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CrossCode (Rollenspiel) – Das Offline-Online-Action-Rollenspiel

Ein Offline-Spiel, das ein Online-Spiel simuliert? Das gab es doch schon mal, oder? Richtig: Bandai sorgte mit .hack seinerzeit mit großem Erfolg auf der PS2 für die Mischung der eigentlich unvereinbar scheinenden Elemente. Ein ähnliches Konzept verfolgt Radical Fish Games für das ambitionierte Action-Rollenspiel CrossCode, das nach langjähriger Entwicklung endlich erschienen ist. Wir schauen im Test, was der Titel auf dem Kasten hat.

© Radical Fish Games / Deck13

Die Offline-Online-Welt

Zugegeben: Seit .hack ist das Konzept nicht wirklich neu, im Rahmen eines Offline-Spiels für Solisten die Welt eines Online-Rollenspiels mit seinen Bewohnern/Spielern sowie ihren Marotten darzustellen. Dass sich das Indie-Team von Radical Fish Games bei CrossCode thematisch bei Bandais Klassiker bedient, kann ich ihnen jedoch nicht übel nehmen. Zum einen bin ich ein großer Fan der .hack-Spiele auf der PlayStation 2. Zum anderen gibt man dem Action-Rollenspiel eine eigene Identität. Nicht nur durch den unglaublich charmanten Grafikstil, der sich an einschlägigen 16-Bit-Abenteuern aus der SNES-Zeit von Zelda: A Link to the Past über Terranigma bis hin zu Secret of Evermore orientiert, dabei das Pixeldesign um Physik ergänzt und damit behutsam modernisiert. Allerdings kann es rechnerabhängig auch zu Problemen in Form von Slowdowns oder Rucklern kommen, die man mit der scheinbar einfachen Technik nicht in Einklang bringen mag. Sondern auch und vielmehr, da man eine geheimnisvolle Geschichte um die Spielwelt CrossWorlds sowie die Spielfigur Lea strickt. Mit ihr als Avatar deckt man nicht nur die spielerischen Geheimnisse der abwechslungsreich gestalteten Online-Welt auf, sondern muss auch herausfinden, wie die Amnesie, die sie und damit den dahinter stehenden fiktiven Spieler befallen hat, mit CrossWorlds verbunden ist.

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Die stimmungsvolle Kulisse orientiert sich in vielerlei Hinsicht an 16-Bit-Klassikern, bietet aber auch einige behutsame Modernisierungen. Einem derartigen „Zug“ an Monstern kann man überigens durch eine Flucht über Abschnittsgrenzen entgehen. © 4P/Screenshot

Dass das Sprachmodul Leas defekt ist und über den Verlauf der dutzende Stunden beanspruchenden Spielzeit Stück für Stück restauriert wird, ist ein weiterer interessanter Kniff, der die Grenze zwischen der Spielwelt, des virtuellen Spielers von Lea sowie dem realen Spieler vor dem Bildschirm verschwimmen lässt. Zumal es Radical Fish schafft, den Figuren im Rahmen der größtenteils gut geschriebenen Dialoge und den entsprechenden Einblendungen der Charaktere im Stil von Visual Novels viel Persönlichkeit zu geben. Die meisten Nebenfiguren bleiben sowohl bei der Darstellung als auch inhaltlich zwar blass, doch die wesentlichen Protagonisten sowie immer wieder auftauchende Figuren wurden gut ausgearbeitet – vor allem auch, wenn sie immer wieder Hinweise Preis geben, was für ein fiktiver Spieler sich in der Realität „hinter“ dem jeweiligen Avatar verbirgt. Sie wirken lebendig. Und das ist die beste Voraussetzung, um mit ihnen interagieren zu wollen, sobald sich die Gelegenheit bietet – und damit das Geheimnis CrossWorlds zu entschlüsseln, was dutzende Stunden in Anspruch nehmen dürfte. Und so ganz nebenbei nutzt Radical Fish dieses System, um zahlreiche Anspielungen oder augenzwinkernde, aber stets respektvolle Seitenhiebe auf Videospiele(r) im Allgemeinen oder spezielle Spielertypen im Besonderen abzufeuern.

Leicht zu erlernen

Doch nicht nur bei der Story wird deutlich, dass das kleine Team im Laufe der gut siebenjährigen Entwicklungszeit mit viel Ambition und noch mehr Liebe zum Detail gearbeitet hat – auch wenn sie gegen Ende etwas ihres Überraschungs-Momentes einbüßt. Spielerisch wirkt ebenfalls vieles aus einem Guss. Man spielt mit bekannten Elementen, macht sie sich aber zu eigen, indem man sie anpasst und erweitert. So hat man als erfahrener Spieler bei bestimmten Mechaniken immer ein Déjà-vu-Gefühl, bevor es zu einem unverkennbaren Teil von CrossCode wird – Hut ab. Das Kampfsystem z.B. setzt auf nur wenige Tasten und ist mit seinen Nah- bzw. Fernkampfattacken sowie dem Ausweichschritt oder Block leicht zu erlernen. Mit zunehmenden Spezialangriffen, die auf den Sphärobrettern aus späten Final Fantasys ähnelnden Fortschritts-Tableaus frei- bzw. umgeschaltet werden, kommt eine subtile, aber letztlich den Kampfverlauf entscheidend beeinflussende Mechanik hinzu. Diese gewinnt zusammen mit den unterschiedlichen Angriffsmustern der angenehm facettenreich sowie vielfältig

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Nicht nur in den Städten kann die starre Iso-Topdown-Perspektive mitunter verwirren und Wege verstecken. Man muss überall genau hinschauen, um alle Geheimnisse zu entdecken oder neue Pfade zu finden. © 4P/Screenshot

gestalteten Feinden eine zusätzliche Tiefe, da man immer wieder seine Taktik anpassen muss. Mit seinen bei erneutem Betreten wieder auftauchenden Gegnern wird hier ebenfalls der Darstellung eines Online-Rollenspiels Tribut gezollt.

Noch schöner und näher an der Online-Realität wäre es allerdings gewesen, wenn man andere „Spieler“ nicht nur recht zahlreich durch die recht großräumigen Gebiete huschen sehen würde, sondern diese auch ihrerseits in Kämpfe verstrickt würden. Natürlich nicht bis zu dem Punkt, an dem sie essenzielle Missions-Monster erledigen. Aber da es keinen Mangel an Allerwelts-Feinden gibt, würde dies die Glaubwürdigkeit der Welt weiter steigern. Als Notnagel hätte es schon gereicht, wenn andere Avatare in Gebieten wildern, die einem mit ihrem niedrigen Monster-Level keinen oder nur sehr geringen Erfahrungs-Zuwachs gäben – dies hätte zudem ein kleiner visueller Anhaltspunkt für den Spieler sein können, dass es hier für ihn nichts mehr zu tun gibt. Doch dies ist nur ein atmosphärischer Wermutstropfen. Etwas schwerwiegender ist der Bildschirmwechsel, der in Kämpfen passieren kann, wenn man an die Grenzen der jeweiligen, hinsichtlich der Größen stark variierenden Gebiete gerät.  Gerade noch im Kampf, findet man sich plötzlich im nächsten Areal wieder. Das wirkt nicht nur etwas verstörend, sondern stört auch die Dynamik. Zwar lässt sich dieses System auch zu Spielergunsten verwenden, indem man einem aussichtlosen Gefecht bis über den Rand entflieht. Doch wenn dies passiert, weil ein Gegner einen z.B. mit einem Sturmangriff durch die Gegend schleudert, man dabei die Grenze quasi gezwungenermaßen überquert und man den Kampf nach erneutem Betreten von vorne beginnen muss, ist das ärgerlich.


  1. Ich finde die deutschen Texte gerade gut. Das ganze hat immer ein Augenzwinkern und schließlich hat man hier mal den Luxus eines deutschen Entwicklers, der sich damit auch auskennt. Bei Programmierern gehe ich einfach mal davon aus das sie englisch gut können, aber hier ist ja das englische die Übersetzung.

  2. Habs heute angefangen und finde es bis jetzt sehr Spaßig. Ich musste bei der Welt auch direkt an .hack denken, aber ich lasse mich überraschen wo die Reise noch hingeht.
    Allerdings möchte ich bei den Deutschen Texten, am liebsten im Sekundentakt, im Boden versinken. Simuliertes MMO schon klar, aber das ist wirklich nu peinlich.
    "Fiuuuu. Smosch. Bruch. Peng. Jung!" :roll:

  3. „Umfangreich und liebevoll designt, ist CrossCode eine gelungene Hommage an 16-Bit- sowie Online-Rollenspiele, die nur durch ein paar störende Kleinigkeiten wie technische Probleme ausgebremst wird.”
    Es ist eine Simulation der Online-Welt....da sind technische Probleme halt üblich :lol:

  4. irgendwie wird in dem Test garnicht erwähnt, was genau da jetzt "online" sein soll. Ich kenne .hack nicht, und verstehe nicht, was an diesem Spiel hier anders sein soll als bei einem ganz normalen RPG. Auch im ersten Abschnitt "Die Offline-Online-Welt", dessen Überschrift ja eigentlich suggeriert, es würde darauf eingegangen, behandelt nur Grafik und Chars.

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