Nach und nach turnt man immer souveräner durch rotierende Metallkugeln, erklimmt per Haftsprung Wände und bugsiert sich mit Hilfe flackernder Leuchten über weite Abgründe. Ein befriedigendes, behutsames Voranarbeiten also! Besonders viel Spaß machen die mehreren Phasen der teils bildschirmgroßen Metallbosse, darunter eine feuerspuckende Wasserschlange oder ein hartnäckiger schwebender Scharfschütze mit fetter Wumme. Sie halten den Spieler schön in Bewegung und zwingen ihn zur effektiven Nutzung der Schwachstellen, Attacken und sicheren Plattformen. Hier und da kann es schon mal zu frustigen Wiederholungen der gleichen Passagen kommen – die futuristischen Checkpoint-Portale könnten ruhig etwas näher beisammen liegen!
Die so genannten „Service Pods“ bieten aber trotzdem überwiegend gelungene Ankerpunkte. Schon erledigte Minispiele wie die glühenden Firewall-Levels müssen zum Glück nicht mehrmals angegangen werden. An den Pods lassen sich auch die Spirit-Points für Spezial-Fähigkeiten und -Extras mehrmals auffüllen, sofern man genügend gesammelte Spielwährung „Essenz“ ausgegeben hat – eine nützliche Feinheit. Die aus dem Portal ploppenden Kapseln und in Levels verstreuten Special-Items könnten im Spiel aber ruhig etwas besser erklärt werden (im PlayStation-Blog gibt es übrigens eine passende Erläuterung). Eines spaßiges Extra ist z.B. der fette knisternde Elektro-Schild. Er schluckt nicht nur ein paar Projektile, sondern lässt sich auch in Richtung Gegner schleudern, was z.B. angeschlagene Drohnen mit ihren lästigen Notfallkanonen viel schneller aus der Luft klatscht.
Technik und Metaphysik
In abgelegenen Geheimräumen oder hinter porösen Wänden verstecken sich zudem Objekte für die Vergrößerungen der Lebens- und SP-Leisten. Die komplett digitale Steuerung alter Schule macht den Weg durch die Grotten, Forschungslabore und Fabriken angenehm kalkulierbar. Im Gegenzug fühlt sie sich mitunter aber ein wenig hölzern an – gerade im Vergleich zum physikalisch spürbaren Schwung moderner 2D-Plattformer wie Rayman Legends. Allgemein bleibt das klassische Repertoire trotz zusätzlicher Geheimtechniken hinter dem Ideenreichtum von Ori oder Rätselplattformern wie Fly’n zurück – abgesehen von einigen schönen Ideen wie dem Jo-Jo natürlich.
Etwas angestaubt wirken auch die nüchternen Dialogtexte. Sie lockern das Abenteuer bei weitem nicht so charmant auf wie die schnippischen Kommentare in The Messenger oder die audiovisuell mitreißende Inszenierung von Celeste, welche die komplette morphende Welt in passende Bildstimmungen taucht. Die rätselhafte Korrumpierung von Dr. Progen und Erzählungen über Elementare und den Ethos bringen aber immerhin eine gewisse übersinnliche Komponente ins Spiel. Die damit verbundenen Rätsel wecken durchaus Neugier darauf, wer oder was denn nun genau die Welt ins Chaos gestürzt hat.
Zirpende Nostalgie
Andererseits würden große Experimente wohl auch nicht zur gewollten alten Schule des Spielkonzepts passen. Ein Ninja auf seiner Mission ist in den Augen von Hunziker offensichtlich ähnlich einsam und schweigsam wie ein Actionheld aus Achtziger-Jahre-Filmen – passend zum tendenziell ruhigen, meditativ angehauchten Soundtrack. Enrique Martin hat unter Aufsicht von Chiptune-Koryphäe Jake Kaufman einige schöne Ohrwurmmelodien komponiert, die das Geschehen meist sinnvoll unterstreichen. Im Angesicht der apokalyptischen Bilder erscheinen sie manchmal aber etwas zu behäbig und undynamisch.
Als ich vor zerbombten Wolkenkratzern über ein gigantisches mechanisches Ungetüm voller Feinde turnte, hätte ich mir etwas mehr Schmackes und Adrenalin gewünscht – in etwa so, wie ich es aus Contra oder Thunderforce kenne. Technische Unterschiede zwischen verschiedenen Systemen und Konsolen lassen sich bei solch einem Titel natürlich bestenfalls mit der Lupe suchen. Ein erwähnenswertes Detail ist allerdings die extraflüssige 120-Hertz-Darstellung auf der PlayStation 5, sofern man sie an einem entsprechend modernen Fernseher betreibt.
Kann man beides überhaupt vergleichen? Shovel Knight ist für mich ganz andere Richtung als Cyber Shadow. Nur weil es 2D NES like Spiele und bockschwer sind würde ich beides nicht in einen Topf werfen. Duck Tales (NES) konnte man auch nicht mit Ninja Gaiden oder Shinobi vergleichen, und wiederum nichts davon mit Mega Man oder Contra.
@Bachtail
Letztendlich ist es natürlich wie immer Geschmackssache, aber findest du Shovel Knight
nicht auch schöner als Cyber Shadow ?
Und btw: In Ninja Gaiden konnte man sich an Wänden festhalten.
Wie gesagt: Der Schwierigkeitsgrad an sich macht mir nichts aus... Wenn das Gesamtpaket stimmt, kann das Spiel auch bockschwer sein, finde ich.
Aber: Offenbar gibt solche Dinge wie Wall Jump, Dash, Double Jump etc. auch bei Cyber Shadow - was einen Gutteil meiner Kritik sehr abschwächen würde.
Daher werde ich doch mal weiterspielen, in der Hoffnung, daß der Spielspaß schon bald deutlich größer wird als die Überwindung, das Spiel zu starten.
Ich habe mir das Spiel jetzt mal in Gänze in einem Stream angeschaut und muss sagen, dass mir das unfassbar gut gefällt, das erinnert mich an Blue Shadow/Shadow of the Ninja (es erinnert auch an Ninja Gaiden aber die Änhlichkeit zu Blue Shadow finde ich größer).
Den Ärger diesbezüglich kann ich verstehen, zeitgleich muss man aber schreiben, dass das genau so sein soll, das ist eine ganz bewusste Design-Entscheidung und wenn ich ganz ehrlich bin, würde ich das so einem Spiel auch gar nicht anders wollen, ganz gleich, wie frustrierend das für mich als Spieler sein kann.Ich werde es mir definitiv noch zulegen, um es dann selbst spielen zu können, ich freue mich darauf.
Das Spiel ist eine Homage an Spiele wie Ninja Gaiden, Blue Shadow oder auch Batman, ergo all die knallharten NES-Titel und man bekommt genau das, was versprochen wird, da spielt es keine Rolle, dass wir uns im Jahr 2021 befinden.
Im Gegenteil, ich finde es sehr schön, dass solche Spiele auch im Jahre 2021 nach wie vor released werden.
Damit möchte ich Dir übrigens nicht Deine Kritik absprechen, auch wenn es so klingen mag, was ich damit ausdrücken möchte, ist, dass Leute, die Spiele wie Ninja Gaiden mögen, solche Spiele auch heute noch gut finden und über einen Kauf von Cyber Shadow nachdenken, das unbedingt tun sollten, denn diese werden auf ihre Kosten kommen,...
Absolut nachvollziehbar. Ich meine, ich finde gutes Production Design in Filmen auch sehr geil. Aber es macht bei mir einen Film der mir nicht zusagt automatisch besser, höchstens sympathischer. Aber ich bin da jetzt kein Zuschauer der auf jedes Kostüm, jedes Prop oder jeden perfekt platzierten Gegenstand achtet. Bei mir muss das Gesamtwerk stimmen.
Und Spiele in der retro Optik (Egal welcher Grafikstil nun gewählt...