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Baja: Edge of Control (Rennspiel) – Baja: Edge of Control

Die Liste an gelungenen Überland-Rasereien ist lang: Angefangen bei Test Drive Offroad, über die Colin McRae Rally-Serie bis hin zum jüngst mit Gold prämierten Pure reicht das Spektrum, das von Arcade bis Simulation eigentlich alles abfackelt. Um aus der Masse herauszustechen, muss man sich schon einiges einfallen lassen. Und 2XL Games, das Team hinter Baja, greift tief in die Trickkiste –- mit wechselndem Erfolg.

© 2XL Games / THQ / THQ Nordic

Polarisierend

Ich liebe dieses Spiel. Ich habe wie in keinem anderen Offroader das Gefühl, der Umgebung ausgeliefert zu sein. Jede Bodenwelle, jede Veränderung des Untergrunds, jeder Sprung führt ins Ungewisse und fordert nicht nur vorausschauendes Fahren, sondern auch die absolute Beherrschung des Materials. In welchem anderen Rennspiel kann selbst das Geradeausfahren zu einer enormen Herausforderung mutieren?

Trotz einer beeindruckenden Weitsicht gehört Baja nicht zu der Kategorie „visuell beeindruckend“. Aber es hat motivierende Qualitäten.

Ich hasse dieses Spiel. Vor allem auf der PS3. Denn wenn das Team von 2XL ebenso viel Sorgfalt und Planung hinsichtlich der Kulisse oder Lernkurve an den Tag gelegt hätte, wie bei der Ausarbeitung der Physik oder der gut reagierenden Steuerung, hätte sich Baja zu mehr als nur einem Geheimtipp entwickeln können. 

Über Stock und über Stein

Ich bin hin- und hergerissen. Ähnlich wie die Fahrzeuge in neun Klassen auf den über 90 Strecken in sieben ansprechend großen und auch frei befahrbaren Gebieten durchgeschüttelt werden, kommen meine Emotionen unentwegt in Schwingung. Ich möchte den Entwicklern freundschaftlich auf die Schulter klopfen und danken, dass sie sich des Themas „Wüstenrennen“ auf diese teils beeindruckende Art und Weise angenommen haben. Und einen kurzen Augenblick später würde ich sie am liebsten einschließen und erst dann wieder rauslassen, wenn sie den Feinschliff angebracht haben, der aus Baja einen richtigen Knaller machen würde.
Ich hätte nicht gedacht, dass mich nach all den Jahren als aktiver Zocker ein Spiel noch dermaßen aus der Reserve locken könnte und mich in nahezu jeder Hinsicht zu einer Tour de Force einladen würde.

Das fängt an bei den staubtrockenen Menüs, zu denen entspannte Mariachi-Musik dudelt und die mir neben den eher zur Übung dienenden sechs Standardrennmodi einen Mehrspielermodus sowie die Karriere als Motivations-Sprungbrett anbieten. Denn bereits bei der Karriere macht das Team den ersten Fehler. Prinzipiell finde ich es immer gut, wenn man sich von unteren Fahrzeugklassen erst über entsprechende Leistungen für höhere qualifizieren muss.
Dass aber wie hier die auf den Uralt-Käfern basierende Baja Bug-Klasse ausgerechnet die Vehikel stellt, die am schwersten auf der Strecke zu halten sind, sorgt in den ersten Rennen nicht nur für Frust, sondern für den Impuls zum Hauptschalter zu greifen – oder zumindest zum Guide- oder PS-Button, um das Spiel verlassen zu können.

Es ist nicht leicht, die Fahrzeuge auf den vor Bodenwellen strotzenden Strecken auf der Piste zu halten…

Bei einem Spiel, das zu einem Großteil glaubhaft versucht, akkurat den Grip auf verschiedenen Untergründen sowie eine famos den Spagat zwischen Arcade und Simulation bewältigende Fahrphysik unter einen Hut zu bringen, sind die Käfer einfach nur tödlich und schlichtweg die falsche Wahl.
Denn bevor man sich an das empfindliche Zusammenspiel zwischen Gasgeben, dem vorsichtigen Einsatz von Handbremse und Kupplungsschub gewöhnt hat, während die Strecke mit ihren unnachgiebigen kleinen Hüpfern selbst das Geradeausfahren zu einem Problem macht und einem gleichzeitig die KI die Hölle heiß macht, ist schnelles Scheitern angesagt. Und an diesem Punkt ist das Pad auch einige Male quer durchs Zimmer gerauscht.

Aufgeben gilt nicht

Doch in meinem Alter gibt man nicht mehr so schnell auf – und außerdem musste ich mich ja für den Test vorbereiten. Dementsprechend wurde ein weiterer Anlauf gestartet. Und dann noch einer. Und noch einer. Und schließlich war es so weit: Ich konnte nicht nur die Konkurrenz in Schach halten, ich konnte sie sogar dominieren und die ersten Rennserien als Gesamtsieger beenden. Doch die Lernkurve ist steil. Insofern ist es bedauerlich, dass man nicht von einem Tutorial an die Hand genommen wird, das einen in die Steuerungsfinessen einführt. Stattdessen sollte man den Texten auf den Ladebildschirmen mehr Aufmerksamkeit schenken, die einen tatsächlich mit hilfreichen Infos versorgen.