Vieles neu und alles anders
Ich habe hunderte Satyr, Wildschweine, Mumien usw. in den mythologischen Gefilden Griechenlands und Ägyptens getötet. Ich habe die Höllentore Londons überlebt. Ich habe selbst das Geschwätz einer vorlaut keifenden Elfe ertragen, die mir wenigstens Licht im Dunkeln spenden konnte.
Und doch hat mich kein Action-Rollenspiel dieses Jahres so überrascht wie Avencast (AC). Das Abenteuer eines Zauberlehrlings, der sich während seiner Ausbildung urplötzlich dem personifizierten Bösen gegenübersteht, besticht dabei allerdings weniger durch die Kulisse. Spezial- und Zaubereffekte sind zwar schön anzuschauen, doch die handgezeichneten
Abschnitte wirken im Vergleich zu den Referenztiteln wie z.B.
Titan Quest fast wie ein spätes PS2-Spiel im Gegensatz zu Titeln auf der 360. Gleiches gilt für die Animationen von sowohl der Hauptfigur als auch der über 30 Gegnertypen. Aber AC ist eines dieser seltenen Beispiele für das bereits verloren geglaubte Credo „Das Spielkonzept ist wichtiger als die Optik“.
Richtig konsolig
Dabei dürfte dem Team von Clockstone jedoch fast von Anfang an klar gewesen sein, dass die spieltechnischen Änderungen, die von den Österreichern eingebaut wurden, für PC-Helden extrem sperrig sind. Zumindest für die Zocker, die in den letzten Jahren von Spielen wie Titan Quest, Silverfall und Loki an „Klick&Blöd“-Mechaniken gewöhnt wurden. Versteht mich nicht falsch: Auch ich gehöre zu dieser Zunft. Auch ich habe Stunden über Stunden in den entsprechenden Universen verbracht – und eine Menge Spaß gehabt.
Aber ich bin gleichzeitig auch auf Konsolen mit den Helden von Dungeons & Dragons auf Xbox durch Labyrinthe gezogen. Ich habe den dunklen Allianzen, die auf PS2 und Xbox die Stadt Baldurs Gate erschütterten, den Kampf angesagt. Und ich bin mit den Champions durch Norrath gezogen.
Und habe mir trotz aller Vorzüge und enormen Motivationskurve der PC-Action-Rollis immer wieder gewünscht, dass die doch etwas anspruchsvolleren Kampfmechaniken der Konsolen-Kollegen Einzug halten würden. Oder Rätsel. Avencast bietet genau diese Elemente. Und deswegen nehme gerne in Kauf, dass der „Harry Potter trifft auf Diablo“-Ansatz nicht ganz auf der Höhe der technischen Zeit ist.
Außengebiete wie dieses gibt es leider zu selten. Meist ist man damit beschäftigt, durch dunkle Verliese und düstere Gemäuer zu stapfen. |
Ebenso nehme ich in Kauf, dass die Steuerung bedingt durch die Direktheit und die aktiven Kampfkombos sehr gewöhnungsbedürftig ist – obwohl auch optional einfache Varianten angeboten werden, die aber zwei Gemeinsamkeiten haben: Sie stellen allesamt nicht vollends zufrieden und sie teilen sich die immer wieder auftauchenden Kameraprobleme.
Dadurch werden sicherlich viele abgeschreckt. In Avencast reicht es nicht, auf den Boden zu klicken oder den Gegner anzuklicken, um zu laufen oder um Angriffe durchzuführen. Der Zauberlehrling ist wesentlich aktiver und dadurch ungleich fordernder. So wird der Held in bester Action-Adventure-Manier über die übliche WASD-Steuerung gelenkt. Was wiederum bedeutet, dass ihr euren Feinden wirklich Auge in Auge gegenübertreten müsst, um aktiv per linkem Mausklick einen Nahkampfangriff durchzuführen bzw. über die rechte Maustaste ein magisches Projektil auf die Reise zu schicken.
Skills gefordert
Durch die erweiterten Kampfmöglichkeiten und Zauber, die sich auf eure Fertigkeitsbäume verteilen, wird es sogar noch komplexer. Zwar können sich auch ein paar Hotkeys mit euren Spezialangriffen belegen lassen, doch mit insgesamt über 60 Fähigkeiten sind die Schnelltasten bald am Ende ihrer Leistungsfähigkeit.
Zum Glück kann man jede dieser Aktionen über eine Kombination der Bewegungstasten mit der rechten bzw. linken Maustaste abrufen. Das bedeutet anfänglich allerdings eine gehörige Umgewöhnung der Spielweise in Kämpfen und gleichzeitig eine extrem steile Lernkurve. Dabei gehört die fehlende Gesundheitsanzeige der Gegner (mit Ausnahme der Bosse) ebenso zu den Unwegbarkeiten, die ihr beachten müsst