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D4: Dark Dreams Don’t Die (Adventure) – Surreales Comic-Abenteuer à la Lynch

Swery, der Regisseur von D4: Dark Dreams Don’t Die, hat sich vor kurzem darüber beklagt, dass der Xbox-One-exklusive Titel vom Microsoft-Marketing stiefmütterlich behandelt wurde. Auch wir sind eher per Zufall und nur dank des interessanten Comicstils auf den neuen Titel des Deadly-Premonition-Machers gestoßen. Besteht tatsächlich Anlass, das als Episoden-Adventure konzipierte Spiel totzuschweigen?

© Access Games / Microsoft

Anime zwischen Lynch und Tarantino

Amanda gehört zu den seltenen Geschöpfen, deren Augen jeweils eine andere Farbe haben, Blau und Grün. Sie ist verspielt, maunzt meist fröhlich vor sich hin und als man ihr in der Rolle des traumatisierten Ex-Polizisten David Young begegnet, bietet sie ihrem Hausgenossen eine Maus an – wie es sich gehört, möchte man meinen. Doch Amanda ist keine Katze. Sie bewegt sich zwar wie eine und mit ihrem engen schwarzen Bodysuit und der Schleife im Haar werden katzenartige Assoziationen gefördert, doch sie ist eine junge Frau – wenngleich eine sehr schweigsame und mit seltsamen Verhaltensweisen. Doch innerhalb des abgefahrenen Spektrums an Figuren, denen man begegnet, ist sie beinahe noch die normalste. Regisseur  Swery (aka Swery65), den die meisten vermutlich als Schöpfer von Deadly Premonition kennen, zieht alle Register und spielt mit zahlreichen Klischees, um Charaktere zu schaffen, die auch aus der Feder von David Lynch (Blue Velvet, Twin Peaks), Abel Ferrara (Bad Lieutenant, King of New York) oder Quentin Tarantino stammen könnten.

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Die wortkarge Amanda ist beispielhaft für die surrealen Charaktere in D4. © 4P/Screenshot

Die Stewardess Olivia Jones (nicht zu verwechseln mit der deutschen Drag Queen) ist nicht so naiv wie sie scheint. Ihr drogensüchtiger Kollege Phillip Cheney (dessen Drogeneinnahme an Gary Oldmans Darstellung von Detective Stansfield in Leon – Der Profi erinnert) deutet hinter der service-orientierten Fassade immer wieder gewalttätiges Verhalten an. Auch die anderen Figuren wie die komplett neurotische und von Flugangst geplagte Deborah Anderson, der knallharte US-Marshall  Derek Buchanan oder der Modeschöpfer Duncan, der durchgeknallter ist als Harald Glööckler, Karl Lagerfeld und Rudolf Moshammer zusammen, stammen allesamt aus einem Kuriositätenkabinett. Ganz zu schweigen von dem geheimnisvollen Roland Walken, der stets Messer und Gabel aneinander reibt und hinter seinem Mundschutz so langsam spricht, dass man vor dem Bildschirm beinahe einschläft. Selbst Forrest Kaysen, eine Figur (oder besser: ein virtueller Darsteller) aus Deadly Premonition, gibt sich ein Stelldichein und ist hier als David’s Ex-Arbeitskollege „Teddy“ mit von der Partie und gibt ihm ab und an Einblick in die Polizeiakten.

Konservativer Trauma-Detektiv

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Könnte Derek Buchanan das „D“ sein, das für den Tod von Davids Frau Peggy verantwortlich ist? © 4P/Screenshot

Swery hat für sein in konsequentem Comicstil gehaltenes Mystery-Adventure eine illustre Riege an Figuren erschaffen, die in diesem als episodische Fernsehshow inszenierten Kammerspiel (es gibt nur vier Schauplätze) alles nur Erdenkliche tun, um die Hauptfigur zu unterstützen, zu behindern oder einfach nur aus dem Konzept zu bringen. Die Situationen, die man dabei erlebt, sind mitunter verstörend, dann wieder einfach nur albern, bevor die Geschichte wieder eine Wendung nimmt und in Drama oder eskalierende Gewalt abdriftet. Dabei ist die erzählerische Basis sehr konservativ: David versucht, den Mord an seiner Frau Peggy aufzuklären, der in Zusammenhang mit der Designer-Droge „Real Blood“ steht und der ihn seinen Job als Polizist und beinahe auch sein Leben gekostet hätte. Doch er hat überlebt und seit der Tat die Fähigkeit, über so genannte Mementos (Gegenstände oder Beweisstücke, die Erinnerungen gespeichert haben) in die Vergangenheit abzutauchen. Diese Fähigkeit möchte er nutzen, um die Geschichte zu verändern und so den Mord an Peggy zu verhindern.

Mechanisch zeigt sich D4 ebenfalls konservativ – auch angesichts der letzten Adventure von Telltale wie The Walking Dead oder The Wolf Among Us. Denn die teilen sich nicht nur den visuellen Comic-Ansatz mit diesem surrealen Trip durch Zeit und Verstand, sondern auch bestimmte Kontrolloptionen in der Umgebungsinteraktion. Es gibt aber auch Momente, in denen man sich an Heavy Rain erinnert fühlt: Wer sich die Zeit nimmt und die Umgebung eingehend betrachtet, wird zahlreiche Kleinigkeiten finden, die mit der Hauptaufgabe nur wenig oder gar nichts zu tun haben, aber helfen, die leicht abseits des Normalen stehende Welt von David Young genauer zu verstehen. Man kann Briefe von Peggy finden, Zeitschriften mit scheinbar nutzlosen Sportberichten etc. lesen und vieles mehr.

  1. Au ja, einen PC-Port würde ich mir wohl kaufen. Es ist der einzige Xbox One Titel, der mich interessieren würde. Aber die Konsole würde ich dafür nicht kaufen, zumal die Geschichte einerseits eben noch nicht fertig erzählt wurde und andererseits, weil ich Granfaloons Kritik nach der Sichtung einiger Videos gut nachvollziehen kann. Die Verrückt-Geniale Stimmung von Deadly Premonition wird wohl nicht erreicht, sehr bizarr ist das Game natürlich trotzdem und mein Interesse wurde immerhin geweckt.

  2. Meine Hoffnung liegt halt am bereits erwähnten PC-Port, der eigentlich bereits fertig ist. Aber wer weiß. Vielleicht braucht Swery bei allem, was D4 betrifft, erst Microsofts Zustimmung.

  3. Ja, es endet mit nem Cliffhanger. Und Aussicht auf die Vollendung gibt es auch nicht. Swery hat seit der Veröffentlichung versucht, D4 auf eigene Faust zu pushen. Von Microsoft kam ja nichts. Und dann eben die Games with Gold Aktion. Immerhin 1Mio Downloads.
    Aber im Gespräch ist D4 nicht.

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