Für unseren jüngst veröffentlichten Test zu Paper Mario: Die Legende vom Äonentor bekam ich endlich die Gelegenheit, das legendäre Nintendo-Rollenspiel zum ersten Mal zu spielen – und kann seinen fast schon sagenhaften Status nun besser nachvollziehen.
Beim Testen ist mir aber auch aufgefallen, dass das Spiel ganz schön viel sinnbefreites Hin- und Herlaufen beinhaltet: Mein mit Abstand größter Kritikpunkt an Paper Mario 2 und der Grund, warum das Spiel mindestens ein Zehntel länger ist, als es sein müsste. Es ist nicht der einzige Titel, der auf diese Art meine Lebenszeit verschwendet und mich wünschen lässt, dass man bestimmte Elemente strafft, kürzt oder entfernt, wenn sie nichts zur Gesamterfahrung beitragen.
Langweilige Laufwege: Wenn der Weg zur Qual wird
Wer Paper Mario: Die Legende vom Äonentor gespielt oder meinen Test zur Neuauflage gelesen hat, wird die jetzt folgende Problematik sicherlich kennen: Auf der Suche nach dem nächsten Sternenjuwel laufe ich mit Mario von einem Ort (Punkt A) zu einem neuen (Punkt B), wo mich ein Hindernis erwartet. Leider befindet sich die Lösung bei Punkt A, sodass ich, gerade erst an Punkt B angekommen, direkt wieder zurücklaufen darf. Diese Sisyphos-Arbeit kommt gleich an mehreren Punkten im Spiel vor: Die Laufwege sind nie super kurz und die narrative Begründung jedes Mal ein Schlag ins Gesicht.
Es ist eine Beschäftigungstherapie, die auch in anderen Spielen auftaucht: NieR Replicant ist beispielsweise bekannt für seine endlosen Wege, bei denen ich mit dem ungleichen Trio bestehend aus Nier, Kainé und Grimoire Weiss wieder und wieder durch leere Wüsten, Steppen und Täler laufe, wiederholt für die einfachsten Botengänge von der Stadt zum Fischerdorf oder den Ruinen geschickt werde und das Gefühl habe, virtuell einen Marathon nach dem anderen zu absolvieren – während mir das Spiel nichts bietet, um die Laufwege interessant zu gestalten.
Gleiches gilt leider auch für Master Detective Archives: Raincode. Beim aktuellen Titel der Danganronpa-Macher*innen entschieden sich die Entwickler*innen, das Schulsetting hinter sich zu lassen und servieren mir eine regnerische Cyberpunk-Stadt mit Neonlichtern, die theoretisch zum Erkunden einlädt. Doch offenbar überforderte der viele Platz dabei, stringente und zielführende Aufträge zu gestalten, denn ich verbringe viel zu viel Zeit, durch mieses Wetter zu joggen, um in der Geschichte voranzukommen – atmosphärisches Schlendern ist eben auch nur temporär spannend.
Diese virtuellen Wanderungen sind leider nicht nur spielerisch völlig uninteressant, sie blähen auch unnötig die Spielzeit auf und drosseln das Tempo, worunter die Erzählung und die Erfahrung leiden. Das ist doppelt schade: Titel dauern länger, als sie sollten, wodurch mein derzeitiges Erlebnis geschmälert wird, während das nächste spannende Spiel in weitere Ferne rückt – nur halt ohne, dass ich von dem aktuellen noch gut unterhalten werde. Deshalb abzubrechen ist aber auch keine Option: Schließlich will ich wissen, wie es weitergeht, und wieder zu dem spaßigen Teil des Spiels zurück.
Wie man Reisen interessanter gestaltet
Dass es auch anders geht und Laufwege durchaus einem Zweck dienen können, zeigt Dragon’s Dogma 2. Keine Reise gleicht der anderen, jedes Mal erwarten mich neue Gefahren: Die permanente Bedrohung beim Weg von einem Dorf zum anderen sind ein zentraler Bestandteil der Spielerfahrung und sollen den feindlichen Charakter dieser unbarmherzigen Fantasy-Welt vermitteln. Auch wenn es wegen einer endlichen Anzahl an Gegnern irgendwann zu Repetition kommt und sich einige Gefechte später zu leicht anfühlen können, wenn man für die wilden Kreaturen zu stark geworden ist, baut Dragon’s Dogma 2 die vielen Laufwege clever ins eigene System ein, statt meine Zeit mit den immergleichen Inhalten zu verschwenden.
Eine weitere Möglichkeit, zunehmende Langweile beim wiederholten Durchlaufen bekannter Strecken zu vermeiden, ist die spannende Gestaltung der Fortbewegung selbst. Besonders Metroidvanias, bei denen das Backtracking nach dem Erhalt neuer Fähigkeiten zum Genre gehört, bieten hier viel Potenzial und entfalten im besten Fall einen Flow-artigen Zustand, während man Hindernissen ausweicht und versucht, möglichst optimal von einem Ort zum anderen zu hechten. Titel wie Ori and the Will of the Wisps oder Hollow Knight brillieren in dieser Hinsicht mit flotten Figuren, die sich herrlich flüssig durch die verwinkelten Level steuern.
Ein kontroverser Titel, bei dem mir vermutlich nicht viele zustimmen, wenn ich ihn als positives Beispiel nenne: Death Stranding. In der Rolle von Sam Porter Bridges als Paketbote macht das durch die Gegend Schlurfen schließlich das zentrale Gameplay-Element aus – und mit Herausforderungen, wie man sich am effizientesten durch die auf Island basierende Spielwelt bewegt, ohne in schädliche Regenschauer zu geraten, Gepäck fallen zu lassen oder von fiesen BTs attackiert zu werden, ist gewissermaßen ein großes Puzzle. Und dann wären da noch die wirklich hübsche Landschaft und der fantastische Soundtrack…
Ein Gegenargument gegen meine Schimpftirade auf lange Laufwege sind Spiele, die diese Art der mentalen Monotonie nutzen, um den Leidensweg des Hauptcharakters darzustellen und mich als Spieler spüren zu lassen. Dabei handelt es sich aber eindeutig um Ausnahmen, die nicht mit den oben genannten Hindernissen und Botengängen vergleichbar sind und zudem auch nur sehr sparsam eingesetzt werden sollten, um die möglicherweise aufkommende Langeweile nicht auszureizen. Nicht jedes Spiel und nicht jeder Abschnitt muss Spaß machen – aber nur, wenn dies auch wirklich einem nachvollziehbaren Zweck dient.
Welche anderen Arten der Zeitverschwendung gibt es?
Nun sind unnötig lange und langweilige Laufwege beileibe nicht die einzige Art und Weise, wie Videospiele regelmäßig meine Zeit verschwenden und in mir den Wunsch nach einer Vorspultaste auslösen. Besonders Rollenspiele sind dafür bekannt, mir haufenweise Sammelquests vor die Füße zu werfen, bei denen ich die Spielwelt nach willkürlichen Gegenständen abgrasen und diese dann zu dem Auftraggeber oder der Auftraggeberin bringen muss – glücklicherweise häufig optional, wird diese Art von Aufgabe leider doch manchmal in die Hauptstory eingewoben und fühlt sich dort stets deplatziert an. Besonders die Monster Hunter-Reihe macht von dieser lästigen Angewohnheit Gebrauch.
Auch das Absprechen von Handlungsmacht, beispielsweise in Form von Tutorials und Zwischensequenzen, kann sich wie Zeitverschwendung anfühlen, wenn sich diese nicht überspringen lassen. Vor allem bei Franchises, bei denen alle Ableger auf dem gleichen Schema beruhen, will ich nicht jedes Mal wieder lernen, wie die grundlegenden Mechaniken funktionieren: Ja, Pokémon, ich weiß mittlerweile, wie man einen Ball wirft und wo ich mein Team heilen kann, vielen Dank auch! Bei Zwischensequenzen ist ein fehlender Skip-Button hingegen besonders nervig, wenn ich eine Stelle mehrfach wiederholen muss.
Stecke ich beispielsweise gerade bei einem Bosskampf fest und werde dazu genötigt, mir sein Vorstellungsvideo bei jedem Versuch wieder anzuschauen, wird nicht nur meine Lebenszeit verschwendet, sondern auch meine Geduld auf die Probe gestellt. Und zu guter Letzt noch ein absoluter Time-Killer: Zwanghafter Grind, zumeist in rundenbasierten Rollenspielen zu finden, wenn das Level vom nächsten Story-Boss einfach zu hoch ist und ich erstmal ein oder zwei Stunden herumlaufende Mobs besiegen muss, um das nächste Hindernis bewältigen zu können.
Doch nun zu euch: Welche Videospielmechaniken oder -Eigenheiten fühlen sich für euch so an, als würden sie eure Zeit verschwenden? Und empfindet ihr die oben genannten auch als nervig oder steht ihr ihnen eher gleichgültig oder sogar positiv entgegen? Verratet uns eure Meinung doch gerne in den Kommentaren. Definitiv keine Zeitverschwendung: Ein Blick auf das kürzlich erschienene und angenehm kurzweilige Survival-Horror-Spiel Crow Country.