Diese Idee ist aus einer weiteren Perspektive unheimlich clever: Techland kann seine Fantasie spielen lassen, muss nicht auf Kontinuität achten, kann logische Zusammenhänge vernachlässigen und kommt sogar mit schwacher KI durch. Wenn Greaves von Dutzenden Indianern erzählt, die auf ihn zustürmen und man diese in Zeitlupe einen nach dem anderen ausschaltet, fragt man nicht mehr danach, wieso sie sich keinen besseren Plan zurechtgelegt haben oder effektiver zusammenarbeiten.
Man ballert, was die Revolver, das Gewehr oder die Schrotflinte an Blei hergeben, wirft wie wild mit Dynamit um sich und freut sich, wenn der Kombozähler nach oben schnellt. Nur um dann festzustellen, dass die ganze Mühe quasi umsonst war, weil Silas nicht meinte, dass man gegen Dutzende Indianer kämpfte, sondern dass sich die Gang, die er jagte, sich Versteck-Techniken der Indianer zu Nutzen machte – woraufhin man wieder vor die Grotte gesetzt wird, in der die Indianer warteten und man nun mit neuen Gegebenheiten und Gegnern konfrontiert wird. Dadurch wird die lineare Action immer wieder von angenehmen Überraschungen aufgewertet, die mich geradezu ans Pad gekettet haben, bis ich nach ca. sieben bis acht Stunden am Ende von Silas Greaves‘ Geschichte ankam.
Hier wird mitten im Abschnitt der Sumpf mit dumpfen Nebelschwaden gefüllt, weil der Kopfgeldjäger veranschaulichen will, wie gut seine Fähigkeiten als Fährtensucher sind. Auf einer mit Sprengstoff versehenen Brücke wird Cliffhanger an Cliffhanger aneinandergereiht, die durch einen plötzlich aus dem Nichts materialisierenden Weg gekontert werden. Und selbst der Tod wird auf die Schippe genommen, wenn Silas am Ende eines Minengangs das Zeitliche segnet, man den „Game Over“-Bildschirm zu sehen bekommt, er aber nur lapidar so etwas wie „Glücklicherweise musste ich nicht durch die Mine“ meint und man nun auf einer vorher noch nicht sichtbaren Leiter einen anderen Weg nehmen kann. Und während Silas nach seinen zig Bieren die Toilette aufsucht und sich die anderen Saloon-Gäste über ihn unterhalten, läuft man immer wieder in einer Schleife durch den gleichen Waggon, bis mit der Rückkehr des Pistoleros die nächste Tür wieder zu Gegnern führt. Das alles passiert mit einer zielsicheren Selbstironie und in den Gesprächen von Silas mit seinem Zuhörern mit einem sarkastischen Augenzwinkern, das es in dieser Form in der modernen Action viel zu selten gibt. Und damit habe ich mich wechselweise sowohl als Teil der Geschichte gefühlt als auch als derjenige, der die Geschichte beeinflusst. Wie viel die Atmosphäre ausmacht, stellt man fest, wenn man sich an den zwei alternativen Spielmodi versucht: Sowohl der Arcade-Modus, bei dem man auf zeitgetriebene Punktejagd geht als auch die Duelle können ohne den erzählerischen Hintergrund als Triebfeder nur wenig Reiz entfachen.
Schundroman-Kulisse
Die Groschen- oder Pulp-Druckwerke werden thematisch auch von der Kulisse aufgegriffen: Techland verfolgt mit der Verwendung der hauseigenen Chrome Engine 5 hinsichtlich Landschafts- und Figurendesign generell eine realistische Ausrichtung. Durch einen angedeuteten Cel-Shading-Stil und mitunter gut eingesetzte farbdämpfende Filter bekommt der Abstecher in den Wilden Westen jedoch einen deutlichen Comic-Anstrich. Der wird zusätzlich durch die gezeichneten Zwischensequenz-Standbilder betont, die maximal mit kleinen Ebenenverschiebungen oder Zoom-Effekten animiert werden. Der gute Eindruck, den die Kulisse hinterlässt, wird allerdings von ein paar Kleinigkeiten geschmälert. Am deutlichsten fallen einem die Clipping-Fehler ins Auge, wenn getötete Feinde teilweise mit der Umgebung verschmelzen, anstatt der Schwerkraft folgend zu Boden zu gehen. Probleme, die hauptsächlich die Konsolenversion betreffen, sind Rollschatten, kleinere Pop-Ups sowie das sporadische Textur-Ploppen. Die Bildrate wird allerdings durch nichts beeinflusst und bleibt überall stabil.
Gerade im Sale bei GOG und Steam! Zuschlagen
Tolle Story, gutes Spiel. Die Mini-Spiele hätte man lieber weglassen sollen.
Ich hab mir CoJ: Gunslinger auch letztens geholt, und was soll ich sagen: Ein richtiger Spaghetti-Western zum Mitspielen, der sich selbst erfrischend wenig ernst nimmt. Außerdem zeigt es sehr gut, wie viel mehr wert gute Synchronsprecher gegenüber dicken Cutscenes haben - also von mir kriegt Gunslinger eine klare Empfehlung, zu diesem Preis auf jeden Fall.
ich zocke es auch gerade, war ein spontankauf für 15€ für die retailversion (!) und bin nach dem vor-vorgänger bound in blood positiv überrascht. der war zwar auch ein ganz ordentlicher westernshooter, dem aber meiner meinung nach das gewisse etwas fehlte.
gunslinger dagegen... hat nicht nur das gewisse "etwas", sondern eher das gewisse "jede menge". die grafik, der artstyle, die großartige musik, die stimmen der charaktere (!), was mal was erfrischend anderes is in nem videospiel, sonst gehört das voice acting ja doch oft zu den schwächen - und natürlich das angesprochene kreative storytelling.
all das lässt jedenfalls ne unheimlich dichte atmosphäre entstehen, wie ich sie noch in keinem wild-west-spiel erlebt habe. gun fand ich auch super, aber weniger mittendrin-gefühl irgendwie. das erste call of juarez kenne ich nicht, bound in blood siehe oben. rdrevolver kenne ich ebenfalls nicht, rdredemption dagegen habe ich 1-2h angespielt und war gleichermaßen enttäuscht wie gelangweilt.
ansonsten fällt mir an westerngames nur noch outlaws von 1996 (?) ein, welches ich einfach mal außer konkurrenz führe, da aufgrund der technik und afaik nicht/kaum vorhandener story (?) einfach nicht mehr vergleichbar. (habs damals aber auch geliebt - aber ich würd auch duke 3d nicht mit aktuellen shootern vergleichen... ^^)
bin durch gunslinger noch nicht ganz durch und habe auch sonen gewissen twist im urin... wenns so käme, fänd ichs ziemlich cool.
umfang ist offenbar auch nicht weniger als bei vielen vollpreistiteln für 50-60€.
absolut empfehlenswert für jeden, der was mit dem setting wilder westen oder first person shootern anfangen kann.
edit: habe es dann gestern abend noch durchgezockt. einspruch an den über mir, der meinte, es gebe keine "richtige" (=kohärente, so hab ichs jedenfalls verstanden) story. dass es eine gibt, wird aber erst im verlaufe des spiels klar, anfangs scheint es wirklich noch eine aneinanderreihung von einzelnen szenarien zu sein.
der von mir erwartete...
bin jetzt bei ungefähr der hälfte angelangt und finde es absolut gelungen. eine richtige story gibt es meiner meinung nach nicht, eher eine aneinanderreihung von kurzen geschehnissen. auch die charaktere sind nur stereotypen um die western klischees zu erfüllen. aber das ganze geht einfach wunderbar zusammen durch die art und weise wie es präsentiert wird. ich habe bastion nicht gespielt von daher kommt mir das ganze wahrscheinlich noch frischer vor und fühlt sich schon regelrecht innovativ an. zumindest kann ich mich nicht erinnern das die erzählebene eines spiel schon einmal auf solch eine art und weise in das gameplay verflochten wurde. echt sehr witzig und mit jede menge ironie umgesetzt.
aber für mich noch viel wichtiger ist die spassige ballerei. keine ahnung woran es liegt... 6 schüsser, soundeffekte, gute steuerung???... arcade lastiges gameplay kann sich für mich oft in eine dauerschleife von geilem spielspass verwandeln wenn es gut gemacht ist. auch schön das die level so kurz und knackig gehalten sind.
was nervt sind die langen ladezeiten beim starten eines level (ps3) und der selsame, leicht papyrus-artige effekt der über dem bild liegt. ich glaube auch die kurzen gesprochenen sequenzen während das spiel angehalten wird können nicht übersprungen werden. würde mich beim zweiten durchspielen wohl ziemlich nerven...
unterm strich absolut kurzweilige und spassige unterhaltung und für wild west fans schon fast ein muss