aber tatsächlich noch nicht alles aus FromSoftwares Portfolio gespielt habt, hier unsere uneingeschränkte Empfehlung: Ein jedes von ihnen ist definitiv eure Zeit wert. Und nun genug über Genre-Definitionen und FromSoftware geschwafelt und Bühne frei für all diejenigen, die aus der Soulslike-Seele grandiose neue Spiele geschmiedet haben.
Platz 10: Mortal Shell
- Veröffentlichung: 18. August 2020
- Entwickler / Publisher: Cold Symmetry / PlayStack
- Plattformen: PC, PlayStation 4 und 5, Xbox One und Series X | S, Nintendo Switch
Mit seinem Dark Fantasy-Setting schlüpft Mortal Shell zumindest rein optisch schon mal hervorragend in die Soulslike-Rolle und auch spielerisch bietet das Action-Rollenspiel wuchtige Kämpfe in einer atmosphärischen und vor allem grafisch beeindruckenden Welt. Mit der rund 10-stündigen Story gehört das Action-Adventure auf unserer Liste zwar eindeutig zu den kürzesten Kandidaten, dafür wartet es mit einer wirklich einzigartigen Mechanik auf: Der Verhärtung.
Im Verlauf des Mortal Shell stülpt ihr euch eine von vier verschiedenen Hüllen über, die euren Spielstil beeinflussen und den Klassen aus einem Dark Souls oder Elden Ring ähneln. Doch die weichen und verletzlichen Fleischkostüme können von euch auf Knopfdruck verhärtet werden, um nicht nur gegnerische Angriffe abzuwehren, sondern auch die eigenen zu verstärken. So versetzt Mortal Shell das methodische Schwerterklirren mit einem neuen Element, das die Kämpfe nachhaltig verändert.
Eine Soulslike-Wundertüte ist Mortal Shell deshalb nicht und in vielerlei Hinsicht fährt man eine eher konservative Schiene, um Fans möglichst nicht auf die Füße zu treten. Doch kleine Spielereien wie die Gegenstände, die mehr von ihren Infos preisgeben, je öfter ihr sie benutzt, sowie die erwähnte Verhärtungsmechanik und die überaus ansehnliche Spielwelt verwandeln Mortal Shell in ein kompetentes Kleinod, das sich zurecht auf unsere Liste kämpft.
Platz 9: Thymesia
- Veröffentlichung: 18. August 2022
- Entwickler / Publisher: Overborder Studio / Team17
- Plattformen: PC, PlayStation 5, Xbox Series X | S, Nintendo Switch (nur als Cloud-Version)
Mit rund sieben Stunden Spielzeit ist Thymesia noch ein bisschen kürzer als Mortal Shell und hat über die knappe Dauer tatsächlich nicht viel zu bieten außer einer schaurigen Atmosphäre und einem knackigen Kampfsystem. Das mag man als Schwäche auslegen und es ist sicherlich einer der Gründe, warum Thymesia es nicht auf einen höheren Platz geschafft hat – doch es ist auch der Grund, warum sich ein genauerer Blick auf das Abenteuer mit dem Pestdoktor lohnt.
Mit seiner Ästhetik ist Thymesia nämlich eines der wenigen Soulslikes, das eher Bloodborne- als Dark Souls-Vibes versprüht und sich ganz und gar in seinem düsteren Setting suhlt. Die verlassene, nur noch aus steinernen Bruchbuden bestehende Stadt und die Bibliothek, bei der ihr knietief durch Blut waten müsst, wecken Erinnerungen an den bis heute auf der PS4 gefangenen FromSoftware-Hit. Die perfekten Schauplätze, um die adrenalingetränkten Auseinandersetzungen zu genießen.
Statt schwerer Schwerter werden hier flink die Klingen geschwungen, punktgenaue Paraden schallen durch die Lautsprecher und sorgen für Gänsehaut am Controller: Thymesia mag kein Sekiro sein, aber das präzise Abwehren gegnerischer Angriffe fühlt sich trotzdem herrlich an. Und dann lassen sich ja auch noch feindliche Waffen kopieren und für eigene Zwecke nutzen, wodurch die blutigen Kämpfe nie langweilig werden. Am Balancing hätte man allerdings nochmal schrauben können: Der erste Boss ist im Vergleich zum Rest wirklich viel zu schwer.