Tricks und Überredungskünste
Ähnlich verhält es sich beim „Date“ mit dem Detective. Als er Christine bei einem Einbruch erwischt, nimmt er ihr zwar alle Gegenstände ab, nach dem erzwungenen Abendessen bekommt sie aber bereits alles wieder. Trotz nur geringer Auswirkungen gefällt es mir, dass ich deutlich öfter Einfluss auf den Gesprächsverlauf nehmen kann als in den meisten anderen Adventures: Wenn der handwerklich begabte Joe z.B. etwas in der Wohnung des Wachmanns repariert, kann er sich nur kurz mit dessen Frau unterhalten. Die Zeit reicht also lediglich für eines der möglichen Gesprächsthemen. Schön auch, dass mich in manchen Dialogen Hartnäckigkeit ans Ziel bringt. Wenn ich den verschwundenen Freund eines schwulen Schriftstellers zur Rückkehr überreden will, reichen ein Liebesgedicht sowie eine Rose nicht aus: Stattdessen muss ich mehrmals mit der gleichen Dialogoption auf ihn einreden, bevor er sich erweichen lässt.
Die reinen Inventar- und Kombinationsrätsel wirken dagegen meist zu leicht und ideenlos. Joe verschafft sich durch sein Reparaturgeschick mehr Freiheiten bei den Wächtern. Das wirkt zwar glaubwürdig, aber nicht gerade spannend. Nebenbei gibt es im Knast natürlich viele fade Gefälligkeiten zu erledigen, um vielleicht Fluchtpläne oder Schwachstellen in der Konstruktion zu erfahren. Etwas seltsam wirkt es schon, dass Joe irgendwann mit prall gefülltem Inventar durchs angeblich sicherste Gefängnis der Welt läuft. Noch öder: Christine bricht die meisten Schlösser einfach mit gefundenen Haarnadeln auf.
Die Crux der Coolness
Obwohl der Mix aus gezeichneten Kulissen und hässlich kantigen 3D-Figuren reichlich krude wirkt, fängt das Spiel die Stimmung seiner Zeit gut ein. Im Hintergrund klimpern passende Jazz-Stücke und auch die Sprache wirkt authentisch: Gescheiterte Schriftsteller, Kleinkriminelle und desinteressierte Teenager unterhalten sich mit schroffen Kraftausdrücken, welche nicht gekünstelt klingeln. Die eine oder andere Textzeile wird zwar falsch betont, aber meist passt die deutsche Synchronisation.
Ein Problem an den eigentlich erfrischend erwachsenen Dialogen ist, dass die übertriebene Coolness die Identifikation mit den Protagonisten stört. Die lässige Art passt eigentlich gut zur damaligen „Beat-Szene“ in San Francisco: Christine verlegt z.B. ein eigenes Lyrik-Magazin und unterhält sich ununterbrochen mit anderen „Beatniks“ über angesagte Gedichte, Romane und Jazzplatten. Doch Mocsy übertreibt es mit der allgegenwärtigen Gleichgültigkeit. Ob nun die hippe Buchhändlerin, der jugendliche Beatnik im chinesischen Theater oder Christine selbst: Fast alle Figuren wirken in ihren Gesprächen derart
desinteressiert, dass es mir wirklich schwer fällt, mich für ihre Geschichte zu begeistern.
Spannung geht anders
Ihre Stimmung erinnert an heutige Hipster, welche mit Selbstironie und intellektuellen Phrasen um sich schmeißen, ohne einen emotionalen Zugang zur Kunst zu finden, die ihnen angeblich am Herzen liegt. Sogar ein psychisch gestörter Autor oder der schleimige Detective wirken immer schrecklich gelangweilt. Christine lässt sich nicht einmal von den Morddrohungen einiger Gangster aus ihrer Lethargie reißen, die Infos zur Beute aus ihr herauspressen wollen. Verschlimmert wird das Problem von den hölzernen Animationen, welche den Figuren kaum Ausdruckskraft verleihen. Passend dazu plätschert auch die Geschichte vor sich hin, ohne je einen Spannungsbogen aufzubauen.
Die Adventureszene wird erst Tod sein wenn der Mainstream eingezogen ist. Siehe BF und COD, Annosowieso, und noch ein paar andere. Die Adventure bieten in den meisten Fällen die Chance auf Experimente und Tiefgang; siehe The Walking Dead, The Wolf Among us, The Dig, Day of the Tentacle, Monkey Island 1-3, Full Throttle usw.
das ist wieder mal ein beweis dafür das das adventure genre schon lange tot sein müsste!