Ein virtueller Ausflug in die österreichischen Alpen klingt eigentlich erstmal nach belebenden Wanderungen und erholsamen Abenden in einer abgelegenen Hütte inmitten der Natur. Dungeons of Hinterberg erfindet den Urlaub jedoch neu und schickt uns auf ein echtes Abenteuer: Statt stressfreiem Saftschlürfen warten hier knifflige Rätsel und mit Monstern verseuchte Höhlen auf uns.
Auf 4P.de verbreitet Jonas sein viel zu ausgeprägtes Pokémon-Fachwissen, schwärmt von überlangen japanischen Rollenspielen und schwingt in Diskussionen über einen Schwierigkeitsgrad in From Software-Titeln den verbalen Zweihänder.
Für ein Picknick auf der Bergspitze oder eine Bootsfahrt über die örtlichen Gewässer bleibt natürlich trotzdem Zeit und so verbindet Dungeons of Hinterberg nicht nur Aufregung und Entspannung, sondern auch das Gameplay von The Legend of Zelda und die Struktur von Persona. Wir sind dem Ruf der Alpen gefolgt und verraten im Test, ob die Mischung aufgeht oder die Vorbilder unerreichbar bleiben.
Dungeons of Hinterberg: Raus aus dem Alltag, rein ins Abenteuer
Luisa Dorfer ist Mitte 20, hat in ihrem Leben nur vernünftige Entscheidungen getroffen und arbeitet nun in einer Anwaltskanzlei: Was für einige nach einem erstrebenswerten Karrierepfad klingen mag, entpuppt sich für die Protagonistin von Dungeons of Hinterberg als wahrer Albtraum. Sie braucht dringend eine Auszeit und begibt sich deshalb kurzerhand in das titelgebende Dorf, das sich nach dem Auftauchen von 25 magischen Dungeons von einem lauschigen Schauplatz in eine boomende Touristenattraktion verwandelt hat.
Schon früh verkörpert Dungeons of Hinterberg eine Nachricht, die wir nach Möglichkeit alle beherzigen sollten: Die besten Erinnerungen sammelt man nicht im Büro und Erfolg im Job nützt einem herzlich wenig, wenn dafür kein Funken Freizeit mehr übrig bleibt. So platt und plakativ bleibt es aber nicht, denn tatsächlich behandelt das Spiel in seiner Geschichte auch die Auswirkungen von parasitärem Tourismus auf eine abgelegene Gemeinde und hinterfragt kritisch, wann die ursprüngliche Bevölkerung aufhört, von der Zunahme an Besucher*innen zu profitieren und Gefahr läuft, die Authentizität ihrer Heimat zu verlieren.
Alpines Ausspannen statt Wiener Wahnsinn
Die Kombination aus Alltagsflucht und Tourismusskepsis unterfüttert Dungeons of Hinterberg mit einer überraschend substanziellen Story, die zum Nachdenken anregt und das im Vordergrund stehende Gameplay nie verdrängt, sondern zum Weiterspielen motiviert. Auch die im Verlauf aufgeworfenen Fragen dienen diesem Zweck: Ist die Magie wirklich so handzahm, wie zunächst vermutet? Und was führt Bürgermeisterin Karin Wagner im Schilde? Hinter der malerischen Fassade scheint es zu brodeln.
Nach außen hin transportiert das Dörfchen in Dungeons of Hinterberg aber exzellent den österreichischen Charme, der auf vielen echten Schauplätzen fußt. Von der Architektur bis hin zum Sprechverhalten der Einheimischen vermittelt alles eine alpine Atmosphäre, bei der das ein oder andere Klischee natürlich nicht fehlen darf. Da liegt der erste Dungeon schon mal an der Kaiserin-Sisi-Promenade und im viel gelobten Restaurant von Hinterberg gibt es selbstverständlich ein ordentliches Schnitzel – vermutlich für einen saftigen Preis.
Jeder Tag zählt
Trotz gegenteiliger Behauptungen vergeht auch im Urlaub die Zeit, weshalb sich Dungeons of Hinterberg genau wie die JRPG-Reihe Persona einem Kalendersystem bedient. Jeder Tag teilt sich in morgens, mittags, abends und nachts, wobei nur zwei Slots davon überhaupt Entscheidungsfreiheit bieten und es auch hier Einschränkungen gibt. Tagsüber geht es in die Natur, wo ich auf dem Wiesenhügel Doberkogel, dem schneebedeckten Kolmstein, im orange-roten Hinterwald oder im matschigen Brünnelsumpf einen der insgesamt 25 Dungeons erkunden kann.
Alternativ kann ich mich an einem malerischen Ort niederlassen und die anregende Alpenluft atmen, um meine Statuswerte für Kämpfe und Sozialleben zu verbessern. Letztere kommen natürlich zum Einsatz, wenn ich abends ins Dorf zurückkehre und dort mit den schrulligen Bewohner*innen abhänge, ins Kino zu gehe oder am Lagerfeuer spannenden Geschichten anderer Abenteurer*innen lausche. Dabei steigen auch meine vier sozialen Werte: Ansehen, Entspannung, Vertrautheit und Unterhaltung.